Wir bleiben auf Kurs

NEW BUSINESS Guides - TRANSPORT- & LOGISTIK GUIDE 2023
„Wir sind dabei, in eine neue Liga vorzustoßen“, sagt Dachser-CEO Burkhard Eling. © Dachser

Dachser-CEO Burkhard Eling im Interview über die Entwicklung des ­Unternehmens im vergangenen und laufenden Jahr.

Der Logistikdienstleister Dachser konnte seinen Umsatz im Geschäftsjahr 2022 zum zweiten Mal in Folge im zweistelligen Bereich steigern. Im Interview erklärt CEO Burkhard Eling die Hintergründe dafür und gibt einen Ausblick auf das laufende Jahr.

Herr Eling, wie ist das vergangene Jahr für Dachser gelaufen?
Wir steigerten unseren Umsatz um etwas mehr als eine Milliarde auf 8,1 Milliarden Euro. Dies ist ein Plus von knapp 15 Prozent. Damit konnten wir im zweiten Jahr in Folge außergewöhnlich zulegen. 2022 ist damit ein weiteres Rekordjahr in der Unternehmensgeschichte von Dachser. Im Zweijahresvergleich stieg unser Umsatz um 45 Prozent.

Wir sind dabei, in eine neue Liga vorzustoßen. Zur Wahrheit über das außergewöhnliche Wachstum gehört allerdings auch zu erwähnen, dass ein signifikanter Teil des Umsatzanstiegs aus den hohen Frachtkosten und der sprunghaft gestiegenen Inflation stammt. 

Welche Gründe sehen Sie für den Erfolg von Dachser im Jahr 2022?
Angesichts der weltweiten Lieferkettenstörungen verändern unsere Kunden ihre Produktions- und Zulieferstrukturen und stellen sich geografisch breiter auf. Sie erhöhen die Lagerkapazitäten in Europa und gestalten ihre Lieferketten insgesamt krisenresistenter. Und genau darauf ist unser engmaschig geknüpftes, weltweites Netzwerk für See-, Luft- und Landverkehre sowie Kontraktlogistik ausgerichtet.

Unsere Kunden schätzen die Resilienz, die wir in ihre Lieferketten bringen, und honorieren unsere Leistung mit angemessenen Preisen. Die Analyse der Warenströme und die Optimierung der Supply-Chains ist gerade bei unseren Großkunden ein gefragter Service.

Zum Gesamtbild des Jahres gehört aber auch, dass wir insgesamt nicht mehr so stark gewachsen sind wie noch 2021 und seit September eine deutliche Normalisierung des Geschäfts feststellen. Das Jahresende war demnach gekennzeichnet von sinkenden Raten in der Luft- und Seefracht und zurückhaltenden Kunden.

Rück­blickend möchte ich betonen, dass 2022 ein äußerst anspruchsvolles Jahr für unsere Organisation war. Unsere Teams in den weltweiten Niederlassungen erbrachten großartige Leistungen unter zum Teil sehr schweren Bedingungen. Sie lösten schwierigste Probleme und fanden passgenaue Lösungen, um die Produktions- und Lieferfähigkeit unserer Kunden zu sichern. Die Tiefe unserer Kundenbeziehungen konnten wir daher im vergangenen Jahr weiter festigen. 

Gab es auch Zukäufe oder andere ­größere Investitionen?
Mit dem Kauf der kasasi GmbH im Oktober 2022 haben wir unsere Expertise auf den Gebieten Connectivity und Internet of Things maßgeblich gestärkt und darüber hinaus 50 erfahrene Software-Ingenieure für Dachser gewonnen. Wir haben Ende 2022 die restlichen 50 Prozent der Anteile an unseren ungarischen Joint Ventures erworben. In Ungarn sind wir mit allen Business-Lines vertreten.

Und wir haben den niederländischen Lebensmittellogistiker Müller Fresh Food Logistics übernommen: Dessen 770 Mitarbeitende erwirtschafteten im Jahr 2021 einen Umsatz von rund 90 Millionen Euro. Müller gehört damit zu den führenden Lebensmittellogistikern in den Niederlanden. Ganz aktuell haben wir die Luft- und Seefrachtspedition ACA International gekauft. Damit erweitern wir unser eigenes ASL-Netzwerk um sechs Standorte in Australien und Neuseeland. 

Neben diesen wichtigen Akquisitionen floss der größte Anteil unserer Investitionen von 196 Mil­lionen Euro im Jahr 2022 in den organischen Ausbau unserer Transport- und Kontraktlogistik-Infrastruktur, in die Digitalisierung und auch in unsere Klimaschutzaktivitäten. Im Vergleich zum Vorjahr haben wir 2022 rund 100 Millionen Euro mehr investiert.

Hervor­heben möchte ich das Leuchtturmprojekt der Niederlassung Memmingen. Hier haben wir rund 30 Millionen Euro für ein voll automatisiertes Hochregallager mit circa 53.000 Paletten­stellplätzen in die Hand genommen. Im Vergleich zu 2022 werden wir 2023 die Investitionen noch einmal deutlich auf über 300 Millionen Euro erhöhen. Diese Investitionssumme ist ein neuer Rekord für Dachser.

Der Klimaschutz ist eines der bestimmenden Themen unserer Zeit. Was tut Dachser in dieser Hinsicht?
Im Rahmen unseres Geschäftsmodells geht es um effizientere Logistikprozesse, das Einsparen fossiler Energie und um die Förderung von Forschung und technischen Innovationen auf dem Gebiet der Null-Emissions-Technologien. Mit diesem ambitionierten Beitrag zum Klimaschutz wird Dachser seiner Verantwortung als nachhaltiges Familienunternehmen gerecht. Zudem engagieren wir uns in sozialen Projekten, die außerhalb unseres Geschäftsmodells und unserer geografischen Präsenz liegen. 

Wir haben uns in den vergangenen Jahren intensiv mit unserem unternehmensweiten CO₂-Fußabdruck auseinandergesetzt. Wir wissen mittlerweile sehr genau, wo unsere Emissionen entstehen. Die Berechnungen zeigen aber auch, dass wir nur rund zwei Prozent aller Emissionen durch unsere eigenen Anlagen und Fahrzeuge verursachen. Das sind die sogenannten Scope-1- und Scope-2-Emissionen. An diesen Emissionen setzen wir zuerst an. Wir reduzieren sie aktiv und wollen so rasch wie möglich auf netto null kommen.

Würden Sie dafür vielleicht ein paar konkrete Beispiele nennen?
„Dachser Emission-Free Delivery“, unser preisgekröntes Konzept nachhaltiger City-Logistik, ist inzwischen in zwölf europäischen Metropolen umgesetzt. Damit waren wir erfolgreicher als gedacht und konnten die Forschungsphase bereits abschließen. Bis 2025 werden wir mindestens zehn weitere europäische Städte damit ausstatten.

An den drei Dachser-„E-Mobility-Standorten“ Freiburg, Hamburg und Malsch bei Karlsruhe erforschen und erproben wir den Einsatz von Null-Emissions-Technologien im LKW-Fernverkehr. Dort wollen wir verstärkt emissionsfreie Fahrzeuge in den Einsatz bringen, die entweder batterieelektrisch oder mit Wasserstoff-Brennstoffzelle betrieben werden.

Bei der Energieversorgung unserer Logistikan­lagen haben wir 2022 neue Photovoltaikanlagen auf den Dächern realisiert und unsere installierte Kapazität auf rund 6.500 Kilowatt peak erhöht. Wir liegen dabei gut im Plan der Kapazitätsvervierfachung bis 2025. 

Die Förderung des Klimaschutzes ist auch ein Anliegen unserer Mitarbeitenden. Dies hat zuletzt das große Interesse für die globale Innovationskampagne zum Klimaschutz bei Dachser gezeigt. Die Beteiligung war enorm. Es wurden 2.100 Ideen aus 39 Ländern eingereicht. Diese haben wir gebündelt und zu Konzepten rund um „Energie sparen“, „Berufspendeln“, „Ge­schäfts­reisen“ und einige mehr weiterentwickelt. Rund die Hälfte der Ideen befindet sich inzwischen schon in der Umsetzung.

Können SIe uns zum Abschluss einen kleinen Ausblick auf das laufende Geschäftsjahr bei Dachser geben? 
Als Folge der multiplen Krisen – des Krieges in der Ukraine, geopolitischer Unsicherheiten, hoher Energiekosten und Rezessionsängste, um nur einige zu nennen – hat das Jahr 2023 bei vielen unserer Kunden zurückhaltend begonnen. Das schlug sich in den transportierten Mengen innerhalb unseres Netzes nieder. 

Die vergangenen Jahre haben gezeigt, wie schwierig Umsatzprognosen im extrem volatilen wirtschaftlichen Umfeld sind. Derzeit zeichnet sich ab, dass die pessimistischen Konjunkturprognosen vom Jahresanfang wohl nicht mit voller Wucht eintreten werden. Wir gehen deshalb davon aus, dass nach zwei Jahren des außergewöhnlichen Umsatzwachstums wieder ein Stück Normalität in die Logistik und in unser Geschäft einkehrt. 

Derzeit rechnen wir für das Jahr 2023 mit einem niedrigen einstelligen Umsatzwachstum. Die schwierigen Rahmenbedingungen ver­unsichern uns nicht. Ganz im Gegenteil: Wir bleiben auf Kurs, wir haben unser Zielbild klar vor Augen. (RNF)