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Kocher sieht Vorkrisenniveau fast erreicht © APA - Austria Presse Agentur

Der kräftige Wirtschaftsaufschwung hat die Arbeitslosigkeit fast auf das Niveau vor der Coronakrise sinken lassen. Aktuell sind 272.578 Personen beim Arbeitsmarktservice (AMS) arbeitslos gemeldet und 63.576 befinden sich in AMS-Schulungen, geht aus den wöchentlichen Arbeitslosenzahlen hervor. Die Zahl der Jobsuchenden sank gegenüber der Vorwoche um 5.264, die Anzahl der Schulungsteilnehmer stieg um 2.646.

Im Vergleich zu 2020 sind derzeit um 82.700 Menschen weniger arbeitslos gemeldet. "Wir haben am Arbeitsmarkt mittlerweile beinahe das Vorkrisenniveau erreicht, mit nur mehr 2.500 Arbeitslosen mehr als 2019", sagte Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) am Dienstag bei einer Pressekonferenz mit Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) in Wien. Der Anstieg der Schulungen sei ein "typischer Effekt im September", weil wieder mehr Schulungsprogramme gestartet sind.

Die Anmeldungen zur Kurzarbeit sind auf derzeit 58.812 wieder leicht nach oben gegangen. Die Corona-Kurzarbeit für besonders betroffene Betriebe - etwa Luftfahrt oder Stadthotellerie - läuft vorerst noch bis Ende Dezember, für andere Unternehmen gibt es das Covid-Kurzarbeitsmodell mit reduzierter Förderhöhe bis Ende Juni 2022. Es werde im Laufe des Novembers Gespräche zur Zukunft der Corona-Kurzarbeit geben, sagte Kocher auf Journalistennachfrage. Derzeit warte man die weitere Entwicklung der Kurzarbeitszahlen ab.

Aufgrund der Erholung des Arbeitsmarkts achte das AMS seit Sommer wieder stärker auf die Verbindlichkeit bei der Vermittlung. Heuer im August wurden 2.850 Arbeitslosengeld-Sperren durch das AMS verhängt, im August 2019 waren es 2.700. Sperren gibt es, wenn Arbeitslose angebotene Arbeitsplätze oder Schulungen verweigern.

Angesichts der Rekordzahl an offenen Stellen verzeichnete das AMS auch eine positive Tendenz bei der Stellenbesetzung. Die Zahl der Vermittlungen sei von 295.000 im August 2019 auf 363.000 heuer im August gestiegen. "Es gibt wieder eine hohe Dynamik", kommentierte Kocher die aktuelle Arbeitsmarktlage.

Finanzminister Blümel verwies auf die positive wirtschaftliche Entwicklung. Laut wöchentlichem Wifo-Wirtschaftsindex für den Zeitraum 23. August bis 5. September lag das Bruttoinlandsprodukt um 1,4 Prozent (Kalenderwoche 34) bzw. 1,1 Prozent (Kalenderwoche 35) über dem Vorkrisenniveau. Im Vergleich zur selben Kalenderwoche im Vorjahr war das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 4,7 Prozent bzw. 3,5 Prozent höher. "Diese Entwicklung ist positiv für den Arbeitsmarkt und die Steuereinnahmen und somit auch für das Budget", sagte Blümel. Die Entwicklung seit Beginn des Jahres habe "sich bereits durch die Öffnungsschritte im Frühling und nun im Sommer weiter verbessert".

Die wirtschaftliche Erholung zeigt sich auch bei den sinkenden Antragstellungen für Corona-Wirtschaftshilfen und dem ausbezahlten Fördervolumen. Beim Ausfallsbonus gab es im Jänner laut Finanzministerium mehr als 110.000 Antragsteller mit einem beantragten Volumen von mehr als 615 Mio. Euro. Im Juni sank die Zahl auf 34.000 Antragsteller (128 Mio. beantragtes Volumen) und für Juli sind bis dato 5.700 Anträge mit einem Volumen von 28 Millionen eingegangen.

Beim Härtefallfonds wurden im Jänner über 110.000 Antragsteller verzeichnet - im Juni waren es weniger als 70.000. Das ausbezahlte Volumen reduzierte sich laut Ministerium um rund 40 Prozent - von über 140 Mio. Euro auf ca. 85 Mio. Euro.

Seit Anfang August können Unternehmen im Rahmen eines Amnestie-Programms zu hoch beantragte Covid-19-Förderungen bis Jahresende bei der COFAG korrigieren. Zum Stichtag 8. September sind laut Finanzministerium über 250 Korrekturmeldungen eingelangt - welche einen Betrag von über 3,5 Mio. Euro umfassen. Eine freiwillige Korrektur bewahrt Unternehmen vor einer etwaigen Anzeige, zu der die Finanzverwaltung bei Missständen verpflichtet ist. "Derzeit gehen wir davon aus, dass es nicht zu einer überdurchschnittlichen Missbrauchsrate gekommen ist", sagte der Finanzminister auf Nachfrage. Jeder Förderfall werde aber noch einmal überprüft.

SPÖ-Sozialsprecher Josef Muchitsch forderte von Kocher und Blümel eine größere Joboffensive. "Ich erwarte mir von den Ministern gezielte Beschäftigungsprogramme im Kampf gegen die Arbeitslosigkeit und nicht, dass sie nur an den Seitenlinien stehen und Zahlen kommentieren", so Muchitsch in einer Aussendung. FPÖ-Wirtschaftssprecher Erwin Angerer drängte darauf, bei der von ÖVP und Grünen geplanten Arbeitsmarktreform, unter anderem auch "die Senkung der viel zu hohen Lohnnebenkosten" sowie den Lehrlings- und Facharbeitermangel ins Blickfeld zu nehmen. Dass Problem sei, dass "Arbeiter und Angestellte - die Leistungsträger unserer Gesellschaft - schlicht und einfach zu wenig verdienen".

Die NEOS plädieren angesichts der Wirtschaftserholung für eine Nachschärfung bei den Corona-Wirtschaftshilfen, etwa bei der Kurzarbeit oder dem Ausfallsbonus. "Die Regierung darf den Arbeitsmarkt nicht weiter mit dem Kriseninstrument Corona-Kurzarbeit konservieren", sagte NEOS-Wirtschafts- und Sozialsprecher Gerald Loacker.