Udo Urbantschitsch, Director Worldwide Technology Sales & GTM, Red Hat im Porträt

NEW BUSINESS - NR. 2, MÄRZ 2021
»In mir schlagen immer schon zwei Herzen – ein technisches und ein wirtschaftliches.« © Red Hat

Die Kraft der zwei Herzen: Udo Urbantschitsch hat den Geist eines Technikers, das Herz eines Vertrieblers und ist mit Leib und Seele Familienvater.

Wenn man Udo Urbantschitsch kennenlernt, darf man sich von seinem jugendlichen Aussehen nicht täuschen lassen. Dieser Mann hat es faustdick hinter den Ohren. Was genau? Nun, ­eine ­beeindruckende Karriere, viel Elan, Charme, Herzlichkeit und den Willen, etwas zu bewegen. Wobei das alles ­natürlich nicht auf die paar Quadratzentimeter hinter seinen Lauschern beschränkt ist.

Rothut und „Stammesvater“
Seit 2016 leitete der Wiener die Geschicke der Open-Source-Firma Red Hat in ­Österreich und hatte großen Anteil am wachsenden Erfolg. Das blieb nicht unerkannt, was ihm Anfang 2021 eine Beförderung zum Director Worldwide Technology Sales & GTM (Go To Market) eingebracht hat. Eine verantwortungsvolle Position, die nicht jeden Tag mit dem Managing ­Director eines kleinen Landes besetzt wird. Aber ­Urbantschitsch hat eben ­einiges auf dem Kasten. Das belegen nicht nur Ab­schlüsse an der FH Technikum Wien sowie der Wirtschaftsuniversität Wien, nach einer HTL für Nachrichtentechnik, sondern auch seine Laufbahn. Schon während des Studiums war er als ­Geschäftsführer der IPSolutions GmbH tätig, später als stellvertretender IT-Leiter von Libro, arbeitete für Artaker Computersysteme sowie Microsoft und gründete ein eigenes IT-Unternehmen, bevor er schließlich bei den „Rothüten“ anheuerte.
Gemeinsam mit seiner Frau, einer angehenden Tischlermeisterin, und zwei hauseigenen „Produkttestern“ im Alter von drei und vier Jahren stellt Familie Urbantschitsch darüber hinaus hochwertige und praktische Möbel für Kinder in Handarbeit her. Sie erlauben es dem Nachwuchs, auch „höhere Gefilde“ zu erkunden und damit mehr am gemeinsamen Familienleben teilzuhaben – auf Augenhöhe, sozusagen.

Auf Augenhöhe
„Auf Augenhöhe“ ist ein Begriff, der auch hohen Stellenwert in seinem Berufsleben hat. Technologie und Sales verbindet der sympathische Familienvater so gut, weil er beide Sprachen fließend spricht. Das wurde ihm bereits in die Wiege gelegt. „In mir schlagen immer schon zwei Herzen – ein technisches und ein wirtschaftliches. Das liegt auch an meinen Eltern. Mein Vater ist Tiefbauingenieur und Vollbluttechniker, meine Mutter eine Vollblutvertrieblerin. Das macht es einfacher, sich in Gesprächen auf unterschiedlichen Ebenen einzubringen und einen Mehrwert darzustellen.“
Diese Herzen schlagen außerdem nicht erst für Open Source, seit er bei Red Hat ist. Aber das Unternehmen bietet ihm einen Rahmen, in dem er sich wiederfindet, und hat den Open-Source-Gedanken nicht nur in seinen Produkten verinnerlicht, sondern auch in seiner Organisation – flache Hierarchien und eine breite Diskussionsbasis lauten die Stichworte. „Unsere Unternehmenskultur nennen wir Open Organization, das Konzept zur transparenten und gemeinsamen Entscheidungsfindung ist unser Open Decision Framework – sozusagen ein Leitfaden aus dem Gelernten in unserer Kultur.“ Daran hat auch die mit einem Volumen von 34 Mrd. Dollar beachtliche Übernahme durch den traditionsreichen IT-Riesen IBM im Jahr 2019 nichts geändert. Rot und blau – der Spitzname von IBM lautet Big Blue – passen scheinbar gut zusammen.
Die offene Unternehmenskultur und seine Position bringen auch neue Herausforderungen mit sich: „Die interne globale Sichtbarkeit kann rasch zu einer wirklichen Flut an Kontakten und Anfragen führen, besonders in einer offenen Company wie Red Hat. Ein globaler Fokus bringt auch viel Verallgemeinerung mit sich. Eine lokale oder regionale Rolle ist spezifischer gestaltet. Auch die unterschiedlichen Zeitzonen sind teilweise herausfordernd, vor allem wenn man Leute aus der ganzen Welt an einen virtuellen Tisch bringen will.“
Auf der Haben-Seite verbucht der ­begeisterte Segler unter anderem die große Mitgestaltungsfreiheit in den Konzernstrategien, die seine neue Aufgabe mit sich bringt: „Wir sind die beratende Stabsstelle der Konzernspitze in Sachen Go-to-Market, werden zu de facto allen strategischen Entscheidungen befragt und haben echten Einfluss. Unsere Aufgabe ist es, die Kundenstimmen noch besser zu kanalisieren und damit ­unsere Dienstleistungen im Sinne des Kunden zu beeinflussen.“ Apropos Kunden: Zu den elementarsten Ingredienzien seines Erfolgsrezeptes zählen Empathie und der Wille, für den Erfolg des Kunden zu arbeiten. „Das ist für mich überhaupt das Allerwichtigste. Denn der Kunde ist der einzige wirkliche Chef.“
Von seiner eigenen Chefrolle hat er ein klares Bild. „Ich gehe gerne mit gutem Beispiel voran und gebe immer sehr viel Vertrauensvorschuss. Den erwarte ich auch von meinen Mitarbeitern. Bisher wurde ich noch nie enttäuscht.“ Er sieht sich als Coach und Mentor, der hilft, Probleme aus dem Weg zu räumen: „Den Pfad gehen die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von selbst.“
All diese Rollen und Aufgaben bedeuten aber auch, dass sie wenig Raum für andere Dinge lassen – wie zum Beispiel Hobbys. „Ich habe leider ein Interesse für so ziemlich alles. Das ist Fluch und Segen zugleich – wobei, es ist mehr Fluch“, so Udo Urbantschitsch zum Abschluss, man möchte meinen, mit einem Schmunzeln und Seufzen zugleich. „Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust“, heißt es in Goethes Faust. Der kannte aber Udo Urbantschitsch nicht, sonst wären es vielleicht mehr geworden. (RNF)


12 FRAGEN AN UDO URBANTSCHITSCH

Was wollten Sie als Kind werden?
Tiefbauingenieur

Was bedeutet Glück für Sie?
Auf einem Segelboot mit meiner Familie oder Freunden zu sein und Menschen bei ihrer persönlichen Weiterentwicklung zu unterstützen.

Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?
Da ich immer mehrere parallel lese: Simon Sinek „The Infinite Game“, Marc-Uwe Kling „QualityLand 2.0“ und Barack Obama „A Promised Land“.

Welche Persönlichkeit inspiriert Sie?
Ganz klar Elon Musk. Man erlebt selten Menschen, die mit solcher Hingabe – bis hin zur Selbstaufgabe – ihre Ziele verfolgen. Wenngleich hier garantiert Genie und Wahnsinn sehr eng beieinander liegen.

Gibt es ein Lebensmotto, das Sie verfolgen?
Erfreue dich am Weg zum Ziel. Ich kenne so viele Menschen, die unglücklich sind, weil sie ihre Ziele noch nicht erreicht haben. Dabei liegt viel Magie im Prozess, dahin zu kommen.

Mit wem würden Sie gerne einen Tag lang tauschen?
Mit meinen Kindern. Beeindruckend, wie viel Kraft und Leidenschaft in der Unbekümmertheit steckt!

Was war Ihr bisher größter Erfolg?
Beruflich die Gründung von de facto drei Unternehmen – zwei eigenen Unternehmen und der österreichischen Niederlassung von Red Hat. Aktuell natürlich Red Hat Österreich erfolgreich durch das schwierige Jahr 2020 gebracht zu haben und jetzt auf globaler Ebene zu ­agieren.
Privat ist es die bisherige Entwicklung meiner zwei Kinder. Beide fordern uns jeden Tag aufs Neue und sind jetzt schon unfassbar entschlossen!

Was ist das Verrückteste, das Sie je in ihrem Leben getan haben?
Des Öfteren bin ich bei – im Nachhinein objektiv ­betrachtet – wirklich schlechten Bedingungen aus einem sicheren Hafen ausgefahren.

Worüber haben Sie zuletzt gelacht?
Über eine Debatte – geführt von meiner fast 4-jährigen Tochter und meinem fast 3-jährigen Sohn.

Gibt es etwas, dass Sie schon immer ausprobieren wollten, sich bisher aber nicht getraut haben?
Eine Weltumsegelung.

Was motiviert Sie, tagtäglich aufzustehen?
Einen Unterschied zu machen und etwas Besseres zu hinterlassen.

Wenn Sie ein Tier wären, welches wären Sie dann und warum?­
Ein Delfin. Das Wasser ist mein liebstes Element. 


ZUR PERSON
Der rote Hut steht ihm gut
Udo Urbantschitsch wurde 1984 in Wien geboren. Nach dem Absolvieren einer HTL für Nachrichtentechnik erlangte er Abschlüsse an der Wirtschaftsuniversität Wien (Master of Business Administration – Diplomstudium Betriebswirtschaftslehre) sowie an der FH ­Technikum Wien (Bachelor of Science – Electronics & Innovation ­Management) und startete noch während des Studiums seine ­Berufslaufbahn, die ihn unter anderem zu Unternehmen wie der Generali Group, A-TEC, IPSolutions, Libro, Artaker oder Microsoft führte. Nach der Gründung eines eigenen erfolgreichen IT-Unternehmens ereilte ihn 2016 der Ruf des Open-Source-Spezialisten Red Hat, wo er bis 2021 als Managing Director für den österreichischen Markt verantwortlich zeichnete. Seit diesem Jahr ist er in dem ­Unternehmen als Director Worldwide Technology Sales & GTM tätig. Urbantschitsch ist verheiratet und Vater zweier Kinder.