WKÖ-Präsident Mahrer warnt vor einer Arbeitszeitverkürzung © APA - Austria Presse Agentur

"Die österreichische Wirtschaft steht enorm unter Druck. Es vergeht kaum ein Tag ohne alarmierende Meldungen", warnte Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer am Donnerstag bei seiner Rede vor dem Wirtschaftsparlament. Er ortet einmal mehr eine Zunahme von bürokratischen Hürden und sieht die Verfügbarkeit von Arbeitskräften, hohe Lohnstückkosten und leistbare Energie als weitere "standortpolitische Überlebensfragen, die wir jetzt unmittelbar angehen müssen".

Mahrer, der auch Mitglied des ÖVP-Teams bei den laufenden Regierungsverhandlungen ist, betonte: "Wir preisen uns gerade selbst aus dem Markt. Das ist mittlerweile ein gesamteuropäisches Problem geworden, wie auch der Blick auf die USA zeigt." Er verwies darauf, dass in den Vereinigten Staaten der Schwerpunkt jeder Regierung das Funktionieren der Wirtschaft sei. "Egal wer im Weißen Haus sitzt, ob Demokrat oder Republikaner, der Fokus liegt immer auf der Wirtschaft. Der Inflation Reduction Act, der für massive Investitionen in den USA gesorgt hat - und dadurch leider zu Abwanderung von europäischer Seite - ist das jüngste Beispiel dafür. Die Rahmenbedingungen sind einfach attraktiver als am europäischen Wirtschaftsstandort", erklärte Mahrer.

Mahrer: Brauchen andere Rahmenbedingungen als jetzt

Diese Entwicklung müsse ein "dramatischer Weckruf" in der EU sein. Bisher sei dieser jedoch ausgeblieben. "Halten wir uns vor Augen: Es ist der Export, von dem enorm viel abhängt. Der Exportmotor ist unsere Lebensader", so der WKÖ-Präsident.

Es brauche in Österreich geeignete Rahmenbedingungen - "und zwar andere als jetzt", meinte er. Darauf gelte es gerade jetzt, während der laufenden Koalitionsverhandlungen, deutlich hinzuweisen.

WKÖ-Präsident sieht bei Teilzeit Gerechtigkeitsfrage

Mahrer ging auch auf die seiner Meinung nach sehr hohe Zahl an offenen Stellen ein. Die Arbeitskräftelücke werde sich nicht mit mehr Teilzeit oder weniger Arbeit füllen lassen. "Das ist die zentrale Gerechtigkeits- und Schicksalsfrage unserer Zeit: Wie kriegen wir es hin, dass es einen klaren Unterschied gibt, zwischen jenen, die arbeiten können, es wollen und es auch tun - und jenen, die könnten, aber nicht wollen, obwohl sie keine Kinderbetreuungs- oder Pflegeverpflichtungen haben?", so Mahrer.

Abschließend appellierte Mahrer an alle Parlamentsfraktionen, gemeinsam alle Möglichkeiten zu nutzen, um deutlich zu machen, dass es jetzt Veränderung brauche. Denn andernfalls könnte es in fünf Jahren nicht mehr "Wirtschaftsstandort Österreich" heißen, sondern "Wirtschaft stand dort in Österreich", hielt der WKÖ-Präsident fest.

Der Wirtschaftsbund brachte heute drei Anträge zu den Themen Standort, Gesundheit und KI ein, sie wurden angenommen. So fordert dessen Generalsekretär Kurt Egger steuerliche Entlastungen, "leistbare" Energiepreise und weniger Bürokratie sowie Anreize für Vollzeitarbeit. Gesundheits- und Telemedizinzentren sollen ausgebaut werden und Fördermaßnahmen für KI-Lösungen kommen.

Matznetter: Wohlfahrtsstaat ist ein Standortvorteil

Christoph Matznetter vom Sozialdemokratischen Wirtschaftsverband (SWV) betonte die Bedeutung des Sozial- und Wohlfahrtsstaats als Standortvorteil. Und er forderte: "Wir müssen mehr außerhalb unserer traditionellen Märkte direkt verkaufen." Eine Entlastung im Bereich der Lohnnebenkosten sei wichtig, hier müsse aber auch die Finanzierung geklärt werden. "Teile der Wertschöpfung, die bisher nichts beitragen, müssen herangezogen werden", erklärte Matznetter.

Die Freiheitliche Wirtschaft sprach heute von einer verfehlten Wirtschaftspolitik der Bundesregierung sowie der EU und präsentierte ihre Forderungen: Keine Erbschafts- und Vermögenssteuern, keine neuen Steuern auf Konsumgüter, die Rücknahme der ORF-Haushaltsabgabe für Unternehmen, die sofortige Abschaffung der CO2-Steuer und die Beibehaltung des Dieselprivilegs. Außerdem müssten die Steuer- und Abgabenquote auf unter 40 Prozent gesenkt werden und die Mauterhöhung ausfallen.

UNOS und Grüne fordern Änderungen bei der Kammerumlage

Michael Schuster von den UNOS wiederum meinte: "Entgegen der landläufigen Meinung wollen wir die Wirtschaftskammer nicht abschaffen, sondern wir wollen sie besser machen." Die Wirtschaftskammer solle mit gutem Beispiel vorangehen und die Kammerumlage 2 abschaffen sowie Komplexität und damit Bürokratie reduzieren.

Seitens der Grünen Wirtschaft wünscht sich Sabine Jungwirth für die Wirtschaftskammerwahl einen "fairen Wahlkampf" und höhere Beteiligung. Österreichs schwache Konjunktur zeige, dass die "Wachstumserzählung" an Grenzen stoße, und eine jahrzehntelang verfehlte Energiepolitik habe zur Kostenexplosion beigetragen. Eine Lohnnebenkostensenkung befürwortet Jungwirth, diese müsse auch die Kammerumlage 2 beinhalten.