Zweiter Verhandlungstag am Wiener Kartellgericht © APA - Austria Presse Agentur

In der Causa Brau Union ist am Wiener Kartellgericht ein ehemaliger niederösterreichischer Getränkehändler befragt worden. Es wurde von der Brau Union "toleriert", dass man auch andere Biermarken an Gastronomen und Veranstalter verkauft habe, sagte der Ex-Getränkehändler am Dienstag bei seiner Befragung. Man habe aber den "wirtschaftlichen Druck" verspürt, die Partnerschaft mit der Brau Union nicht zu vernachlässigen.

Im Fokus des Kartellverfahrens steht die Zusammenarbeit des Braukonzerns mit Getränke-Logistikpartnern. Die als Logistikpartner fungierenden unabhängigen Getränkehändler liefern Bier und andere alkoholfreie Getränke auf Rechnung der Brau Union aus, können aber auch sogenannte "Fremdbiere" von anderen Brauereien verkaufen. Die Brau Union liefert auch selbst aus. Der ehemalige Getränkehändler verkaufte auch Bier unter anderem von Zwettler, Schremser sowie Ottakringer und war neben der Gastronomie stark im Event- und Festivalgeschäft aktiv. Im Jahr 2020 kam es zu wirtschaftlichen Streitigkeiten mit der Brau Union inklusive Aufkündigung der Logistik-Partnerschaft, 2021 musste der Händler Insolvenz anmelden. Teile des Getränkehändlers wurden im Rahmen des Sanierungsverfahrens vom Großhändler Kiennast übernommen.

Zu viel Fremdbier als "Damoklesschwert"

Der Ex-Unternehmer gab einen Einblick in die Zusammenarbeit mit Österreichs größtem Bierkonzern. "Wir lebten die Brau-Union-Verbindung und wollten aber auch ein unabhängiger Getränkehändler sein." Es sei als "Damoklesschwert" über einen geschwebt, dass man Probleme mit der Brau Union bekomme, wenn man zu viel Fremdbier verkaufe. Die vorsitzende Kartellgericht-Richterin Ramona Wieser fragte nach möglichen Sanktionen des Braukonzerns. Die Brau Union habe mit der Streichung von Liefer-"Strecken" gedroht oder angedeutet, Neukunden, die der Getränkehändler selbst akquiriert hatte, selbst zu beliefern. Es sei auch ein Vertriebsleiter des Braukonzerns "mit einer gewissen Selbstverständlichkeit hinten rein ins Lager gegangen", um auch den Fremdbier-Anteil in Augenschein zu nehmen, sagte der Ex-Getränkehändler vor dem Kartellgericht. Seit dem Management-Wechsel bei Brau Union im Jahr 2018 habe man mehr Druck verspürt.

Aus Sicht der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) hat die Brau Union ihre marktbeherrschende Stellung missbraucht, um den Markteintritt konkurrierender Bierhersteller zu beschränken und bestehende Getränkehändler vom Markt zu verdrängen. Die Brau Union sieht hingegen keine kartellrechtliche Problematik bei der Zusammenarbeit mit Getränke-Logistikpartnern und -Händlern. Zur Heineken-Tochter Brau Union gehören unter anderem die Biermarken Fohrenburger, Gösser, Puntigamer, Schwechater, Villacher und Zipfer. Rund die Hälfte der gesamt 10 Millionen Hektoliter Bier, die hierzulande jedes Jahr produziert werden, stammen von Österreichs Marktführer.

Brau Union legte Logistikpartner-Vertragsentwurf vor

Die Brau Union hat der BWB vor einigen Tagen einen Vertragsentwurf für die künftige Zusammenarbeit mit Getränke-Logistikpartnern vorgelegt. Die BWB will den Vertrag in den nächsten vier Wochen prüfen. Man habe "versucht, die bestehende Praxis klar festzuschreiben", um mögliche Missverständnisse auszuräumen, sagte ein Brau-Union-Anwalt bei der Kartellgerichts-Verhandlung.

Die BWB hatte im Juni 2024 beim Kartellgericht einen Antrag auf Verhängung "einer angemessenen Geldbuße" und Abstellung von Zuwiderhandlungen wegen Verstößen gegen das Missbrauchs- und Kartellverbot gegen die Brau Union gestellt. Der BWB-Antrag beläuft sich auf 260 Seiten plus 145 Beilagen. Auf Wunsch der Richterin haben die Wettbewerbshüter den Antrag konkretisiert und die vorgeworfenen Verstöße detaillierter erklärt.

Rewe-Rekordkartellstrafe als Paradigmenwechsel?

Nach der im Februar 2025 verhängten Kartell-Rekordstrafe gegen die Billa-Mutter Rewe in Höhe von 70 Mio. Euro wird auch der Brau-Union-Fall in der Handels- und Lebensmittelbranche mit Spannung verfolgt. Die Festsetzung der Rekordstrafe basierte auf dem Jahresumsatz der deutschen Rewe-Gruppe. Die Kartell-Strafrahmenobergrenze beträgt bis zu 10 Prozent des Umsatzes. Die Brau-Union-Mutter Heineken würde bei einer Geldstrafe mithaften, ist aber ausdrücklich nicht von den Ermittlungen betroffen und hat auch keine Verstöße begangen, hieß es von der BWB. Maßstab für die Geldbußenbemessung wäre der gesamte Konzernumsatz von Heineken, der im Jahr 2024 bei rund 36 Mrd. Euro lag.

Rechtsvertreter von Brau Union und Heineken bestritten bei der heutigen Verhandlung am Kartellgericht erneut "kontrollierenden Einfluss" des niederländischen Konzerns auf die Brau Union Aktiengesellschaft im Sinne des Kartellrechts. Der Braukonzern will dies im Kartellverfahren auch mit der Zeugeneinvernahme von Heineken-Managern untermauern. Im September sind weitere Verhandlungstermine vorgesehen.