Angesichts steigender Touristenzahlen viel zu wenige Taxi-Lizenzen © APA - Austria Presse Agentur

Unter sengender Sonne warten Schlangen verschwitzter Touristen mit schweren Koffern auf ein Taxi vor Roms Hauptbahnhof Termini. Die Wartezeit ist lang: Urlauber mit Kleinkindern an der Hand stöhnen wegen der Hitze. Oft müssen sie bis zu eine Stunde warten, bis ein Taxi auftaucht. Ausgerechnet in der Sommersaison bekommt Italiens Hauptstadt akute Probleme mit den Taxis und den öffentlichen Verkehrsmitteln.

Besonders abends ist es schwierig, ein Fahrzeug zu finden und an regnerischen Abenden ist es fast aussichtslos. Nicht nur Touristen kämpfen mit dem Problem der mangelnden Taxis. Einheimische, die telefonisch bei der Taxizentrale ein Auto bestellen wollen, hängen oft eine halbe Stunden lang in der Warteschleife und geben dann auf. Auch die App mehrerer Taxidienste, mit denen man theoretisch ein Fahrzeug bekommen soll, antwortet einfach: "kein Auto".

Nach Untersuchungen der Marktaufsichtsbehörde versuchen monatlich tausende potenzielle Kunden in Rom vergeblich einen Wagen zu bestellen. Zwischen 40 und 50 Prozent der Anrufe fallen ins Leere. Termine platzen, die Bürger sind verärgert, auch weil das System der öffentlichen Verkehrsmittel ineffizient ist und nicht immer eine wirkliche Alternative zum Taxidienst bietet, wenn man an bestimmte Orte der Stadt gelangen will.

Die Taxler sind in Italien seit jeher eine einflussreiche Berufsgruppe, die sich zäh gegen Liberalisierungsmaßnahmen stemmt - nicht nur in Rom, sondern im ganzen Land. Taxifahrer in italienischen Großstädten verhindern sowohl den Markteintritt von Uber, als auch die Erhöhung der Konzessionszahlen. In Rom, wie in Neapel, Florenz, Bologna und weiteren Großstädten des Landes gibt es angesichts der steigenden Touristenzahlen viel zu wenige Taxis. In den 110 größten Städten Italiens zählt man circa 23.000 Konzessionen, mehr oder weniger so viele wie vor 20 Jahren, wie aus dem Bericht der Verkehrsaufsichtsbehörde an das Parlament hervorgeht.

In der Hauptstadt Rom mit seinen drei Millionen Einwohnern gibt es 7.600 Taxikonzessionen. Zum Vergleich: In der spanischen Hauptstadt Madrid mit 3,3 Millionen Einwohnern sind es doppelt so viele. London zählt 14.600 Taxi-Lizenzen und Paris 17.500. In Rom kommt der Wagen nur für eine Schicht pro Tag, also für acht Stunden, zum Einsatz. Angesichts des Touristenbooms, der in Rom nach der Coronapandemie herrscht, ist dies viel zu wenig.

Roms Tourismus zählt heuer so viele Besucher wie nie zuvor. Bürger und Politiker machen sich bereits Sorgen wegen des katholischen Jubiläumsjahres, das am 24. Dezember beginnt. 30 Millionen Pilger aus der ganzen Welt werden anlässlich des großen Kirchenevents erwartet, das alle 25 Jahre stattfindet. Darüber hinaus werden Mailand und der Dolomiten-Skiort Cortina d'Ampezzo die Olympischen Winterspiele 2026 ausrichten.

Mario Draghi wollte als Premierminister im Sommer 2022 mehr Wettbewerb schaffen. Doch nachdem die Taxifahrer Rom aus Protest tagelang blockiert hatten, musste er aufgeben. Die Nachfolgeregierung unter Giorgia Meloni machte in den letzten Monaten einen neuen Anlauf, das System der Taxilizenzen zu liberalisieren und mehr Konkurrenz zuzulassen. Bis dato hat sich aber nichts geändert. Jeder Reformversuch wird von den Taxifahrern hartnäckig abgeschmettert.

Premierministerin Meloni ist nun unter Zugzwang: Sie weiß, dass Taxifahrer treue Wähler der rechten Koalitionsparteien Fratelli d'Italia und Lega sind und will ihre Wählergruppe nicht verärgern. Denn sie ist sich bewusst, dass es sie teuer zu stehen kommt, wenn die gut organisierte Lobby der Taxifahrer streikt. Dann bricht in den Großstädten der ganze Verkehr zusammen - oft tagelang. Die Taxler sind durch starke Gewerkschaften vertreten, die seit Jahren gegen jeden Versuch, den Sektor zu liberalisieren und den Markt zu öffnen, wütend protestieren und streiken.

Der Korporatismus dieser kleinen, aber mächtigen Gruppe ist für die Regierung Meloni schwer zu knacken. Denn die Taxifahrer verteidigen mit allen Mitteln ihre Taxilizenz und stemmen sich hartnäckig gegen die Vergabe neuer Konzessionen. Nach einem Gesetz von 1992 dürfen Taxifahrer allein entscheiden, an wen sie ihre Lizenzen weitergeben - sollten sie ihren Job an den Nagel hängen. Die wenigen frei werdenden Lizenzen werden auf dem Markt für Preise zwischen 150.000 und 200.000 Euro gehandelt, können aber auch "vererbt" werden. Kein Wunder, dass sich die Taxler gegen jegliche Liberalisierungsmaßnahme stemmen.

Die Taxilobby behauptet, dass an den Missständen in Rom nicht die niedrige Zahl von Fahrzeugen schuld sei, sondern das ineffiziente Netz der öffentlichen Verkehrsmittel. Wenn mehr Busse, mehr U-Bahnen fahren würden, sei die gegenwärtige Zahl der Taxis doch völlig ausreichend, lautet das Argument.

In dieser chaotischen Situation versucht die Regierung Meloni, etwas mehr Klarheit im intransparenten System der Taxilizenzen zu schaffen. So hat sie vor wenigen Tagen ein Dekret zur Einrichtung eines nationalen öffentlichen Registers der Unternehmen erlassen, die über eine Lizenz für Taxidienstleistungen verfügen, sowie der Firmen, die Autos, Motorräder und Limousinen mit Fahrer vermieten. Das Dekret soll dazu dienen, einen Gesamtüberblick über die Taxilizenzen im ganzen Land zu erhalten und eine effiziente Regulierung des Markts zu ermöglichen, teilte das Verkehrsministerium in Rom mit.

Den Unternehmen wird eine Frist von 90 Tagen gesetzt, um sich in das Register einzutragen. Dieses Dekret sei Teil eines Gesamtrahmens, der darauf abzielt, die Taxi-Dienstleistungen zum Nutzen der Bürger zu verbessern, betonte Verkehrsminister Matteo Salvini. Ob das Dekret die Missstände für Einheimische und Touristen in Rom und in anderen italienischen Städten beheben wird, ist höchst umstritten.