»Ein Quantum Mut ist erforderlich, damit wir vorankommen. Das geht aber nur, wenn wir bereit sind, unsere Komfortzone zu verlassen und Neues auszuprobieren.« © Hardy Welsch
You can get it if you really want: Marcel Armon hat es nicht verlernt, zu träumen – und ist bereit, dafür die Ärmel hochzukrempeln und hart zu arbeiten.
Davor, anzupacken und sich die Hände schmutzig zu machen, den schweren statt den einfachen Weg zu wählen, hatte Marcel Armon niemals Scheu. Heute ist er Geschäftsführer der Aon Holding Deutschland und Executive Chairman von Aon in Österreich und blickt auf eine erfolgreiche, mehr als zwanzigjährige Karriere in der Versicherungsbranche zurück, unter anderem bei der Howden Group, Dual Deutschland, der Funk-Gruppe oder HDI Global. Aber nichts davon wurde ihm geschenkt oder gar in die Wiege gelegt.
Schon im zarten Alter von 16 Jahren zog er in seine erste eigene, spartanisch eingerichtete Wohnung – ein Zimmer, ausgestattet mit einem Kohleofen – und arbeitete neben der Schule und in den Ferien, um seinen Lebensunterhalt selbst finanzieren zu können. Die Jobs bei Abrissarbeiten auf Baustellen oder als Akkordarbeiter in der Automobilindustrie haben nicht nur seine Miete bezahlt, sondern ihn auch reifen lassen – so wie seine Überzeugung und den Willen, durch eine gute Ausbildung und viel Fleiß im Leben weiterzukommen.
„Ab diesem Zeitpunkt wurde mein Ehrgeiz aktiviert, mich beruflich zu entwickeln und alles dafür zu tun, selbstbestimmt arbeiten zu können. Und nicht mehr in der Fabrik am Fließband“, erzählt er. Lebenslanges Lernen treibt ihn seitdem an und so verwundert es nicht, dass er nach dem in Deutschland abgeschlossenen Abitur und der Ausbildung als Versicherungskaufmann niemals aufgehört hat, berufsbegleitend die Schulbank zu drücken.
Versicherungen sind sein Element
Noch während seiner Ausbildung gründete er als 20-Jähriger eine eigene Firma, die ifa Wirtschaftsberatung in Wetzlar. Warum gerade Versicherungen? „Unternehmer treffen viele Entscheidungen, sind mutig, wagen viel und bringen unsere Gesellschaft voran. Wenn ich ihnen mit passenden Versicherungslösungen ein Netz für alle Fälle stricken kann, dann bin ich in meinem Element – auch international. Industrieversicherung ist meine Leidenschaft“, sagt er mit Begeisterung über „seine“ Branche, die andere vielleicht als langweilig abtun, und weiter: „Manchmal komme ich mir aber wie in der ‚Sendung mit der Maus‘ vor: Um Risiken abzusichern, lerne ich Hintergründe kennen, erfahre, wie Dinge hergestellt werden, was wie zusammenhängt und welche Menschen hinter den neuen Ideen und innovativen Produkten stehen. Diese Kombination aus Wissbegierde und Unterstützerseele treibt mich an.“
Da ist sie auch wieder, die Freude am Lernen, die sich nicht auf ein Klassenzimmer oder einen Hörsaal beschränken lässt. Sie ist in seiner Person kombiniert damit, „ganz nah dran“ zu sein und ein Verständnis entwickeln zu wollen – nicht nur für seine Kunden. Denn auch im eigenen Unternehmen führt er nicht vom Podest aus: „Ich höre von meinen Mitarbeitern nicht selten, dass ich dies oder jenes als CEO nicht zu machen brauche. Ich sehe das anders! Um den Finger am Puls des Unternehmens haben zu können, muss auch ich im Maschinenraum stehen und täglich mitarbeiten. Davon bin ich überzeugt.“
Der Wunsch, etwas zu bewirken
Obwohl es im Versicherungswesen doch – zumindest auch – um Geld geht, war der „schnöde Mammon“ nie die Triebfeder seines Tuns. Er ordnet sein Handeln stets zwei Prinzipien unter: „Erstens: Nie eine Position oder Aufgabe nach Verdienstmöglichkeit wählen, sondern nur danach, ob ich etwas bewirken kann. Ich bin bisher stets den ‚steinigeren‘ Weg gegangen, habe mich komplexen Aufgaben gestellt – auch wenn vermeintlich einfachere Optionen möglich waren. Dadurch werde ich mehr gefordert, muss aus meiner Komfortzone heraus und lerne bzw. wachse daran. Ich möchte mit meiner Tätigkeit etwas bewirken, verändern, verbessern. Ich würde nie nach einer Position streben, in der ich nur ‚Verwalter‘ bin. Selbst dann nicht, wenn sie attraktiv dotiert wäre.“
Und zweitens? „Vorstellungen bestimmen unser Handeln. Und ich habe nie aufgehört, zu träumen. Meine Vorstellungen über das, was ich bewirken kann, was ich mir wünsche, treiben mich an.“
Das lebt er auch vor und hat es in seinen Führungsstil integriert. Marcel Armon geht voraus, macht vor, nimmt aktiv Anteil. „Ich schone mich dabei nicht, gehe oft die Extrameile und möchte dadurch die Mannschaft motivieren, mir zu folgen. Mein Kalender ist für meine Mitarbeiter offen einsehbar, so dass ich transparent mit meiner Mannschaft teile, wo ich bin und was ich mache. Diese Transparenz ist mir wichtig“, sagt er.
Kritik seiner Mitarbeiter nimmt er offen an, nimmt sie ernst, erwartet aber auch Gegenvorschläge. Er bleibt dabei immer am Boden. „Ich bin nicht an der Spitze eines Unternehmens, weil ich schlauer bin als meine Mitarbeiter. Meine Rolle kann nur sein, den Input vieler Kolleg:innen so zu moderieren, dass wir zu der für uns besten Entscheidung gelangen“, macht Armon deutlich.
Diesen unverfälschten Blick auf sich selbst hört man auch heraus, wenn der Vater einer vierjährigen Tochter und eines siebenjährigen Sohns mit viel Herz – und vielleicht auch einem kleinen bisschen Wehmut – über sein Privatleben spricht: „Ich ruhe selten, bin getrieben von neuen Ideen, möchte mich gleich in jede Herausforderung stürzen. Meine Frau ist mein Ruhepol, bringt viel Verständnis für meine Ambitionen mit und unterstützt mich in der Verwirklichung meiner Träume.“ (RNF)
12 FRAGEN AN MARCEL ARMON
Was wollten Sie als Kind werden?
Pilot. Eigentlich ist es immer noch so etwas wie mein Traumberuf, wenn ich daran denke, wie viele Stunden ich in meinem Leben hinter Flugsimulatoren verbracht habe. Wenn ich manchmal von einer Dienstreise nach Hause komme, setze ich mich direkt an den Flugsimulator und fliege die Strecke nochmal am Rechner nach. So fasziniert bin ich von der Fliegerei.
Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?
The Infinite Game von Simon Sinek.
Welche Persönlichkeit inspiriert Sie?
Da gibt es viele. Alle auf ihre persönliche Art und Weise.
Gibt es ein Lebensmotto, das Sie verfolgen?
Mein Lebensmotto und Lieblingslied ist „You can get it if you really want – but you must try, try and try“ von Jimmy Cliff. Ein Ohrwurm.
Mit wem würden Sie gerne einen Tag lang tauschen?
Mit meinem Sohn Paul. Einen Tag wieder Kind sein, sorglos durchs Leben gehen, unbeschwert, sehr ehrlich und oft mit ganz einfachen Dingen bereits glücklich.
Was war Ihr bisher größter Erfolg?
Eine so großartige Familie zu gründen.
Was ist das Verrückteste, das Sie je in ihrem Leben getan haben?
Mit 18 Jahren eine Menge Geld als Kredit aufgenommen und eine Firma gegründet zu haben. Das war ein wenig zu früh. :-)
Worüber haben Sie zuletzt gelacht?
Immer wieder über mich selbst, wenn ich es wieder geschafft habe, mich in einer Situation/einem Meeting zu blamieren.
Was bedeutet Glück für Sie?
Die Möglichkeit zu haben, an der Verwirklichung meiner Träume arbeiten zu können.
Gibt es etwas, dass Sie schon immer ausprobieren wollten, sich bisher aber nicht getraut haben?
Fallschirmspringen. Das würde mich sehr reizen. Aber so richtig vertraue ich diesen kleinen Rucksäcken noch nicht. Vielleicht kommt das noch.
Was motiviert Sie, tagtäglich aufzustehen?
Dankbarkeit über das, was ich habe. Vornehmlich eine gesunde Familie, das Privileg, einer selbstbestimmten Tätigkeit nachzugehen, und das Glück, in Europa in Frieden und Freiheit zu leben. Letzteres hat seit dem 24. 2. eine ganz andere Bedeutung in meinem Leben eingenommen.
Wenn Sie ein Tier wären, welches wären Sie dann und warum?
Ein Seeadler. Denn das sind majestätische und elegante Gleiter.
ZUR PERSON
Über 25 Jahre Versicherungsexpertise
Bevor er 2020 zu Aon, einem globalen Dienstleister für Risikomanagement, Versicherungs- und Rückversicherungsmakler sowie Berater für Human Resources, wechselte, war Marcel Armon für die Howden Group tätig. Dort war er seit 2018 Geschäftsführer von Hendricks sowie seit 2019 von Howden Sicherheit International. Zuvor war er für das deutsche Geschäft des Financial Lines Assekuradeurs Dual, eines ebenfalls mit Howden verbundenen Unternehmens, verantwortlich. Insgesamt besitzt Armon mehr als 25 Jahre Erfahrung in der Versicherungsbranche. Er ist gelernter Versicherungskaufmann und Betriebswirt. Der MBA-Absolvent begann seine Führungslaufbahn 2004 bei Funk. Für den Industriemakler war er 13 Jahre lang in verschiedenen Positionen tätig.