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Mut zur Vision

NEW BUSINESS Export - NB EXPORT 2/2025
Auch wenn es mühevoll wird und die neuen Spielregeln zusätzlich Geld kosten: Es warten neue Chancen und Möglichkeiten. © Freepik/rawpixel.com

Jammern hat noch nie geholfen: Wer sich erfolgreiche Player im Export ansieht, bemerkt rasch, dass eine Mischung aus Flexibilität, Innovation und Verlässlichkeit zielführend sein kann.

Gerade jetzt werden neue Spielregeln etabliert – und sie werden manch Althergebrachtes über den Haufen werfen. In vielerlei Hinsicht bricht also eine Zeit der ­Neuaufstellung an. Die gute Nachricht: Es ist auch eine Zeit der Chancen und Möglichkeiten.

Es gab schon mal bessere Nachrichten: Die globale Konjunktur tritt auf der Stelle, der Welthandel droht 2026 unter dem Gewicht des Handelskriegs dramatisch einzubrechen. Das zeigt der aktuelle Economic Outlook von Acredia, einem internationalen Kreditversicherer, gemeinsam mit Allianz Trade.

Besonders für Österreich, dessen Wirtschaft stark von Exporten abhängt, sind die Prognosen ein Warnsignal: Unternehmen müssen sich auf schwächere Nachfrage, volatile Märkte und steigende Risiken einstellen. Denn laut Analysen dürfte sich das weltweite Handelswachstum von soliden zwei Prozent im Jahr 2025 auf nur noch + 0,6 Prozent im Jahr 2026 verlangsamen, das ist ein Rückgang um rund zwei Drittel. Erst 2027 ist mit einer leichten Erholung auf + 1,8 Prozent zu rechnen.

Die Quittung des Handelskriegs
Das globale Bruttoinlandsprodukt wächst 2025 und 2026 lediglich um + 2,6 Prozent und liegt deutlich unter dem langjährigen Schnitt. Begleitet wird diese Flaute von hartnäckiger Inflation: 3,9 Prozent im Jahr 2025 und 3,6 Prozent im Jahr 2026. Damit droht eine Phase der Stag­flation, die Unternehmen doppelt belastet. „2025 ist geprägt von Vorzieheffekten, Hamsterkäufen in den USA und massiven Investitionen in künstliche Intelligenz. Das hat die Märkte kurzfristig stabilisiert. 2026 wird die Quittung des Handelskriegs fällig und das Wachstum im Welthandel deutlich einbrechen“, warnt Michael Kolb, Vorstand von Acredia.

Österreich im Spannungsfeld ­globaler Unsicherheit
Für die österreichische Exportwirtschaft, die mehr als 50 Prozent ihres BIP im Ausland erwirtschaftet, wiegen die internationalen Bremsspuren besonders schwer. Der Rückgang der US-Nachfrage, eine schwächelnde deutsche Industrie sowie geopolitische Unsicherheiten treffen ­zentrale Exportsektoren wie Maschinenbau, Automotive und Metallverarbeitung direkt.

„Österreichische Unternehmen stehen vor einer doppelten Herausforderung: Sie müssen ihre internationalen Absatzmärkte absichern und gleichzeitig in neue Märkte investieren, um Abhängig­keiten zu reduzieren“, so Kolb. „Hier können Kreditver­sicherungen und Risikoanalysen einen entscheidenden Beitrag ­leisten.“

Hello, my new friend!
Mit wachsender geopolitischer Unsicherheit gewinnt laut Acredia die Tendenz zu Friendshoring – also zur Verla­gerung von Produktion und Handel in politisch ähnlich ausgerichtete oder geografisch nahe Länder – stark an ­Bedeutung. Europa profitiert dabei von stabilen Rahmen­bedingungen, klarer Regulierung und seiner zentralen Lage zwischen den großen Wirtschaftsräumen. Für Österreich eröffnet sich daraus eine strategische Position: Als Drehscheibe zwischen Mittel-, Ost- und Südosteuropa kann die heimische Wirtschaft von der zunehmenden Regionalisierung profitieren.

Dann wäre da noch der Klimawandel
Neben geopolitischen Spannungen wird auch der Klimawandel zunehmend zu einem entscheidenden Risiko für globale Lieferketten: Dürreperioden, Niedrigwasser und Extremwetter beeinträchtigen bereits heute zentrale Transportwege wie den Suez- und Panamakanal, aber auch ­Binnenflüsse wie Rhein und Donau. Das erhöht den Druck auf die Logistik und macht internationale Handelsrouten anfälliger für Störungen.

Laut Acredia treten politische und klimatische Risiken immer häufiger gleichzeitig auf. Das stellt Unternehmen und Transportnetzwerke vor neue ­Herausforderungen. Gleichzeitig verschiebt sich das ­globale Zentrum des Handels: Das aktuelle Allianz-Trade-Ranking zeigt, dass sich Volkswirtschaften neu positionieren, um von veränderten Strömen und Zollstrukturen zu profitieren. 

Von Zollspirale bis Geopolitik
Neben den Folgen des Handelskonflikts drohen auch noch weitere Belastungen. Am wahrscheinlichsten gilt eine neue Zollrunde in den USA, die den Welthandel im Extremfall in die Rezession treiben könnte. Das Risiko dafür beziffert Acredia mit rund 45 Prozent. Zusätzlich besteht die Gefahr eines De-Dollarisierungsschocks (35 Prozent) und von Staatsschuldenkrisen in hoch verschuldeten Ländern wie Frankreich, Italien oder den USA (20 Prozent). Auch die Geopolitik bleibt weiterhin ein Unsicherheitsfaktor: Eine Eskalation des Ukraine-Kriegs, neue Spannungen im Nahen Osten oder ein Konflikt um Taiwan könnten globale Lieferketten empfindlich treffen.

Nachbar unter Druck
Vor allem Deutschland, Österreichs wichtigster Handelspartner, leidet unter strukturellen Problemen: Demografie, Bürokratie, geringe Investitionsdynamik. „Das exportorientierte Modell bleibt unter Druck. Was es jetzt braucht, sind mutige Investitionen in Digitalisierung und grüne Transformation, auch in Österreich“, betont Kolb. „Unternehmen müssen sich auf mehr Unsicherheiten einstellen, Risiken aktiv managen und ihre Geschäftsstrategien ­an­passen. Wer frühzeitig handelt, kann trotz des Handelskriegs Chancen nutzen, besonders in jenen Regionen, die stabil bleiben oder wachsen.“

Über das strategische Navigieren im Zollgewitter
Alexander Winter ist Managing Director Air & Sea Logistics EMEA bei Dachser und hat wie kaum ein anderer Einblick in die Exportwirtschaft. Wie sieht und bewertet er die aktuelle Lage? „Österreichs Exporteure zeigen, wie sich die tektonischen Verschiebungen der US-Zölle strategisch abfedern lassen, und richten ihren Kompass neu aus. Die USA sind nach Deutschland der zweitwichtigste Absatzmarkt für Österreichs Exportwirtschaft. Rund 8,5 Prozent aller heimischen Ausfuhren gehen in die Vereinigten Staaten, das entspricht einem Wert von rund 16 Milliarden Euro“, erläutert Winter.

„Umso gravierender wirkt die geplante Anhebung der US-Zölle auf Autos von 2,5 auf 25 Prozent – ein echter Strukturbruch. Besonders die heimische Autozulieferbranche, die jährlich Waren im Wert von 28,5 Milli­arden Euro produziert und etwa 200.000 Menschen direkt oder indirekt beschäftigt, steht vor massiven Herausforderungen. Doch auch Maschinenbauer, Chemie- und Elektronikunternehmen spüren die Folgen: steigende Kosten, schwindende Planungssicherheit. Wertschöpfungs­ketten, die über Jahrzehnte eng auf den transatlantischen Handel abgestimmt waren, wanken nun gefährlich.“

Doppelschlag aus Ost und West
Während der Handel über den Atlantik stockt, findet ­China in Europa neue Absatzmärkte. In Rotterdam und Hamburg stauen sich die Container. Europäische Produzenten ringen mit billigen Waren und wachsendem Preisdruck. Das Handelsdefizit der EU mit China erreichte 2024 einen Rekordwert von 304,5 Milliarden Euro. Heimische Hersteller verlieren an Wettbewerbsfähigkeit, wenn chinesische Konkurrenten dieselben Märkte mit Dumpingpreisen besetzen.

„Die Handelskanäle schließen sich hier, öffnen sich dort – allerdings zu Bedingungen, die Europa nicht diktiert. Für exportorientierte Mittelständler ist das eine doppelte Belastung: Sie verlieren Zugang zu wichtigen Absatzmärkten und müssen gleichzeitig im Heimatmarkt gegen subventionierte Konkurrenz bestehen. Österreichs Industrie muss lernen, in dieser neuen Wetterlage zu navigieren“, sagt Alexander Winter. Zwei heimische Konzerne zeigen, wie das geht.

Engel: Produktion im Zollraum
Der oberösterreichische Maschinenbauer Engel Austria wartet nicht auf politische Entspannung. Die Investition in Querétaro umfasst rund 30 Millionen Euro, das neue Werk nahm im März den Betrieb auf. „Der Clou: Mexiko ist Teil des USMCA-Abkommens, das zollfreien Handel zwischen den USA, Kanada und Mexiko sichert. Engel verlagert sein Amerikageschäft in den Zollraum selbst.

Produktion nahe am Markt, kürzere Transportwege, geringere Abhängigkeit – Nearshoring als Umrüstung für eine Epoche globaler Unsicherheit“, erläutert Winter. Der Standort bietet zudem Zugang zu qualifizierten Arbeitskräften aus der lokalen Automobilindustrie. Auch andere Industriebetriebe prüfen Standorte in Nordamerika, Südostasien oder Osteuropa. Es geht weniger um Kosten als um Kontrolle. Wer flexibel bleibt, kann in einer Zeit, in der politische Entscheidungen binnen Wochen Märkte umkrempeln, auf wechselnde Handelsregeln reagieren.

Wienerberger: Lokal schlägt global 
Der Baustoffkonzern Wienerberger geht einen anderen Weg. Seit Jahren setzt er auf „lokal für lokal“: Produziert wird dort, wo auch verkauft wird. Mit über 200 Werken in 28 Ländern – vom US-Bundesstaat Georgia bis nach Indien – koppelt das Unternehmen Rohstoffabbau, Fertigung und Absatz regional. Diese Dezentralisierung macht ­Wienerberger weitgehend immun gegen Zölle, Hafensperren oder geopolitische Störungen. Während Engel die Handelszonen nutzt, macht Wienerberger sich von ihnen unabhängig.

Was früher als Verzicht auf Skaleneffekte galt, ist heute eine Versicherung. Der Konzern profitiert von seiner Produktlogik: Ziegel, Rohre, Dachsysteme sind schwer und transportintensiv. Ein Lkw fasst etwa 10.000 Ziegel – der Transport über Kontinente wäre unwirtschaftlich. Ihre Produktion in Kundennähe spart Energie, Emissionen – und Risiko. Das Modell funktioniert: Wienerberger erwirtschaftete 2024 mit dieser Strategie einen Umsatz von 4,5 Milliarden Euro.

Das Ende von Just in Time
Jahrzehntelang galt „Just in Time“ als Glaubensbekenntnis: kein Lager, keine Puffer, maximale Effizienz. Toyota perfektionierte das System in den 1970ern, die gesamte Industrie folgte. In einer Welt, in der Container festsitzen und Grenzen über Nacht hochgezogen werden, kippt diese Logik. „Just-in-Case“ ersetzt die alte Formel.

Ganz so einfach ist das allerdings nicht, weiß Alexander Winter: „Die Kehrtwende hat ihren Preis. Lagerkosten steigen, Kapital wird gebunden, Prozesse werden träger. Experten beziffern die Mehrkosten für heimische Exporteure auf teils zweistellige Prozentsätze der Logistikausgaben. Aber sie sind nötig. Es reicht nicht mehr, nur die direkten Zulieferer zu kennen. Wer Resilienz will, braucht Transparenz bis zu den Rohstoffquellen – vom Chiphersteller bis zur Kobaltmine. Lieferketten werden breiter, redundanter – und komplexer. Die Bewertung von Effizienz verschiebt sich fundamental: Pufferlager, zweite Lieferanten, regionale Alternativen sind keine Kostenstellen mehr, sondern Sicherheitsnetze. In Vorständen hat sich das Vokabular geändert: Redundanz ist kein Makel mehr, sondern ein Zeichen von Weitsicht. Was die Bilanz kurzfristig belastet, sichert langfristig das Über­leben.“

Daten werden Infrastruktur
Das Selbstverständnis der Logistik verschiebt sich: Wo früher Tonnen und Frachtkosten zählten, geht es heute um Szenarien. Digitale Simulationen – sogenannte digitale Zwillinge der Lieferkette – rechnen mögliche Handelsrouten, Zolländerungen oder Hafenstillstände durch. Logistiker werden zu Analysten, ihre wichtigsten Werkzeuge sind nicht mehr Gabelstapler, sondern Algorithmen.

„Die zentrale Frage lautet nicht mehr: Wie kommt die Ware ans Ziel? ­Sondern: Was passiert, wenn sie es nicht tut? Gerade für kleinere Exporteure wird es entscheidend, technologische Partner zu wählen, die nicht nur Geschwindigkeit, sondern auch Sicherheit bieten. Doch die Digitalisierung schafft neue Abhängigkeiten: Wer seine Datenhoheit verliert, verliert auch seine Steuerungshoheit“, ist sich Winter sicher. 

Neue Spielregeln
Der Zollschock zeigt, wie eng Politik und Industrie heute verflochten sind. Was früher Randthema war – Zolltarife, Lieferketten, Transportkosten –, wird zur Frage wirtschaftlicher Souveränität. Wer sich nur auf einen Markt oder eine Route verlässt, macht sich verwundbar, sobald dieser Weg blockiert wird. Doch der Preis für mehr Sicherheit ist hoch: zusätzliche Lager, teurere Lieferanten, komplexere Netzwerke. Die Alternative wäre Kontrollverlust. Die ­Globalisierung bleibt – aber sie ändert ihre Regeln.

Der Handel wird nicht weniger, nur anders: regionaler, diversifizierter, absehbar teurer. Dachser-Managing-Director Air & Sea Alexander Winter ist überzeugt: „Wer künftig bestehen will, muss nicht nur effizient produzieren, sondern verstehen, woher seine Teile kommen und welche Wege sie nehmen. Die Frage ist nicht mehr ob, sondern wie schnell sich heimische Betriebe anpassen. Denn Logistik ist kein Nebenschauplatz mehr – sie entscheidet über die Wettbewerbsfähigkeit.“ 

Viele Hebel, viele Ansätze
Was also tun? Dazu gibt es einige von den großen Playern bereits umgesetzte Ansätze, die nun auch für KMUs relevant werden könnten. Einer davon ist, die Compliance-Basis zu stärken – und sie vom notwendigen Übel zum strategischen Vorteil auszubauen. Lange galt Compliance eher als lästiger Pflichtbereich am Rand der eigentlichen Geschäftsprozesse.

Doch angesichts dynamischer geopolitischer Spannungen und sich fast monatlich ändernder EU-Regeln entwickelt sich dieser Bereich jetzt zu einem echten Wettbewerbsfaktor. Unternehmen, die klare Zuständigkeiten schaffen, Verantwortung bündeln und ihre Stammdaten systematisch pflegen, arbeiten nicht nur rechtssicherer – sie werden für internationale Partner ­berechenbarer und damit attraktiver.

Digitalisierung im Kontrollbereich
Viele österreichische Exporteure haben ihre Digitalisierung in den letzten Jahren vor allem in Vertrieb oder Produk­tion vorangetrieben. Doch tatsächlich liegen große Effizienz­ge­winne im administrativen Bereich: Digitale Zollanmeldungen, automatisierte Abgleiche mit Sanktionslisten, ­zentrale Dokumentenpools oder elektronische Ur­sprungs­zeug­nisse reduzieren Fehler und schaffen Transparenz über ganze Lieferketten hinweg.

Zudem bietet die große EU-Zollreform mittelfristig die Chance, Prozesse stärker zu vereinheitlichen – Unternehmen, die sich früh digital aufstellen, werden diese Umstellung weniger als Bürde, sondern eher als Beschleuniger erleben. Digitalisierung wird damit zur Voraussetzung, um agiler auf regulatorische Veränderungen zu reagieren und interne Aufwände zu reduzieren.

Resilienz statt reiner ­Kostenoptimierung
Jahrelang waren globale Lieferketten primär ein Effizienzprojekt: möglichst günstig, möglichst schlank. Diese Logik hat sich grundlegend verschoben: Heute spielt die geografische Verteilung von Lieferanten eine zentrale Rolle für Risikomanagement und Planungssicherheit. Österreichische Unternehmen prüfen zunehmend Alternativen wie Nearshoring, „China Plus One“-Strategien oder den Aufbau von regionalen Sicherheitsbeständen für kritische Komponenten.

Dabei geht es nicht darum, bestehende Lieferanten zu ersetzen – vielmehr sollen zusätzliche, resi­liente Optionen entstehen. Diversifikation ist damit kein Selbstzweck, sondern schützt Exporteurinnen und Exporteure vor Ausfällen, Preisexplosionen oder am Ende sogar geopolitischen Blockaden. Wer frühzeitig seine Lieferketten kartografiert, Engpässe identifiziert und Redundanzen aufbaut, wird handlungsfähig bleiben, wenn andere erst beginnen, sich neu zu orientieren.

Stabile Verträge für eine stabile Geschäftsbasis
Die klassische Vertragslandschaft vieler Exporteure wurde für relativ stabile Rahmenbedingungen ­ent­wickelt. Heute müssen Verträge mehr können: Sie brauchen klare Klauseln für Sanktionen, plötz­liche Tarifänderungen oder unvorhergesehene Lieferhemm­nisse. Sanctions-Compliance-Klauseln, Force-majeure-Regelungen oder flexible Preisanpassungsmöglichkeiten sind längst Standard im internationalen Handel – und dürften auch noch breiter im österreichischen Export zum selbstverständlichen Bestandteil werden.

Gleichzeitig steigen aber auch die Anforderungen an Finanzierungslösungen. ­Exportkreditversicherungen, Factoring oder staatlich unterstützte Garantien helfen, Zahlungsausfälle ­abzufedern und Liquidität zu sichern. In Summe entstehen also Verträge, die nicht nur Risiken begrenzen, sondern den Unternehmen auch die notwendige Flexibilität geben, um schneller und stabiler auf Umbrüche zu reagieren.

Vom Bauchgefühl zur strukturierten Prognose
Viele österreichische KMUs haben ein feines Gespür für Märkte, gewachsene Kundenbeziehungen und Werte wie Handschlagqualität. Doch in einer volatilen Welt wird ­Intuition zunehmend durch systematisches Monitoring ergänzt. Professionelle Szenarioplanung heißt nicht, ­Zukunft exakt vorherzusagen – sondern mögliche Wendepunkte zu erkennen, bevor sie Realität werden.

Was passiert, wenn ein wichtiger Markt durch neue Sanktionen kurzfristig ausfällt? Wenn ein regionaler Konflikt Transportkorridore blockiert? Wenn ein wesentlicher Zulieferer aufgrund regulatorischer Änderungen nicht mehr liefern darf? Unternehmen, die regelmäßig Risiko-Workshops durchführen, Frühwarnindikatoren definieren und diese Informationen in Entscheidungsgremien einfließen ­lassen, können deutlich schneller reagieren. Damit wird geopolitisches Risikomanagement zu einem festen ­Bestandteil der strategischen Unternehmensführung.

Kooperation und Austausch stärken
Selten war der Kontakt zu spezialisierten Institutionen so entscheidend wie heute. Der regelmäßige Austausch mit Wirtschaftskammer, Zollbehörden oder Exportversicherern liefert Wissen, das Unternehmen sich ansonsten nur mit einigem Aufwand selbst aneignen könnten. Wer ­proaktiv auf diese Netzwerke zugeht, erhält früh Informationen über regulatorische Änderungen, bekommt Unterstützung bei komplexen Zollfragen oder kann Pilotprojekte für neue digitale Verfahren nutzen.

Ein Faktor kann vielleicht der AEO-Status (Authorised Economic Operator) sein, der exportorientierten Unternehmen beschleunigte Verfahren und Vorteile bei Kontrollen bietet – ein Qualitätsnachweis für internationale Partner. Kurz gesagt: In einer unübersichtlichen Welt lohnt es sich, auf starke Partner zu setzen, denn Kooperation verkürzt Wege und hilft, Risiken schneller zu erkennen.

Augen auf und durch
Sich nicht ins Bockshorn jagen zu lassen, Chancen zu erkennen und die neuen Spielregeln zu akzeptieren, dürfte also das Gebot der Stunde sein. Für Österreichs Exportwirtschaft bedeutet das: Neue Märkte entstehen, globale Routen verändern sich – und wer Risiken frühzeitig absichert, kann vom Wandel profitieren. Denn so wie zuvor wird es wohl mit ziemlicher Sicherheit nicht mehr werden. (PZ)