Hohe Gas- und Strompreise machen der Voest zu schaffen © APA - Austria Presse Agentur
Die hohen Energie- und Arbeitskosten in Europa, zunehmender Protektionismus sowie eine verschärfte Regulatorik in der EU machen voestalpine-Chef Herbert Eibensteiner Kopfzerbrechen. Aussichten auf eine schnelle Konjunkturerholung gebe es nicht, der Umstieg auf Elektromobilität und der Netzausbau kämen nur schleppend voran und auch der strukturelle Fachkräfteengpass werde bleiben, zeichnete Eibensteiner am Freitag bei der "Gewinn"-Messe in Wien ein eher düsteres Bild.
Vor kurzem hat die voestalpine ihre Gewinnerwartung für das laufende Geschäftsjahr 2024/25 (per Ende März) nach unten geschraubt - nach 1,7 Mrd. Euro wird jetzt nur noch ein EBITDA (Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) von 1,4 Mrd. Euro erwartet. Das seien zwar 300 Mio. Euro weniger, aber im zweiten Rezessionsjahr sei das immer noch beachtlich, sagte Eibensteiner.
Die Energiekosten gehören zu den größten Problemen der voestalpine. So sei Erdgas bereits vor Covid im Jahr 2019 etwa eineinhalb Mal so teuer gewesen wie in den USA. Jetzt sei das Gas infolge der Ukraine-Krise 5,7-mal so teuer wie in den USA. Der Strompreis sei rund dreimal so hoch wie in den USA. "Das macht uns Schwierigkeiten hier in Europa, zusätzlich zu den Arbeitskosten und den Kosten der Regulatorik. Das ist auch der Grund, warum Europa in der Wettbewerbsfähigkeit gegenüber diesen Märkten zurückfällt."
Besonders schwierig sei die Situation in Deutschland, schilderte Eibensteiner. Der Bedarf im Automobilsektor sei rückläufig. "Der Umstieg auf Elektromobilität läuft nicht so gut wie erwartet. Und es ist in der Zwischenzeit auch so, dass die Endkunden mehr sparen und weniger investieren in den Autokauf." Darum habe man in Deutschland vor wenigen Tagen die deutsche Tochtergesellschaft Buderus Edelstahl verkauft - das soll ab dem nächsten Geschäftsjahr eine Ergebnisverbesserung in der High Performance Metals Division um 30 Mio. Euro bringen. Buderus habe ein mittelmäßiges Produktportfolio und schwierige Rahmenbedingungen, "da muss man sich auch trennen".
Sorgen macht dem Voest-Chef auch der Protektionismus. "Es gibt jedes Jahr, auch dieses Jahr wieder, rund 4.000 neue Handelshemmnisse weltweit. Das sind Zölle, das sind neue Normen und so weiter." Kritik übte Eibensteiner an einer verschärften Regulatorik in der EU. "Bei uns arbeiten in der Zwischenzeit 50 Mitarbeiter an den Berichten - vom CSRD ("Corporate Sustainability Reporting Directive", Anm.) über das Lieferkettengesetz und so weiter."
Darüber hinaus komme der Netzausbau in Europa nur schleppend voran und der Fachkräfte-Engpass werde strukturell bleiben, auch wenn sich die da Situation aufgrund der schwachen Konjunktur in der nächsten Zeit entspanne.
Der Wasserstoff für "grünen" Stahl wird künftig großteils nicht aus Mitteleuropa kommen, ist der Voest-Chef überzeugt. "Aber es wird in den nächsten Jahren in Mitteleuropa hoffentlich rechtzeitig ein Netz geben, wo Wasserstoff aus Norwegen und aus anderen Ländern auch tatsächlich zu uns nach Mitteleuropa kommt."
Die Standorte Linz und Donawitz sind laut Eibensteiner nicht gefährdet. "Ein Stahlwerk kann man nicht so leicht verlagern."