Peter Röhrig, Geschäftsführer und Gründer von MAM Babyartikel im Porträt

NEW BUSINESS - NR. 9, NOVEMBER 2020
»Als ich Anfang der 70er-Jahre die auf dem Markt befindlichen Schnuller analysierte, war relativ rasch klar, dass Design keine Rolle spielte.« © MAM Babyartikel

Sein „Baby“ sind die Schnuller: Bis in die 70er waren Schnuller weder hübsch noch medizinisch zu empfehlen. Erst Peter Röhrig schaffte diesen Spagat.

Dass sich bei ihm einmal alles um „Baby-Zubehör“ drehen würde, hätte er vielleicht zu Beginn selbst nicht gedacht. In erster Linie wollte Peter Röhrig Unternehmer werden. Das war vor rund 50 Jahren. Er hatte die HTL absolviert, war dabei, eine eigene Familie zu gründen, und begab sich auf Ideensuche. Schon sein Vater war als Unternehmer in der kunststoffverarbeitenden Industrie tätig. Aber Röhrig wusste, dass er etwas Eigenes auf die Beine stellen ­wollte, und dachte zwischen Anfang und ­Mitte der 70er-Jahre über verschiedene Ideen nach, die mithilfe der Wirtschaftskammer und des Forschungsförderungsfonds ausgearbeitet wurden. „Eine Idee war eben der Schnuller, und dieser ­hatte eindeutig das größte Potenzial“, so ­Röhrig. Bis jedoch der erste MAM-Schnuller am 2. Mai 1976 in Österreich verkauft wurde und seinen Siegeszug durch die Welt antreten konnte, ­dauerte es noch ein wenig.
Schnullern wurde bis dahin nur wenig Aufmerksamkeit zuteil, wie ­Röhrig erzählt: „Als ich Anfang der 70er-Jahre die auf dem Markt befindlichen Schnuller analysierte, war relativ rasch klar, dass Design keine Rolle spielte. Ein Schnuller war ein Stoppel für den ­Babymund, ein eher emotionsloses Produkt sozusagen, meist elfenbeinfarben gehalten. Ich war überzeugt davon, dass ein Schnuller medizinisch gut sein muss, aber auch schön und bunt sein kann und darf. Mit dieser Idee ging ich auf die Akademie für Angewandte Künste in Wien und traf auf Prof. Beranek, den ich von der Idee überzeugen konnte, Schnuller-Designs zu entwerfen.“
Die fruchtbare Zusammenarbeit mit Prof. Ernst W. Beranek dauert bis heute an und hat dem Industrial Designer unter anderem den Spitznamen „der Nuckelanalyst“ eingetragen. Nicht umsonst zählt Röhrig Prof. Beranek zu seinen treuesten Wegbegleitern, ebenso wie Univ. Prof. Dr. Reinhold Kerbl und Prof. Dr. Karl Zwieauer – „ihre medizinisch-wissenschaftliche Expertise trägt enorm zum Erfolg von MAM bei“ – oder auch Dr. Peter Weiss, der als einer der führenden Forscher im Bereich Schnuller galt. „Er hat wissenschaftlich sehr viel geleistet“, zollt ihm der MAM-Gründer Respekt.
Das Design seiner Produkte hat für ­Röhrig hohe Priorität: „MAM entwickelt nach wie vor Produkte nach dem Motto ‚Form follows function‘, wir geben uns aber besonders Mühe, den natürlich sehr hohen Ansprüchen der KonsumentInnen gerecht zu werden. Design ist sozusagen auch ein Teil unserer DNA. Ein Schnuller ist mittlerweile auch ein Mode-­Accessoire. Wir wechseln unsere ­Motive einmal jährlich, haben unterschiedliche Designs für unterschiedliche Regionen und lehnen uns dabei natürlich auch an Trends in der Mode und dem Interior ­Design an.“
Diese Einstellung war das Fundament für den internationalen Erfolg der Schnuller des Wiener Unternehmers. Den Anfang machte, nach Österreich, der deutsche Nachbarmarkt. „Die Expansion in andere Länder war die logische Konsequenz“, sagt Peter Röhrig und ergänzt: „Zunächst arbeiteten wir Anfang bis Mitte der 80er-Jahre mit Partnern in den USA, Finnland oder der Schweiz zusammen. Die erste MAM-Niederlassung wurde im Jahre 1989 im UK gegründet, kurz darauf folgten Deutschland und Schweden. Anfang der 90er-Jahre wurde der Produktionsstandort Ungarn eröffnet. Heute haben wir zwölf Tochterunternehmen weltweit und sind in mehr als 60 Ländern vertreten. Die ­aktuellste MAM-Niederlassung ist MAM Shanghai, gegründet im Frühjahr 2016. Wir freuen uns sehr auf die spannende Zukunft am chinesischen Markt.“
Die Erfolgsgeschichte von MAM lässt sich aber eben nicht nur auf das Design zurückführen, sondern mindestens genauso auf medizinische ­Gesichtspunkte und die enge Zusammenarbeit mit Experten aus der Praxis. „Hebammen, Kinderärzte und Zahnärzte sind seit jeher unsere wichtigsten Partner, wenn es um die Entwicklung von Babyprodukten geht. Es gab von Anfang an nur positive Reaktionen zur Zusammenarbeit. Kein anderer Mitbewerber hat bis heute ein derartiges Netzwerk an medizinischem Fachpersonal aufbauen können wie MAM“, erzählt Röhrig nicht ohne Stolz und sagt weiter: „Gemeinsam schaffen wir es, Positives für Eltern und deren Kinder zu bewirken, was natürlich ein unheimlich schönes Gefühl ist. So entsteht Begeisterung, die sich in die Firma überträgt.“
Er weiß, dass seine Kundschaft hohe Ansprüche daran stellt, welcher Marke sie vertrauen – tragen Eltern doch große Verantwortung für ihren Nachwuchs: „Mütter und Väter von heute wollen nur die besten Produkte für ihr Baby, sie sind meist gut informiert. Sicherheit und medizinischer Background sind wichtige Faktoren in der Entscheidung für eine Marke, wenn es um Babyartikel geht. Ich denke, dass MAM-Produkte alle diese Erwartungen erfüllen und wir ganz bestimmt noch weitere Schnuller auf den Markt bringen können, die noch besser sein werden.“
Vertrauen ist ein Faktor, der nicht nur im Zusammenhang mit den Kunden und „Nutzern“ der MAM-Produkte eine große Rolle spielt, sondern auch intern, wie Röhrig ausführt: „Die Philosophie der Vertrauenskultur, die seit Langem hier gelebt wird, ist meiner Meinung nach ein Garant für die hohe Zufriedenheit der MitarbeiterInnen. Sie lässt ihnen Freiraum, fördert Diversität und ist von gegenseitigem Respekt und Teamgeist geprägt. Der Mensch steht im Mittelpunkt – we are a Great Place to Work.” Übrigens: Rund drei Viertel der Belegschaft von MAM sind weiblich, rund 50 Prozent haben Kinder. „Das bedeutet, dass vielen bewusst ist, welchen Stellenwert unsere Produkte und die damit verbundenen Themen für die Eltern in dieser speziellen Lebensphase haben.“
44 Jahre nach der Gründung hat MAM fast 1.000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen und stellt 80 Millionen Produkte jährlich her. Was kann man sich da noch wünschen? „Es wäre schön, wenn der MAM-Spirit im Unternehmen trotz des rapiden Wachstums erhalten bleibt. Und natürlich wünsche ich mir weiterhin eine positive wissenschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens, und das in einem vernünftigen und machbaren Rahmen“, so Peter ­Röhrig abschließend. (RNF)


12 FRAGEN AN PETER RÖHRIG

Was wollten Sie als Kind werden?

Unternehmer wie mein Vater.

Was bedeutet Glück für Sie?
Glück ist ein sehr umfangreicher Begriff für mich – stets fröhlich an Zielen arbeiten zu können gehört definitiv dazu.

Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?
„Was. Mut. Macht.“ von Wolfgang Schüssel.

Welche Persönlichkeit inspiriert Sie?
Mich inspirieren Menschen, die mit ganzem Herzblut und voller Begeisterung anderen ehrlich helfen möchten, sowie auch Designer, die den Nutzen für den Menschen im Vordergrund sehen und demnach agieren.

Gibt es ein Lebensmotto, das Sie verfolgen?
Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es auch wieder heraus. Um dieses Motto „aktiv zu betreiben“: Rufe richtig in den Wald hinein!

Mit wem würden Sie gerne einen Tag lang tauschen?
Mit dem UNO-Generalsekretär.

Was war Ihr bisher größter Erfolg?
Beruflich war mein bislang größter Erfolg, die Babyartikel-Marke MAM so aufzubauen und so zu entwickeln, wie sie heute ist, und zugleich Positives für Eltern und ihre Kinder zu bewirken. Im privaten Bereich ist es großartig, gemeinsam mit meiner Frau den Erfolg meiner Söhne erlebt zu haben.

Was ist das Verrückteste, das Sie in ihrem Leben getan haben?
Helikopter-Skiing.

Worüber haben Sie zuletzt gelacht?
Knifflige Frage, da ich sehr häufig und gerne lache ;)

Gibt es etwas, dass Sie schon immer ausprobieren wollten, sich bisher aber nicht getraut haben?
Nein.

Was motiviert Sie, tagtäglich aufzustehen?
Mit Menschen zusammenzukommen!

Wenn Sie ein Tier wären, welches wären Sie dann und ­warum?
Ein großer Vogel, weil ich mir gerne die Welt von oben ansehen würde.


ZUR PERSON
Erfolgreich mit „Kinderkram“
Peter Röhrig wurde 1948 in Wien als Sohn eines Unternehmers in der kunststoffverarbeitenden Industrie geboren. Er absolvierte, ebenfalls in Wien, die HTL für Kunststofftechnik und gründete 1976 die Firma MAM, die neben Schnullern unter anderem auch Babyfläschchen und Beißringe herstellt. Der Erfolg der Firma mit der Zentrale in Wien-Ottakring liegt in Röhrigs Idee begründet, bei seinen Produkten Funktionalität, Sicherheit und Design zu verbinden. Das resultierte in der Führerschaft auf mehreren internationalen Märkten. Peter Röhrig hat zwei Söhne. Den ­Sommer verbringt er gerne an einem See in Österreich und im Winter steht nach wie
vor Skifahren mit der Familie auf dem Programm.