Schwierige Nachfolger-Suche für Milchbauern © APA - Austria Presse Agentur
Der europäische Milchmarkt hat sich laut dem Milchverband Österreich im Vorjahr "stabil" entwickelt. Dennoch haben 850 heimische Milchbauern die Produktion eingestellt. Die österreichischen Milchverarbeiter hätten 2024 einen Erlösanstieg um 1,7 Prozent auf 4 Mrd. Euro verzeichnet, sagte Milchverband-Präsident Helmut Petschar am Dienstag. Die in der Slowakei und Ungarn kürzlich aufgetretene Maul- und Klauenseuche (MKS) schwebe wie ein Damoklesschwert über der Branche.
Wenn ein MKS-Fall bei Kühen in Österreich auftrete, dann wäre die Milchwirtschaft enorm betroffen, sagte Verbandspräsident und Kärntnermilch-Chef Petschar. Andere Länder würden dann für eine gewisse Zeit keine Milchprodukte mehr aus Österreich importieren, obwohl von pasteurisierter Milch und den daraus hergestellten Milchprodukten für den Menschen keine gesundheitliche Gefahr ausgehe. Für die österreichischen Molkereien steht beim Export viel auf dem Spiel: Im Vorjahr stiegen die Ausfuhren von heimischen Molkereiprodukten um 3 Prozent auf 1,8 Mrd. Euro. Nach den MKS-Fällen in den östlichen Nachbarstaaten im März habe es Verunsicherung bei ausländischen Molkerei-Kunden gegeben, sagte Petschar am Dienstag bei einer Pressekonferenz in Wien. Man habe dies aber klären können, die Exporte würden normal weiterlaufen.
An Bauern ausgezahlter Milchpreis auf hohem Niveau
Der an die Bauern ausgezahlte Erzeugermilchpreis hat sich nach der Milchpreiskrise 2015/16 stabilisiert und liegt seit 2022 auf hohem Niveau. Der Erzeugerpreis für konventionelle Milch mit 4 Prozent Fett lag 2024 im Schnitt bei netto 47 Cent/Kilogramm, nach 49 Cent im Jahr davor. Zum Vergleich: 2016 waren es nur 28 Cent. Für Heumilch erhielten die Bauern zuletzt einen Zuschlag von 3 Cent und für Biomilch von 7 Cent. Das von den Molkereien ausbezahlte durchschnittliche Milchgeld pro Lieferant stieg 2024 um 2,4 Prozent auf rund 94.450 Euro, die Anlieferung pro Lieferant stieg um 5,3 Prozent. Aufgrund der gestiegenen Kosten sei die Ertragslage der Molkereien "sehr minimal", so der Milchverband-Präsident.
Rund 60.000 Milchbauern hörten seit EU-Beitritt auf
Seit dem EU-Beitritt Österreichs im Jahr 1995 hat es einen massiven Strukturwandel in der heimischen Milchwirtschaft gegeben. Im Jahr 1994 gab es noch knapp 82.000 Milchbauern in Österreich, im Jahr 2024 waren es nur mehr 21.569. Gegenüber 2023 ging die Zahl der Milchlieferanten um 850 oder 3,8 Prozent zurück. Die Anzahl der Milchkühe pro Betrieb stieg zwischen 1994 und 2024 von 9,8 auf 24,8 und die Jahres-Milchanlieferung pro Betrieb schnellte in den letzten 30 Jahren von 27 auf 166 Tonnen pro Betrieb. Viele Nebenerwerbs-Milchbauern haben in den vergangenen drei Jahrzehnten aufgehört. Der Milchverband-Präsident erwartet in den kommenden Jahren einen weiteren Rückgang bei der Zahl der Milchbauern, weil junge Menschen den landwirtschaftlichen Betrieb der Eltern nicht übernehmen wollen.
Die Preisverhandlungen zwischen den vier großen Lebensmittelhändlern Spar, Rewe (u.a. Billa), Hofer sowie Lidl mit einem Marktanteil von über 90 Prozent und den Molkereien werden laut Branchenvertreter Petschar "immer brutaler". Für Aufsehen hat der teils öffentlich geführte Lieferstreit zwischen NÖM und Spar von Oktober 2024 bis Februar 2025 geführt. Trotz der relativ hohen Erzeugerpreise-Milchpreise für Bauern sei die Milchmenge in den vergangenen Jahren nicht deutlich mehr geworden. "Zukünftig wird es um die Versorgungssicherheit gehen." Der Handel sei "gut beraten", auf die wirtschaftliche Situation der Milchbauern "zu schauen".
Milchverband-Geschäftsführer Johann Költringer verwies darauf, dass Milchprodukte 2024 "keine Inflationstreiber" gewesen seien. In Österreich seien die Verbraucherpreise für Milchprodukte in Summe nominell billiger geworden.
Herkunftskennzeichnung weiter gefordert
Von der neuen Regierung wünscht sich Petschar Unterstützung für die Qualitäts- und Nachhaltigkeitsstrategie der Milchwirtschaft. Der Verband drängt weiter auf eine Molkereiprodukte-Herkunftskennzeichnung bei verarbeiteten Lebensmitteln und in der Gastronomie.