Debatte zwischen Bauernvertretern und Handel geht weiter. © APA - Austria Presse Agentur

Nach der scharfen Kritik von Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) am Lebensmittelhandel versucht Billa die Wogen zu glätten. Das Management der Supermarktkette lädt die Ministerin für 4. Oktober zu "Tischgesprächen" ein, um gemeinsam mit Landwirtschaft, Konsumentenschutz und Kundenvertretern kontroversielle Themen, Vorwürfe und Vorurteile, aber auch Verbesserungsmöglichkeiten zu diskutieren, geht aus einer Einladung von Billa von Montag hervor.

Spar-Chef Fritz Poppmeier hingegen weist die "aggressiven Aussagen" von Ministerin Köstinger zurück. Diese seien nur politisches Aufdrehen vor dem Hintergrund anstehender Wahlen und hätten absolut nichts mit der tatsächlichen Wirklichkeit zu tun, heißt es in einem schriftlichen Statement von Poppmeier zur APA. "Bei Mengenaktionen, die ja immer mit den Herstellern vereinbart sind und in den allermeisten Fällen von ihnen sogar ausdrücklich gewünscht werden, um oft auch Übermengen zu verkaufen, teilen sich Hersteller und Händler die reduzierte Marge."

Köstinger hatte am Wochenende in einem "profil"-Interview schwere Vorwürfe gegen die großen Lebensmittelketten Billa, Spar und Hofer erhoben. Die Bauern hätten keine Chance gegen deren Übermacht. "Das sind zum Teil erpresserische Zustände. Wer sich wehrt, wird ausgelistet. Das ist kein fairer Wettbewerb, das sind unfaire Praktiken", sagte Köstinger im "profil".

Der Lebensmittelhandel in Österreich ist stark konzentriert. Spar, Rewe (Billa, Billa Plus, Penny, Adeg) und Hofer kommen zusammen auf einen Marktanteil von fast 90 Prozent.

Es gäbe ein Missverhältnis zwischen den Erzeugerpreisen und Konsumentenpreisen, so Köstinger laut dem Bericht. "Steigen die Preise für Konsumenten, schöpft der Handel diese Marge ab und gibt sie nicht an die Bauern weiter. Zahlen die Konsumenten weniger, trägt das nicht der Handel, sondern der Bauer bekommt entsprechend weniger." Die Konsumenten würden vom Handel getäuscht, sagte Köstinger. "Der Preiskampf findet jeden einzelnen Tag am Regal statt. Der Handel lockt die Kunden mit billigen Eiern oder billiger Milch. Was die Ketten da verlieren, holen sie sich durch Aufschläge bei anderen Produkten wieder herein."

Der Handel wies die Vorwürfe der Ministerin von sich. Eine Economica-Studie im Auftrag des Fachverbandes des Lebensmittelhandels in der Wirtschaftskammer Österreich kam kürzlich zu dem Ergebnis, dass im Gesamtdurchschnitt 24,5 Prozent des Regalpreises auf die Landwirtschaft und knapp 18 Prozent auf die Lebensmittelindustrie fallen. Mit einem Anteil von 16,5 Prozent am Regalpreis liege der Lebensmitteleinzelhandel an dritter Stelle. Die Umsatzrendite würde hingegen mit weniger als einem Prozent überaus bescheiden ausfallen, hieß es damals von Studienautor Peter Voithofer.

Die Landwirtschaftskammer wiederum verweist auf eine Wifo-Studie, derzufolge sich der Anteil der Landwirtschaft an der Wertschöpfungskette von 20,2 Prozent im Jahr 2005 auf 17,5 Prozent im Jahr 2019 reduziert hat. Gemessen am BIP ist der Anteil von 0,9 auf 0,8 Prozent gesunken. In absoluten Größen hat die Wertschöpfung zwar zugenommen, aber nicht so deutlich wie in anderen Sektoren. Während etwa die Wertschöpfung in der Lebensmittelverarbeitung im Zeitraum 2005 bis 2019 real um 34 Prozent, im Einzelhandel von Nahrungsmitteln und Getränken um 44 Prozent und in der Gastronomie um fast 50 Prozent zugenommen hat, betrug der Zuwachs in der Landwirtschaft nur 10 Prozent.