Vorstände in börsennotierten Unternehmen haben im Vorjahr im Durchschnitt weniger verdient. Im Schnitt sank das Gehalt der 161 Börsenvorstände in Österreich um rund 481.000 Euro, das ist ein Minus von 7,7 Prozent, geht aus einer Analyse des Interessenverbands für Anleger (IVA) hervor. Vor allem die variablen Vergütungsanteile seien geschrumpft, sagte IVA-Präsident Florian Beckermann am Dienstag zur APA.
An der Spitze der Vorstandsgehälter stand wie auch in den Vorjahren schon die BAWAG. Deren CEO Anas Abuzaakouk verdiente im Geschäftsjahr 2024 rund 10,9 Mio. Euro, um 17 Prozent mehr als im Jahr davor. Insgesamt kamen die Vorstandsgehälter in der BAWAG auf 42,7 Mio. Euro (plus 14,1 Prozent zum Jahr davor). Die BAWAG sei jedoch ein Ausreißer. "Die BAWAG kann man nicht zur Diskussion heranziehen, die muss man gesondert betrachten", so Beckermann.
Insgesamt sei der Markt nämlich spürbar geschrumpft. Diese Tendenz zeige sich bereits bei Platz zwei und drei im Ranking deutlich. So verdienten die Andritz-Vorstände rund 16,9 Mio. Euro - das ist nicht einmal die Hälfte der Gehälter des BAWAG-Vorstands - und damit um 22,8 Prozent weniger als im Jahr 2023, die der voestalpine 16,6 Mio. Euro, das entspricht einem Rückgang um rund ein Drittel. Am unteren Ende war Marinomed mit 792.000 Gesamtvergütung zu finden. Im internationalen Vergleich seien die Gehälter in Österreich gering, es sei im Schnitt "ein Bruchteil von dem, was zum Beispiel in Deutschland gezahlt wird", sagte der IVA-Präsident.
Rückgänge vor allem bei variablen Gehältern
Die Rückgänge bei den Gehältern waren vor allem auf geringere variable Anteile zurückzuführen. "Hier gab es einen Dämpfer." Der Anteil an der Gesamtvergütung der Vorstände bewege sich zwar weiterhin über 40 Prozent, die variable Vergütung sei jedoch im Jahresvergleich im Schnitt um 3,8 Prozent gesunken. Was genau die Gründe in den einzelnen Unternehmen dafür seien, sei nur schwer feststellbar. Es könnte laut Beckermann ein Signal für Zukunftsorientierung und Verantwortung sein, auch die schwächelnde Konjunktur könnte eine Rolle gespielt haben. Am Wert der Unternehmen liege es jedenfalls nicht, denn der ATX TR (inklusive Dividenden) habe sich 2024 positiv entwickelt.
Auch Aufsichtsräte verdienten weniger
Ein Minus gab es auch bei den Aufsichtsratsvergütungen. Die Summe der Vergütungen der Aufsichtsratsvorsitzenden reduzierte sich um 3,7 Prozent auf im Schnitt 118.000 Euro. "Das ist ein Mini-Markt und international nicht wettbewerbsfähig", sagte Beckermann. Bei den Vergütungen der Aufsichtsratsvorsitzenden dominiere die Banken-Branche. Auf Rang eins lag Egbert Fleischer - 2024 noch Aufsichtsratschef der BAWAG - mit einer Vergütung von 385.000 Euro, auf Platz 3 stand der bisherige Erste-Group-Aufsichtsratschef Friedrich Rödler mit 343.000 Euro. Dazwischen lag Lenzing-Aufsichtsratschef Cord Prinzhorn (363.000 Euro).
Unter die Lupe genommen hat der IVA auch den Frauenanteil in den Führungsgremien. Während im Aufsichtsrat 31 Prozent weiblich sind, sind es in den Vorständen nur 14 Prozent. "Gleichstellung bleibt die Ausnahme statt die Regel", sagte Beckermann. Die Lücke zwischen dem Anspruch der Unternehmen und der Realität bleibe groß. Für eine Frauenquote in Vorständen ist der IVA dennoch nicht, sinnvoller wäre die Förderung der "leistungsmäßigen Besetzung" von Frauen. Dazu bräuchte es bestimmte strukturelle Förderungen von Frauen in der Führungsetage - beispielsweise eine bessere Kinderbetreuung. Für Aufsichtsräte in börsennotierten Unternehmen gibt es in Österreich eine gesetzliche Frauenquote von 30 Prozent.
Für ihre Analyse hat der IVA die 40 Unternehmen des ATX Prime Marktes im Hinblick auf die Vorstands- und Aufsichtsratsvergütungen untersucht. Herangezogen wurden die Zahlen aus dem Geschäftsjahr 2024.
(APA)