Die Rezession hat Österreich vorerst noch im Griff. Doch die Ökonomen der UniCredit Bank Austria orten erste Lockerungen und sind für 2024 und 2025 vorsichtig optimistisch. Heuer dürfte das Bruttoinlandsprodukt noch um 0,5 Prozent schrumpfen. Für das kommende Jahr prognostizieren sie ein leichtes Wirtschaftswachstum von 0,3 Prozent, 2025 soll sich dann ein Anstieg von 1,5 Prozent ausgehen. Die Inflation von heuer wohl 7,8 Prozent soll sich 2024 auf 3,6 Prozent fast halbieren.
"Wir bleiben optimistisch, wenn auch nicht kurzfristig, für das zweite Halbjahr 2024 und 2025", sagte der Chefvolkswirt der UniCredit Bank Austria, Stefan Bruckbauer, am Dienstag in einer Pressekonferenz. "Optimistisch, aber nicht was das Tempo betrifft - es wird eine langsame Erholung", setzte der Ökonom nach. Auch global sieht es derzeit noch düster aus.
Das Wachstum in Österreich soll "vom Konsum getragen" sein. Diesen soll der erwartete Rückgang der Inflation antreiben, erklärte Bank-Austria-Ökonom Walter Pudschedl. Im internationalen Vergleich gehe die Inflation aber langsamer vonstatten als im Euroraum, "das heißt, da hinkt Österreich hinterher". "Österreich hatte einen stärkeren Anstieg und es geht langsamer zurück." Nach oben getrieben hätten die Teuerung die Posten Wohnen, Wasser und Energie sowie der gesamte Bereich der Freizeitwirtschaft - Hotels und Restaurants - und der Nahrungsmittelbereich.
Die insgesamt schwache Konjunktur habe sich im Herbst nochmal abgekühlt. Bruckbauer erwarte aber "eine Bodenbildung zum Jahreswechsel, sodass die USA und Europa die Stagnation überwinden können". Die Zentralbanken sollten das mit ihrer Zinspolitik unterstützen und von weiteren Zinserhöhungen absehen.
In Europa schwächelt die deutsche Industrie seit über einem Jahr. Der Dienstleistungssektor habe die Erholung nach der Pandemie beendet und folge dem Industriesektor nach. Für das deutsche BIP erwarten die Ökonomen für heuer eine Abschwächung um 0,4 Prozent und für das kommende Jahr ein Wachstum um 0,4 Prozent und für 2025 dann ein Plus von 1,3 Prozent.
Im Euroraum sei laut Einkaufsmanagerindex "kaum eine Branche im positiven Bereich" - mit Ausnahme von Software, Sonstige Finanz und Technologieerzeugung. Die zurückhaltenden Produktionserwartungen greifen den Angaben zufolge auf den Dienstleistungssektor über. Besonders hoch sei der Pessimismus in Österreich und Deutschland. Die Unternehmen im verarbeitenden Bereich sehen bis auf Weiters "kein Licht am Ende des Tunnels". Auch im Dienstleistungssektor seien die Betriebe "leicht pessimistisch".
"In Österreich haben wir es immer noch mit einer schrumpfenden Industrie zu tun - seit Herbst 2022 haben wir eine Rezession mit Tendenz zu leichter Verbesserung, aber wir sind noch weit weg von einer Erholung des Sektors", berichtete Pudschedl. "Österreichs Industrie hinkt der europäischen hinterher - und die hinkt der globalen hinterher." Das Problem sei die fehlende Nachfrage aus dem In- und aus dem Ausland. "Die Neuaufträge gehen seit über einem Jahr zurück." Letztlich sei auch die Produktion rückläufig. Doch auch die Kosten und die Erzeugerpreise gingen dadurch seit Anfang des Frühjahres nach unten. "Das ist ein Beitrag zur Gesamtinflation", verwies Pudschedl auf eine Halbierung der Inflation seit Jahresbeginn.
In der Eurozone erwarten die Volkswirte der Bank Austria für 2024 einen BIP-Anstieg von 0,5 Prozent "kaum mehr Wachstum als heuer" (0,5 Prozent), "aber eine leichte Belebung im Verlauf des Jahres", so Bruckbauer. "Wir werden eher schwach starten." Erst 2025 sollte im Euroraum dann ein Wachstum von 1,2 Prozent drin sein.
Im zweiten Halbjahr dieses Jahres seien "auch die Wachstumsmärkte in Richtung Stagnation abgedriftet, vor allem China. Bis vor kurzem habe die Entwicklung in den USA noch eine Ausnahme dargestellt. Nun sei die Industrie, die dort einen relativ geringeren Stellenwert hat, "ähnlich schwach wie in Europa". Hinzu komme, dass in den USA nun auch "im Dienstleistungssektor eine deutliche Abkühlung" zu sehen sei. Das US-BIP dürfte heuer noch um 2,4 Prozent steigen, 2024 und 2025 dann nur noch um jeweils 1,0 Prozent. "Zwei Mal ein Prozent ist auch nicht wirklich viel für die Weltwirtschaft."
"Wichtig für die globale Konjunktur ist der Rückgang der Inflation", betonte der Chefvolkswirt. Und diese sei in Europa und in den USA "doch deutlich zurückgekommen". Der Grund, warum die USA ihre Wirtschaft so dynamisch entwickeln konnten, während der Rezession in Europa: Die Inflation.
In den USA sei "das verfügbare reale Einkommen deutlicher gewachsen" als im Euroraum. "Hier stagniert es mehr oder weniger seit 2019." Entsprechend sei auch der Konsum in etwa auf dem Niveau von 2019. "In Österreich haben wir kein 'Entsparen'" - die Österreicher hätten nicht "in der Pandemie Erspartes angeknabbert", sagte Bruckbauer und umriss die Sparsumme mit 25 Mrd. Euro.
Der österreichische Arbeitsmarkt entwickelt sich trotz Konjunkturschwäche relativ stabil - mit einer Arbeitslosenrate (nach nationaler Definition) von voraussichtlich 6,4 Prozent heuer, 6,7 Prozent im kommenden Jahr und 6,5 Prozent im Jahr 2025. Zu verdanken ist das der demografische Entwicklung - die geburtenstarken Jahrgänge gehen jetzt nach und nach in Pension.
An der Zinsfront rechnen die Ökonomen der Bank Austria in den USA und in der Eurozone "keine weiteren Erhöhungen - im Gegenteil wir erwarten nächstes Jahr erste Zinssenkungen im Euroraum", konkret einen Einlagezinssatz von 2,25 Prozent und einen Reposatz für Bankeinlagen bei der Europäischen Zentralbank von 2,75 Prozent. "Auch die Fed (US-Notenbank, Anm.) wird senken, bleibt aber über dem Euroraum."
(APA)