Filippo Traù, Geschäftsführer von Vorwerk Austria im Porträt

NEW BUSINESS - NR. 1, FEBRUAR 2021
»Natürlich bin ich ein sehr zielorientierter Mensch, aber letztlich ist unser Erfolg nie eine One-Man-Show, sondern immer das tolle Ergebnis einer großartigen Teamarbeit.« © Gregor Nesvadba

Vollblut-Italiener und Kosmopolit: Er hat schon in vielen Ländern gearbeitet. In Wien bleibt Vorwerk-Chef Filippo Traù aber sicher noch ein Weilchen.

Das 1883 gegründete Familienunternehmen Vorwerk ist besonders für hochwertige Haushaltsprodukte, wie den Küchenallrounder Thermomix oder die Staubsaugermarke Kobold, bekannt. Das Besondere an dem Unternehmen ist, dass es immer den direkten Draht zum Kunden sucht – ob im Direktvertrieb über persönliche Berater, mittels eigenem Onlineshop oder durch seine Vorwerk Stores. Diese Direktheit im Umgang mit seinem Team, den Mitarbeitern und Kunden liegt auch Filippo Traù, dem Geschäftsführer von Vorwerk Austria, im Blut.
Apropos „Blut“: Sich selbst bezeichnet der 1972 in der Hafenstadt Ancona Geborene als „Vollblut-Italiener mit internationalen Wurzeln“. In seiner Heimatstadt an der italienischen Adriaküste besuchte er zwar die Schule und absolvierte sein BWL-Studium, doch schon damals zog es ihn in die weite Welt hinaus. Der erste Schritt war ein Erasmus-Stipendium für Deutschland noch während des Studiums. „Noch vor der Fertigstellung meiner Abschlussarbeit konnte ich einen Praktikumsplatz bei der BSH Hausgeräte GmbH in Berlin ergattern. Dies war für mich eine großartige Chance und Gelegenheit, erste Einblicke in den Bereich der Haushaltsgeräte zu erlangen“, erzählt Traù. Nach dem Bachelor-Abschluss sammelte er in verschiedenen Unternehmen und in unterschiedlichen Ländern weitere Erfahrungen: „Nach Deutschland verschlug es mich in die Türkei, nach Indien, Hongkong, Italien, in die Schweiz und 2019 in meiner Funktion als General Manager von Vorwerk Austria nach Wien.“

Leben aus dem Schließfach
Seine Freude an neuen Eindrücken, sein Lernwille, aber auch seine Entschlossenheit, gefasste Entscheidungen durchzuziehen, illustriert vielleicht am besten eine ­Anekdote aus seinen Anfangstagen: „Als ich meine erste Verantwortung als Marketingassistent in München übernahm, schlief ich in einem sehr günstigen Hotel in der Nähe des Bahnhofs und bewahrte meine Kleidung in einem Schließfach auf. Ich musste jeden Abend dorthin gehen, es öffnen und frische Kleidung mitnehmen, um am nächsten Tag angemessen zur Arbeit gehen zu können. Das habe ich tatsächlich die ersten zwei Wochen so gemacht. Wenn ich heute an diese Situation zurückdenke muss ich schmunzeln, denn erst jetzt – viele Jahre später – erkenne ich, wie furchtlos ich zu diesem Zeitpunkt war. Ich war bereit, meine Karriere in einer fremden Stadt ohne Freunde, Familie oder Kontakte zu starten. Schlussendlich ist mir das auch gelungen, denn ich bin Tag für Tag aufs Neue aufgebrochen, war offen für Veränderungen und hatte die nötige Entschlossenheit wie auch Begeisterung für meinen Beruf. Enthusiasmus, unbändiger Wille und die ­Flexibilität, sich auf oftmals widrige Umstände einlassen zu können, sind bis dato meine besten Begleiter in Sachen persönlicher und beruflicher Entwicklung gewesen.“
Vielleicht hat es ja auch etwas damit zu tun, dass er in einer Hafenstadt aufgewachsen ist. Jedenfalls besitzt Filippo Traù großes Interesse an der Welt und nicht zuletzt ihren Menschen, was sich an den Stationen seines Karrierewegs mit Leichtigkeit ablesen lässt. Nach rund fünf Jahren als Marketingmanager in Deutschland bekam er im Alter von 30 Jahren die Chance, als Country Manager für die Türkei tätig zu werden. „Diesen Umbruch sehe ich eindeutig als Beginn einer spannenden Karriere auf internationaler Ebene, die mich in faszinierende Städte wie Mumbai, Hongkong, Mailand, Zürich und jetzt auch Wien geführt hat. In den letzten Jahren konnte ich daher nicht nur Einblicke in spannende Industrien gewinnen, sondern aufgrund der unterschiedlichen Länder und Kulturen sehr viel für mein Leben, meine Persönlichkeit und meine beruflichen Kompetenzen und Ansichten mitnehmen.“

Aufgeschlossener Teamplayer ohne Ellenbogen-Mentalität
Ancona wurde ursprünglich von griechischen Kolonisten gegründet, der Name der Stadt lässt sich mit „Ellenbogen“ übersetzen. Von einer „Ellenbogen-Mentalität“ ist der Vorwerk-Geschäftsführer aber weit entfernt, ganz im Gegenteil! „Ich sehe mich als sehr aufgeschlossenen Menschen und ich mag es, meine Kollegen zu fordern und zu fördern. Ich behalte gerne die Kontrolle und Aufsicht über unsere Abläufe, weiß aber, dass auch das Delegieren zu den Fähigkeiten einer Führungspersönlichkeit zählen muss. Ich bin definitiv ein Teamplayer und freue mich sehr, dass unser Team bereits aus vielen Talenten besteht, wir aber auch immer wieder neue engagierte und kompetente Menschen in ihrem persönlichen Karriereweg fördern können. Außerdem ‚erlaube‘ ich mir in der Zwischenzeit, meine Learnings auch mithilfe meines Teams auszubauen. Natürlich bin ich ein sehr zielorientierter Mensch, aber letztlich ist unser Erfolg nie eine One-Man-Show, sondern immer das tolle Ergebnis einer großartigen Teamarbeit.“ Dazu passt auch sein Erfolgsrezept: „Easy! Vertraue deinem Team, hilf ihnen zu wachsen und wachse mit ihnen.“
Die Unternehmensphilosophie von Vorwerk kommt ihm da sehr entgegen. „Ich konnte in modernen Vertriebsstrukturen, im Wholesale aber auch im Retail bereits tolle Erfahrungen sammeln, aber hier stecken die meiste Energie und die meisten Ressourcen darin, mit Käufern zu verhandeln. Der Direktvertrieb – und damit der Kern von Kobold und Thermomix – ist im Vergleich dazu eine einzigartige Branche, die aus vielen unterschiedlichen Persönlichkeiten besteht. Unser Fokus und unsere Aufmerksamkeit gelten damit in erster Linie den selbstständigen Beraterinnen und Beratern. Ein offenes Ohr für deren Wünsche, Bedürfnisse aber auch Erwartungen ist der Grundstein einer langfristigen, vertrauensvollen und erfolgreichen Beziehung“, schildert Traù.
Auf den selbstständigen Beraterinnen und Beratern beruht schließlich der Erfolg von Vorwerk. So ein nahes Verhältnis ist keine Einbahnstraße: „Wir stehen mit unseren Beraterinnen und Beratern laufend und ungefiltert in Kontakt und können dementsprechend bei Missfallen auch direkt und ungefiltert kritisiert werden. Was sich zunächst wie ein Nachteil anhört, gibt uns die einzigartige Möglichkeit, beste Voraussetzungen für eine langfristige Beziehung zu unseren Beraterinnen und Beratern zu schaffen. Das direkte Feedback ist dement­sprechend wichtig, damit wir stets ­unmittelbar auf relevante Wünsche und Bedürfnisse reagieren können und damit unsere Beraterinnen und Berater als ‚Erstkunden‘ zufriedenstellen können.“
Was das Leben für ihn noch bereithält, lässt sich nur schwer vorhersagen. Aber wahrscheinlich fände es Traù auch langweilig, wenn es so wäre. Er selbst sagt dazu: „Ich werde so lange in Wien sein, wie Vorwerk mich in dieser Position halten möchte. Ich liebe diese Stadt und dieses Land und würde gerne noch mindestens ein paar Jahre bleiben. Aber mein Leben, sowohl privat als auch beruflich, ist immer von Veränderungen geprägt und ich bin auch schon neugierig, was die Zukunft für mich bereithält. Und wohin!“ Was bleibt uns da noch anzumerken? Wir wünschen ihm einen wunderschönen und lehrreichen Aufenthalt in Österreich und, wenn er dann doch einmal weiterziehen sollte, eine gute Reise. Aber er wäre nicht der Erste und bliebe auch sicher nicht der Letzte, dem es hierzulande so gut gefällt, dass er am Ende doch bleibt. Man könnte es schließlich auch schlechter erwischen. (RNF)


12 Fragen an Filippo Traù

Was wollten Sie als Kind werden?
Anwalt.

Was bedeutet Glück für Sie?
Tu das, was du willst.

Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?
„Shelter in Place“ von David Leavitt.

Gibt es ein Lebensmotto, das Sie verfolgen?
Make the right choices – Triff die richtigen ­Entscheidungen.

Welche Persönlichkeit inspiriert Sie?
Unsere Kobold- und Thermomix-Beraterinnen und Berater – tagein, tagaus, mit ihrer Disziplin, ihrem Enthusiasmus und einem motivierten Unternehmergeist.

Worüber haben Sie zuletzt gelacht?
Mein Gewicht nach Weihnachten und dem 2. Lockdown.

Mit wem würden Sie gerne einen Tag lang tauschen?
Bill Gates.

Was war Ihr bisher größter Erfolg?
Der nächste.

Was ist das Verrückteste, das Sie je in ihrem Leben getan haben?
Zur Feier von St. Fermin (Sanfermines) bin ich in Pamplona fünf Vormittage beim „Encierro“ – dem Stierlauf durch die Stadt – mitgelaufen.

Gibt es etwas, dass Sie schon immer ausprobieren wollten, sich bisher aber nicht getraut haben?
Fallschirmspringen.

Was motiviert Sie, tagtäglich aufzustehen?
Meine Arbeit – ich liebe sie und ich liebe, was ich mache.

Wenn Sie ein Tier wären, welches wären Sie dann und ­warum?
Ein Adler. Ich liebe es zu fliegen und warte nur darauf, endlich wieder in einem Flieger sitzen zu können.


ZUR PERSON
Weltgewandt und reich an Erfahrung
Filippo Traù ist seit 2019 General Manager von Vorwerk Austria, war zuvor aber schon als Senior Vice President Sales Division Kobold rund zwei Jahre für das Unternehmen tätig. Davor sammelte er Erfahrungen rund um den Globus in unterschiedlichen Managementpositionen bei klingenden Namen wie unter anderem Bialetti oder De´Longhi. Filippo Traù wurde 1972 im italienischen Ancona geboren und ­studierte in seiner Heimatstadt sowie in Deutschland BWL. Zu seinen Hobbys zählt er Lesen und Reisen.