An der FH Wiener Neustadt wird Weltraumgeschichte geschrieben. © Pixabay
Der FHWN-Forschungssatellit PEGASUS umkreist bereits die Erde. Nun bestätigt das Land NÖ die Startfinanzierung für die erste Phase eines weiteren CubeSat-Projekts namens CLIMB.
Vor gut einem halben Jahr wurde der FHWN-Forschungssatellit PEGASUS in den Orbit geschickt, um dort Messungen in der bisher nur wenig erforschten Thermosphäre, dem erdnahen Weltraum, vorzunehmen. Mittlerweile hat er die Erde mehr als 2.700 Mal umrundet und dabei 120 Millionen Kilometer zurückgelegt, was fast der Entfernung zwischen Erde und Sonne entspricht. Nun starten die ersten wissenschaftlichen Experimente.
„Die erfolgreiche Inbetriebnahme von PEGASUS war erst der Anfang unserer Weltraum-Vision. Mit CLIMB haben wir bereits das nächste CubeSat-Projekt am Start, mit dem wir in unerforschte Höhen abheben wollen. Die Startfinanzierung des Landes Niederösterreich sowie das innovative Antriebssystem von ENPULSION ermöglichen es uns, nun auch den erdfernen Weltraum näher zu erforschen. Auch unsere Studierenden werden wieder maßgeblich an der Entwicklung beteiligt sein und vom ausgeprägten Praxisbezug ihres Studiums profitieren“, so Carsten Scharlemann, FHWN-Projektleitung PEGASUS und CLIMB, Studiengangsleitung Aerospace Engineering an der FH Wiener Neustadt.
Stärkung des Technologiestandortes
Durch Messungen im erdfernen Weltraum, wie in der Umgebung rund um den Mond oder im Einzugsbereich von Kometen und Asteroiden, könnte z. B. ein Frühwarnsystem für Sonneneruptionen entwickelt werden. Um dieses Ziel zu erreichen, sind jedoch mehrere weiterführende Entwicklungsschritte des aktuellen CubeSat-Konzepts à la PEGASUS notwendig. Zwei der wichtigsten Herausforderungen in dem Zusammenhang sind die Implementierung eines entsprechenden Antriebssystems sowie die Entwicklung bzw. Einführung von Subsystemen, die eine wesentlich höhere Lebensdauer und eine ausgesprochen hohe Strahlungsresistenz aufweisen. Aus diesen Überlegungen heraus entstand das neue FHWN CubeSat-Projekt CLIMB. „Vom Master-Studiengang Aerospace Engineering über unser Forschungsunternehmen FOTEC bis hin zum daraus entstandenen Technologie-Start-up ENPULSION – die FH Wiener Neustadt erforscht kontinuierlich die Weiten des Weltraums, verknüpft Lehre, Forschung sowie Industrie und stärkt so den Technologie- und Wissenschaftsstandort Wiener Neustadt“, so der Geschäftsführer der FH Wiener Neustadt Josef Wiesler.
ENPULSION wird CLIMB antreiben
Das Start-up für innovative Satelliten-Antriebssysteme verfolgt einen weltweit einzigartigen modularen Ansatz für Triebwerke. Die eingesetzte Technologie basiert auf mehr als 15 Jahren Forschungs- und Entwicklungsarbeit in der FOTEC, dem Forschungsunternehmen der FH Wiener Neustadt. Aufgrund der starken Nachfrage gründete Alexander Reissner 2016 das erfolgreiche FOTEC-Spin-off ENPULSION, welches bereits mehrere AbsolventInnen des Master-Studiengangs Aerospace Engineering direkt nach Abschluss ihres Studiums an der FH Wiener Neustadt erfolgreich rekrutiert hat. „In den letzten acht Monaten haben wir uns als weltweiter Marktführer etablieren können und dabei 14 Arbeitsplätze geschaffen. Dieser Senkrechtstart wäre ohne die Kooperation mit der FH Wiener Neustadt und der FOTEC nicht möglich gewesen. Die Verfügbarkeit von optimal ausgebildeten IngenieurInnen aus dem Studiengang Aerospace Engineering sowie die gute Zusammenarbeit mit der FOTEC als Forschungspartner stellen für uns einen entscheidenden Standort- und Wettbewerbsvorteil dar“, so Alexander Reissner, Gründer und Geschäftsführer von ENPULSION.
Als wichtige Projektpartner konnten bereits ENPULSION, die Space Tech Group (STG) sowie Seibersdorf Laboratories gewonnen werden.
Forschungsarbeit made in Austria
„Wer hätte jemals gedacht, dass einmal ein Stück Wiener Neustadt im Weltall kreisen würde?“, fragt sich Klaus Schneeberger, Bürgermeister von Wiener Neustadt und Aufsichtsratsvorsitzender der FH Wiener Neustadt. Die damals revolutionäre Entscheidung, einen Master-Studiengang Aerospace Engineering anzubieten, macht es möglich. „Der PEGASUS-Satellit ist ein weiterer Beweis dafür, dass der mit dem Land Niederösterreich eingeschlagene Weg, Wiener Neustadt zum Hotspot für Bildung, Wissenschaft und Forschung zu machen, Früchte trägt. Nicht nur, dass es uns gelungen ist, tertiäre Ausbildung vor Ort anzubieten, entstehen durch Spin-offs – wie ENPULSION – zusätzliche hochwertige Arbeitsplätze in der Region“, erklärt er stolz.
Nach einer dreijährigen Forschungs-, Entwicklungs- und Testphase soll CLIMB 2020 in den Orbit befördert werden. Am Anfang seiner Mission wird er zunächst auf eine niedrige Umlaufbahn um die Erde gebracht. Von dort wird sich CLIMB mithilfe des ursprünglich von der FOTEC entwickelten und nun von ENPULSION kommerzialisierten Antriebssystems auf eine hochelliptische Bahn bringen. Ziel ist es, das Apogäum (der erdfernste Punkt einer elliptischen Umlaufbahn) dieses Orbits zu maximieren, sodass CLIMB so nah wie möglich zum – oder sogar innerhalb des – Van Allen Belt(s) kommt. In weiterer Folge wird die Strahlungsbelastung stufenweise erhöht, um so das Potenzial des Antriebs zu testen und die Strahlungsresistenz der Elektronik zu untersuchen. Am Ende der Mission (nach ca. 18 Monaten) wird das Perigäum (der erdnächste Punkt einer elliptischen Umlaufbahn) schließlich so stark verringert, dass CLIMB in der Atmosphäre verglüht. Das Besondere an dieser Mission: Bisher hat sich noch kein CubeSat in diese Höhen gewagt, um innovative Forschungsarbeit „made in Austria“ zu betreiben. (VM)
EVENT-TIPPS
• Austrian New Space Cooperation Days:
7.–8. Juni 2018 | Campus WN |
Erstmalig in Österreich: Internationale
Key Player der Weltraumforschung präsentieren ihre Vision rund um die Zukunft im All
www.fhwn.ac.at/austriannewspace
• 36. International Electric Propulsion Conference hosted by FH Wiener Neustadt / FOTEC:
15.–20. September 2018 | Wien | Internationale Konferenz über
die neuesten Aktivitäten in der Entwicklung, Erprobung und im Einsatz von elektrischen Antrieben in der Raumfahrt
www.iepc2019.com