Sie befinden sich hier:  Home  |  NEW BUSINESS Export  |  NB EXPORT 2/2018  |  Lebensmittelpunkt

Lebensmittelpunkt

NEW BUSINESS Export - NB EXPORT 2/2018

Die österreichische Agrarwirtschaft floriert. Vor allem Lebensmittel sind auf mehr als 180 Märkten rund um den Globus gefragt ...

... Die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen für heimische Hersteller bleiben jedoch weiterhin ausbaufähig.

Die österreichischen Agrarexporte konnten im Jahr 2017 erstmals die Elf-Milliarden-Hürde überspringen. Rund 40 Prozent der gesamten Agrarexporte entfallen auf agrarische Erzeugnisse. 60 Prozent sind Erzeugnisse der Lebensmittelindustrie, bei denen sich ­daraus für 2017 ein Exportwert von 6,7 Milliarden Euro errechnet.
„Das ist neuerlich ein sehr gutes Ergebnis, das zeigt, dass österreichische Lebensmittel und Getränke mit Qualität, Sicherheit und Genuss weltweit punkten können“, betont Katharina Koßdorff, Geschäftsführerin im Fachverband der Lebensmittelindustrie.
Viele Unternehmen der Lebensmittelindustrie zählen mit ihren Exportleistungen zu Österreichs „Hidden Cham­pions“. Seit dem EU-Beitritt Österreichs konnten die ­gesamten österreichischen Agrar- und Lebensmittelexporte sogar um mehr als 500 Prozent gesteigert werden, jene der Erzeugnisse der Lebensmittelindustrie um fast 600 Prozent (von 959 Mio. Euro auf 6,7 Mrd. Euro). Die besondere Leistung zeigt sich vor dem Hintergrund, dass die gesamte Wirtschaft Österreichs in diesem Zeitraum ihre Exporte um 237 Prozent erhöhen konnte. Somit zählen die Unternehmen der österreichischen Lebensmittelwirtschaft zu den erfolgreichsten Branchen im Export. Dieser ist Wachstumstreiber und Jobgarant für die ­Lebensmittelerzeuger, denn die Exportleistungen der Unternehmen schaffen Arbeitsplätze und Wertschöpfung und tragen zum Wohlstand unseres Landes bei. Zwei von drei in Österreich produzierten Lebensmitteln und Getränken werden bereits auf über 180 Märkten quer über den Globus verkauft.

Inlandsmarkt zunehmend schwierig
Die Unternehmen der österreichischen Agrar- und Lebensmittelwirtschaft müssen sich seit Jahren in einem schwierigen Umfeld behaupten. Den Kampf um Marktanteile im heimischen Lebensmitteleinzelhandel, der primär über Rabatte und Aktionen geführt wird, bekommen die Lieferanten deutlich zu spüren. Der Konzentrationsprozess im österreichischen Lebensmitteleinzelhandel hält weiterhin an. Auf die drei größten Handelsunternehmen entfällt bereits ein Marktanteil von über 87 Prozent. Der intensive Wettbewerb auf nationaler und internationaler Ebene inklusive Währungsrisiken im Export (Rubel) übt weiteren Ertragsdruck auf viele Unternehmen aus. Zusätzlich bedeuten volatile ­Rohstoffkosten große Herausforderungen für die Lebensmittelbranche. Klimawandel und Wetterkapriolen, internationale Mengen- und Preisschwankungen geben Anlass zur Sorge. Auch die Frage der Rohstoffverfügbarkeit wird die Unternehmen – gerade im Hinblick auf die aktuellen Herkunftsdebatten – weiter in hohem Maße beschäftigen.

Handel innerhalb der EU im ersten Halbjahr 2018 weiter ausgebaut
Die gesamten Agrarexporte Österreichs konnten im ersten Halbjahr 2018 um 4,8 Prozent zulegen und erreichten mit 5,8 Milliarden Euro einen neuen Höchstwert. Traditionell steht dabei der Handel mit unserem Nachbarn Deutschland an der Spitze der Exportstatistik: Im Vergleich der Halbjahre 2017 und 2018 konnte eine Steigerung des Exportwerts nach Deutschland um sechs Prozent auf knapp über zwei Mil­liarden Euro erzielt werden. Auf dem zweiten Platz liegt Italien mit 609 Millionen Euro (– 5 Prozent), während Frankreich um 5,6 Prozent auf 137 Millionen Euro zulegen konnte. Michael Blass, Geschäftsführer der AMA-Marketing, sieht Potenziale: „Die SIAL als Weltfachmesse für Ernährung und die bedeutendsten Veranstaltungen für die internationale Agrar- und Lebensmittelwirtschaft ist eine gute Gelegenheit, Österreichs Top-Produkte und -Produzenten vor den Vorhang zu stellen. Wir wollen die herausragende Qualität heimischer Lebensmittel als Türöffner für eine weitere Ankurbelung des Exports nutzen.“
Der Exportmotor Deutschlands entwickelt eine hohe Zugkraft für die gesamte EU. Die Exporte der Erzeugnisse der Lebensmittelindustrie zeigen für das erste Halbjahr 2018 mit einem Volumen von 3,5 Milliarden Euro und einem Plus von 6,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr eine optimistische Entwicklung – und das trotz angespannter Märkte im In- und Ausland. Die Exportleistung der Erzeugnisse der österreichischen Lebensmittelindustrie im EU-Markt stieg im ersten Halbjahr 2018 um 8,2 Prozent. Der deutsche Markt wuchs gegenüber dem Vorjahr ebenfalls um 8,2 Prozent auf knapp 1,2 Milliarden Euro. Die Exporte in Märkte außerhalb der EU entwickelten sich im ersten Halbjahr 2018 mit einem Plus von 2,1 Prozent unterdurchschnittlich und erreichten ein Volumen von knapp 1,1 Milliarden Euro.

Chancen beim Agrarhandel mit ­Drittstaaten nutzen
Erst kürzlich hat die Chefin des Internationalen Währungsfonds IWF, Christine Lagarde, auf die Gefahr hingewiesen, dass die positive Entwicklung der Weltwirtschaft durch Handelseinschränkungen wie Zölle etc. nicht behindert werden darf. „Gut ausverhandelte und tragfähige Handelsabkommen wie CETA oder jenes mit Japan sind daher für eine funktionierende Außenwirtschaft wichtig“, so Koßdorff. Die aktuellen Zahlen für das erste Halbjahr 2018 zeigen, dass die Agrarexporte in die USA insgesamt um 5,6 Prozent auf 472 Millionen Euro zulegen konnten. Rückgänge im Agrarexport waren hingegen mit Kanada (– 11,8 Prozent) und Japan (– 5,6 Prozent) zu verzeichnen, was die Bedeutung der intensiven Bearbeitung dieser sehr kaufkräftigen Märkte belegt.
Wichtige Zukunftsmärkte sind neben den USA und Kanada die Länder in Ostasien mit China, Japan und Südkorea, für einzelne Produkte auch die Golfregion als Gateway nach Indien. Besonders wichtig sind aber auch die nahen Märkte wie der Westbalkan (Serbien) und die Schweiz. Um speziell die Chancen auf diesen Märkten nutzen zu können, dürfen die Anstrengungen für die Ankurbelung der Exportleistungen nicht nachlassen.

Unterstützung durch die ­Bundesregierung wichtig
Die österreichische Agrar- und Lebensmittelwirtschaft begrüßt jede Initiative Österreichs bzw. der EU, die Chancen für heimische Hersteller auf den Märkten rund um den Globus zu verbessern, und setzt sich im Rahmen ­künftiger Verhandlungen mit Drittstaaten klar für einen sachlichen Diskurs und für die Stärkung des Wirtschaftsstandorts ein.
Dazu Blass und Koßdorff unisono: „Wir wünschen uns von der Bundesregierung, dass sie weiterhin alle Anstrengungen unternimmt, den Exportmotor auf Touren zu halten. Dazu zählen Unterstützungen der Exportaktivitäten österreichischer Hersteller von Agrarwaren, Lebensmitteln und Getränken auf politischer und diplomatischer Ebene sowie auf fachlich-administrativer Ebene. Die Exportinitiative des Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus (BMNT), die Internationalisierungsoffensive des Bundesministeriums für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (BMDW) sowie die Bemühungen der AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA (Außenwirtschaftsorganisation der WKO) müssen weiter gestärkt und für die Zukunft ausgebaut werden. Politisch vom Gas zu gehen, kann sich niemand leisten, dem an den Schlüsselbranchen Landwirtschaft und Lebensmittelverarbeitung etwas liegt. Die Devise im Interesse des Produktions- und Exportstandorts Österreich kann nur sein: „Volle Kraft in den Export!“
Konkret benennen der Fachverband der Lebensmittel­industrie und die AMA-Marketing folgende gemeinsame Voraussetzungen, die für die Weiterentwicklung der ­Exporterfolge unerlässlich sind:

Aktuelle BREXIT-Verhandlungen machen Sorgen
Großbritannien zählt zu den wichtigsten Exportmärkten für die österreichische Agrar- und Lebensmittelwirtschaft und ist beim Lebensmittelexport innerhalb der EU nach Deutschland, Italien und Ungarn der viertgrößte Absatzmarkt für die österreichische Lebensmittelindustrie. Das Exportvolumen lag im ersten Halbjahr 2018 bei 90 Millionen Euro. Die aktuelle Situation verunsichert viele EU-Exporteure und Kunden in Großbritannien. Die österreichische Lebensmittelindustrie erwartet sich daher, dass Großbritannien auch nach dem Brexit ein attraktiver ­Absatzmarkt bleibt. Wichtige Zielsetzung der österreichischen Lebensmittelindustrie ist es, dass nach klaren Übergangsregelungen nichttarifäre Handelshemmnisse ­vermieden werden und bei vielen Erzeugnissen der Lebensmittel­industrie der zollfreie Marktzugang nach Großbritannien weiterhin bestehen bleibt.

Klares JA der österreichischen ­Lebensmittelproduzenten zum EU-Japan-Abkommen
Die österreichische Lebensmittelindustrie wünscht sich eine zeitnahe Umsetzung des EU-Japan-Abkommens mit dem Ziel einer nachhaltigen Stärkung des Wirtschafts- und Exportstandorts Österreich. Vor 150 Jahren starteten die Handelsbeziehungen zwischen Japan und Österreich. Dieses Jubiläum wird in Japan als „Österreich-Jahr“ gefeiert. Mit der voraussichtlichen Anwendung des EU-Japan-Abkommens Anfang 2019 wird es zusätzliche Export­chancen für österreichische Unternehmen geben.

Offensive in der EU-Handelspolitik
Weil der Preisdruck am Inlandsmarkt enorm ist, hat der Export hohe Bedeutung und sichert Jobs und Wachstum in der heimischen Agrar- und Lebensmittelwirtschaft. EU-Abkommen, die Türen zu anderen Märkten aufstoßen, sind daher essenziell. Die österreichische Lebensmittelwirtschaft begrüßt bilaterale Vereinbarungen der EU, die faire Wettbewerbsbedingungen für beide Seiten sicherstellen und in denen EU-Standards berücksichtigt werden. Das trifft unter anderem auf das EU-Kanada-Abkommen (CETA) zu. Es wird einerseits für viele Lebensmittel und Getränke aus Österreich Absatzchancen am kanadischen Markt bringen. Andererseits nimmt es auf sensible Agrarwaren und Lebensmittel durch einen schrittweisen Zollabbau (bis zu acht Jahre), durch Einfuhrkontingente beziehungsweise durch den Ausschluss von sehr sensiblen Produkten Rücksicht. (BO)

INFO-BOX
Biologische Exportaktivitäten

Der Export rot-weiß-roter Agrarwaren erzielte im vergangenen Jahr ein Rekordhoch, Lebensmittel aus biolo­gischer Produktion profitieren von diesem Aufschwung. Wichtigster Exportmarkt ist Deutschland, das gilt auch für Bio-Produkte. „Deutsche Konsumenten assoziieren mit österreichischen Lebensmitteln vor allem hohe Qualität und Natürlichkeit, zwei Aspekte, die bei Bio-Lebensmitteln zusammentreffen. Die Vielfalt unserer Bio-Lebensmittel erfreut sich in Deutschland steigender Beliebtheit“, erklärt Barbara Köcher-Schulz, Bio-­Marketing-Managerin der AMA.
Die AMA legt den Schwerpunkt der Exportaktivitäten auf informations- und kontaktintensive Maßnahmen, wie Verkostungen direkt am Point of Sale oder Auftritte bei Genussmessen. „Für Käsethekenkräfte im deutschen LEH halten wir regelmäßig Schulungen ab, die einerseits die klar geregelte Bio-Produktion erklären und andererseits vom Geschmack unserer Bio-Spezialitäten überzeugen“, so Köcher-Schulz.
Daneben setzt die AMA Bio-Initiativen in weiteren vielversprechenden Märkten, beispielsweise in Skandinavien. Heimische Produzenten sind auf der NOFF (Nordic Organic Food Fair) in Malmö, der größten skandinavischen Biomesse, seit mehreren Jahren mit einem AMA-Gemeinschaftsstand vertreten und präsentieren eine Vielfalt an Bio-Spezialitäten. Auch am französischen Markt werden Initiativen gesetzt und die Bio-Produzenten bei gemeinsamen Messeauftritten und mit Sondierungsreisen unterstützt. „In diesen Ländern treffen eine hohe Kaufkraft und eine starke Nachfrage nach Bio-Produkten zusammen, die die Produktion im eigenen Land bei weitem übersteigt. Österreich kann hier als Bio-Land mit Tradition punkten“, erläutert die AMA die Bio-Exportstrategie.