ZTE will durchstarten

NEW BUSINESS Innovations - NR. 08, OKTOBER 2020
Das ZTE Axon 20 5G, hier im chinesischen Verpackungsdesign, kommt nächstes Jahr auch nach Österreich. © ZTE

ZTE gehört zu den großen chinesischen Netzinfrastruktur- und Smartphone-­Herstellern und ist bereits seit mehr als zehn Jahren in Österreich vertreten ...

... Jetzt will das Unternehmen auch hierzulande durchstarten.

Der chinesische Hersteller ZTE ist hierzulande vielleicht noch nicht jedem ein Begriff. Dabei ist das Unternehmen schon seit 2009 mit einem eigenen Standort in Österreich präsent und bedient von Wien als Drehscheibe für Osteuropa aus mehr als 20 Mobilfunkbetreiber in der Region mit Netzwerkinfrastruktur und Smartphones. Beispielsweise basiert das Netz des heimischen Mobilfunkers Drei auf Komponenten von ZTE und für A1 baut das Unternehmen die Alpha-Smartphone-Serie als White-Label-Produkte. Mit seinen Routern für mobiles Internet ist der Hersteller ebenfalls bei mehreren Mobilfunkanbietern im Sortiment vertreten. International konnte man auf dem Smartphone-Markt bereits mit den eigenen Handys der Blade- und Axon-Serie Fuß fassen.
Jetzt will ZTE aber auch in Österreich durchstarten und aus dem Schatten der Mitbewerber hervortreten. Dabei weht dem Unternehmen gerade eine steife Brise entgegen. So wie Huawei wurde auch ZTE am US-Markt erst im Juli von der US-Aufsichtsbehörde FCC als „Gefahr für die nationale Sicherheit“ eingestuft. Schon 2018 hatte das Unternehmen – dessen voller Firmenwortlaut Zhong Xing Telecommunication Equipment Company Limited lautet – mit einem US-Embargo zu kämpfen, das sich aber gegen die Zahlung einer beträchtlichen Summe und durch massive Zugeständnisse abwenden ließ. Das ist auch gut so. Denn wie schwierig es sein kann, wenn die USA nicht gut auf einen zu sprechen sind, kann man gerade sehr anschaulich am Beispiel von Huawei verfolgen.
ZTE, als börsenotiertes Unternehmen, sieht sich für die Zukunft sehr gut gerüstet und positioniert sich eigenen Angaben zufolge als „vertrauensvoller Partner sowie eines der Unternehmen mit den weltweit strengsten Compliance-Richtlinien“. Christian Woschitz, CEO von ZTE Austria, stellt klar: „Unsere Philosophie ist volle Transparenz zu den Behörden und strikteste Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben. Nachhaltigkeit und ein breit aufgestelltes Ecosystem zählen zu unseren wichtigsten Unternehmenszielen, wodurch wir unseren Kunden die technisch besten und sichersten Produkte anbieten können.“

Kampfansage in der Mittelklasse
Gerade erst hat ZTE mit dem Axon 11 5G ein Gerät der Mittelklasse auf den heimischen Markt gebracht, das – wie der Name schon sagt – auch für den aktuellsten Mobilfunkstandard taugt. A1 und Drei listen es bereits und bieten es in Verbindung mit einem Handyvertrag ab 0 Euro an, auf dem freien Markt pendeln die Preise rund um die offizielle Preisempfehlung von rund 550 Euro. Dafür bekommt der Käufer ein einwandfrei verarbeitetes Gerät mit ansprechender Optik und Haptik. Mittlerweile sehen sich Smartphones alle sehr ähnlich, das Axon 11 5G versucht, sich mit Details wie dem zu den Seiten abgerundeten AMOLED-Display (6,47 Zoll, 2340x1080 Bildpunkte) und der als Hingucker in Szene gesetzten, roten Ein/Aus-Taste an der Seite ein wenig abzusetzen.
Hardwareseitig bekommt man solide Kost serviert, die im Alltag keine Mucken macht und eine zügige Bedienung erlaubt, was NEW BUSINESS in einem mehrtägigen Hands-on selbst unter Beweis stellen konnte: Zum Mittelklasse-Prozessor Snapdragon 765G von Qualcomm (wie beispielsweise auch im OnePlus Nord oder dem Xiaomi Mi 10 Lite) gesellen sich unter anderem 6 GB RAM und 128 GB interner (erweiterbarer) Speicher sowie ein Akku mit 4.000 mAh, der dank Quickcharge 4+ relativ schnell wieder mit Leben gefüllt werden kann. Zum unkomplizierten Entsperren dienen ein optischer Fingerabdrucksensor unterm Display sowie Face-Unlock. Geladen wird über ­USB-C, auf drahtloses Charging muss jedoch verzichtet werden. Man kann eben nicht alles haben. Das trifft auch auf einen herkömmlichen Kopfhöreranschluss zu, den man mittlerweile aber bei den meisten Geräten vermisst. Drahtlose Kopfhörer und sonstiges Zubehör können über Bluetooth 5.0 Verbindung zu dem Smartphone suchen.
Am oberen Displayrand ist ein tropfenförmiger Notch für die Selfie-Kamera (20 MP) zu finden, so bleibt es bei Gehäusemaßen von 159,2 x 73,4 x 7,9 mm bei einem vergleichsweise geringen Gewicht von 168 Gramm. Auf der Rückseite sitzen vier Kameras, quadratisch angeordnet: eine 64-MP-Super-HD-Hauptkamera, eine 8-MP-Weitwinkelkamera mit maximal 120 Grad, eine 2-MP-Makrokamera und eine Tiefenschärfe-Kamera. So lassen sich unter anderem 4K-Videos mit 60 Bildern pro Sekunde aufnehmen. Auf der Softwareseite setzt ZTE auf ein relativ „naturbelassenes“ Android 10, über das man die eigene Oberfläche MiFavor 10 gestülpt hat.

Die Qual der Wahl
Mit dem Axon 20 5G steht aber schon das nächste Premium-Smartphone ante portas, das voraussichtlich Anfang des kommenden Jahres auf den österreichischen Markt kommen soll. Wer nicht so lange warten kann: Schon gegen Ende dieses Jahres wird voraussichtlich auch eine 4G-Variante des Axon 20 den österreichischen Smartphone-Markt dank eines attraktiven Preises ordentlich durchmischen. Es wird dann das erste erhältliche Gerät sein, dessen Frontkamera mit freiem Auge unsichtbar hinter dem Display sitzt und das so auf einen Notch verzichten kann. Angetrieben wird es von einem 8-Kern-Prozessor, ZTE hat sich hierbei für den Tiger T618 von UNISOC entschieden.
Zugleich ist weiterhin das bereits letztes Jahr gestartete Axon 10 Pro 5G erhältlich, das aber einen stärkeren Prozessor besitzt als das Axon 11 5G, sowie das Axon 11 4G, dessen Ausstattung überhaupt eine Klasse tiefer angesetzt ist. Davon unabhängig gibt es auch noch die Geräte der Blade-Serie. Der potenzielle ZTE-Kunde hat derzeit also die Qual der Wahl und wird dabei von der nicht ganz intuitiven Namensgebung wenig unterstützt. Christian Woschitz bringt etwas Licht in die Sache: „Es gibt die Blade-Serie und die Axon-Serie. Blade ist die Einstiegsserie bis zur Mittelklasse für coole junge Leute, denen wir ein günstiges Gerät anbieten wollen. Die Flaggschiff-Serie ist Axon. Dort wollen wir mehrere Geräte positionieren, um den Kunden eine große Auswahl im Premiumsegment zu erschwinglichen Preisen bieten zu können. Dafür gibt es ein bestimmtes Minimum an Features und technischen Raffinessen.“

Man darf gespannt sein
ZTE hat sich jedenfalls einiges vorgenommen. „Wir sind sicherlich der Hersteller, der in den nächsten Jahren das größte Potenzial hat“, so der CEO von ZTE Austria gegenüber NEW BUSINESS. Zur neuen Marschrichtung des Unternehmens äußerte sich auch kürzlich das Konzernmanagement. „Das ZTE Axon 20 5G bildet den Auftakt für die neue Produktstrategie von ZTE“, erklärte Ni Fei, seit diesem Sommer Präsident von ZTE Mobile Devices. „Zukünftig stehen Smartphones im Fokus unserer Produktentwicklung. Gleichzeitig werden wir uns mit der Entwicklung von mobilen Breitbandprodukten, die sich für den privaten und geschäftlichen Gebrauch eignen, intelligenten Wearables und anderen neuen Produkten befassen, die das Leben in nahtloser Verbindung mit 5G-Umgebungen smarter machen“, so Ni Fei.
Woschitz ergänzt hinsichtlich der Pläne mit einem Blick auf den lokalen Markt: „Wir werden die Axon-Serie verbreitern, die Produktnamen noch besser definieren, vielleicht auch ab Dezember eine Smartwatch von ZTE in unser lokales Portfolio aufnehmen. Insgesamt wollen wir uns breiter aufstellen. Was extrem spannend wird, sind das mobile Internet und Outdoor-Router. 5G ist sehr vielversprechend und wird in vielen Bereichen kabelgebundene Lösungen ersetzen. Speziell unsere innovativen Outdoor-Router sind eine hervorragende Lösung für Breitbandanbindungen im höheren Frequenzbereich, wo eine Indoorversorgung nicht immer gegeben ist.“
ZTE hat sich in der Vergangenheit schon einige Male als Pionier hervorgetan. Weltweit werden 15 Prozent aus dem operativen Umsatz in Forschung und Entwicklung investiert und mehr als ein Drittel der Belegschaft ist im F&E-Bereich beschäftigt. Das resultierte zum Beispiel in rund 5.000 eigenen 5G-Patenten, der Pole-Position bei Geräten mit 5G-Technologie, drucksensitiven und 3D-Displays oder eben wie jetzt der unsichtbaren Frontkamera unter dem Display. Was könnte denn als nächstes kommen? Woschitz will sich zwar nicht in die Karten schauen lassen, lässt sich aber trotzdem zu einem mit Bedacht formulierten Hinweis überreden: „Es könnte etwas zusätzlich zu Smartphones im Consumer-Bereich kommen. Mehr möchte ich hier aber an dieser Stelle nicht verraten.“ Man darf also gespannt sein. (RNF)

INFO-BOX
Alle großen Mobilfunker an Bord
Zu den größten heimischen Kunden von ZTE gehören ­Telekommunikationsunternehmen wie Telekom Austria, ­Magenta Telekom und Hutchison Drei Austria.
www.ztedevices.com/at