AK kritisiert Mietwucher im Wiener Altbau © APA - Austria Presse Agentur
Die Kaufpreise für Zinshäuser in Wien sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Laut einer Studie der Arbeiterkammer (AK) Wien gemeinsam mit der Technischen Universität (TU) Wien war ein durchschnittliches Altbau-Miethaus im Jahr 2000 noch um 573.000 Euro zu haben, 2022 kostete ein solches Gebäude inflationsbereinigt im Schnitt bereits 3,5 Mio. Euro und damit um 511 Prozent mehr. "Die Preise sind außer Rand und Band", sagte AK-Ökonom Thomas Ritt am Montag.
Ritt sprach auf einer Pressekonferenz von einer "wahnsinnigen Preisdynamik", der Preisanstieg sei deutlich höher als die Inflation, die im Zeitraum von 2000 bis 2021 bei 62 Prozent gelegen sei. Die Baukosten seien in der Zeit um 98 Prozent gestiegen. Die höheren Kaufpreise müssten wieder hereingeholt werden, "Mietwucher ist Voraussetzung für das Geschäftsmodell", sagte Ritt. AK-Berechnungen zufolge sind an die 90 Prozent der Mieten im Altbau überhöht.
AK: Der klassische Wiener Hausherr stirbt aus
Auf Seite der Käuferinnen und Käufer hat der Anteil der gewerblichen Käufer laut AK in dem Zeitraum deutlich zugenommen. "Der klassische Wiener Hausherr stirbt aus, es geht in Richtung Professionalisierung und das hat auch preisliche Folgen", kritisierte Ritt.
Für die Refinanzierung der Investition haben Hauskäufer laut AK mehrere Möglichkeiten, "legal geht das in den seltensten Fällen", sagte Ritt. Eine Möglichkeit sei Abriss und Neubau, so könne die Zahl der Wohnungen erhöht werden und der Neubau unterliegt nicht mehr dem Mietrechtsgesetz (MRG). Eine weitere Möglichkeit sei es, die Wohnungen als Eigentum zu verkaufen, auch damit unterliegen sie nicht mehr dem MRG. Auch bei einem Dachgeschossausbau fallen die neuen Wohnungen aus dem MRG. "Eines ist allen diesen Strategien gemeinsam: Die Mieter müssen raus", meinte Ritt. Neue Mietverträge seien dann meist deutlich teurer und in vielen Fällen befristet.
Mietverträge im Altbau, also bei Gebäuden, die vor 1946 errichtet wurden, unterliegen in Wien dem Mietrechtsgesetz (MRG). Das Gesetz enthält mietrechtliche Bestimmungen, die meist dem Schutz der Mieterinnen und Mieter dienen. Unter anderem ist die Höhe der Miete reguliert. Mietverträge für Wohnungen im Neubau sind hingegen nur zum Teil vom MRG abgedeckt, viele Bestimmungen zum Schutz der Mieterinnen und Mieter gelten hier nicht oder nur eingeschränkt.
Ein Fünftel der Wiener Mietwohnungen sind in Altbau-Häusern
Die Studie wurde auf Basis der Kaufpreissammlung der Stadt Wien erstellt, dabei handle es sich um eine Datenbank zu Liegenschaftstransaktionen, die seit 1986 geführt wird. Demnach gibt es in Wien rund 20.000 Altbau-Mietshäuser, zwischen 2000 und 2022 wechselten rund 6.400 dieser Häuser den Eigentümer, manche Gebäude wurden auch mehrfach verkauft. Rund ein Fünftel der 1,07 Millionen Wohnungen in Wien sind in Altbau-Mietshäusern. Mit 97 Prozent waren fast alle der verkauften Gebäude zum Zeitpunkt der Transaktion bewohnt.
Die AK bietet Mieterinnen und Mietern einen kostenlosen Check ihrer Altbau-Mieten. Neben Beratung und Unterstützung sei aber eine Novellierung des Mietrechts notwendig. Demnach müssten unter anderem die Zuschläge neu geregelt und mit 25 Prozent gedeckelt werden, außerdem sollen nach Vorstellung der AK alle Häuser, die älter als 30 Jahre sind, als Altbau gelten. Auch befristete Mietverträge sieht die AK als Problem, denn Mieterinnen und Mieter in befristeten Verträgen mit zu hohen Mieten würden sich nicht trauen, ihre Vermieter zu klagen. Die Interessenvertretung fordert außerdem höhere Strafen für Mietwucher.
Immo-Wirtschaft sieht Markt inzwischen "in ruhigem Fahrwasser"
Der Österreichische Verband der Immobilienwirtschaft (ÖVI) sieht den Wiener Zinshausmarkt hingegen wieder "in ruhigem Fahrwasser", das Preisniveau habe 2022 ein historisches Hoch erreicht und sei seither um gut ein Drittel gesunken, schrieb der Verband in einer Aussendung am Montag. Demnach gebe es Rechtsunsicherheit aufgrund von "oftmals überschießenden Verbandsklageverfahren der AK", die es schwer machten, Mietverträge so zu formulieren, dass sie noch einige Jahre Bestand hätten. Kurzfristige Mietverträge seien daher "die logische Konsequenz". Der Verband fordert eine Klarstellung der rechtlichen Rahmenbedingungen für Wertsicherungsklauseln in Mietverträgen, die Entwicklung gesetzlicher Mustermietverträge für verschiedene Anwendungsbereiche und eine Evaluierung des Richtwertsystems.