Nach neuen Milliardenverlusten will die Deutsche Bahn (DB) mit Stellenstreichungen und Ausgabenkürzungen aus den roten Zahlen kommen. Nicht nur die Gleise müssten saniert, sondern auch die Güterbahn und der Personenverkehr wieder profitabel werden, erklärte der Staatskonzern am Donnerstag. Dies wird auch das Personal treffen: "Wir müssen mehr Bahn mit weniger Menschen schaffen", kündigte Finanzvorstand Levin Holle an.

Es gehe über fünf Jahre um 30.000 Stellen, die in erster Linie in der Verwaltung gekürzt würden. Allein heuer sollen dort 1.500 Arbeitsplätze wegfallen. An anderer Stelle könnten aber neue Jobs entstehen, Betriebspersonal etwa werde weiter gesucht. Insgesamt hat die Deutsche Bahn rund 211.000 Beschäftigte in Deutschland.

Der deutsche Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) zeigte sich angesichts der Verluste besorgt: "Die Bilanzzahlen zeigen den dringenden Handlungsbedarf." Der Bund gebe das Geld für das Netz. Die Bahn müsse aber wirtschaftlicher werden.

Im ersten Halbjahr fuhr der deutsche Staatskonzern unterm Strich, also nach Zins- und Steuerzahlungen, einen Verlust von 1,2 Mrd. Euro ein. Im Vorjahreszeitraum war es nur ein knappes Minus von 70 Mio. Euro gewesen. Allein im operativen Geschäft fiel ein Verlust von 680 Mio. Euro an. Der Umsatz ging bereinigt um 3 Prozent auf 22,3 Mrd. Euro zurück. Das Minus führte die Bahn auch auf Unwetter und die Lokführer-Streiks im Frühjahr zurück, die 300 Mio. Euro gekostet hätten. Dass die Deutsche Bahn dennoch im Gesamtjahr einen Gewinn vor Steuern und Zinszahlungen (EBIT) von rund einer Milliarde Euro erreichen will, liegt an Rückzahlungen des Bundes. Die Bahn war für die Sanierung von Strecken 2023 und auch 2024 in Vorleistung gegangen.

Der Konzern räumte ein, dass die Eisenbahn in Deutschland durchwegs Verluste produziert. Im März hatte er bereits mit einer Ausgabensperre reagiert, mit der 2024 mehrere hundert Millionen Euro eingespart werden sollen.

Wegen mangelnder Pünktlichkeit und der Netzsanierung sei beispielsweise der Passagierzustrom im Fernverkehr abgeebbt. Es fuhren noch 64 Millionen Menschen mit IC und ICE, vier Millionen weniger als im Vorjahreszeitraum. Die Pünktlichkeit werde im Gesamtjahr zwischen 63 und 67 Prozent liegen, deutlich unter den angepeilten 70 Prozent. Der Betriebsverlust der Sparte stieg so auf 230 Mio. Euro. Zudem mache sich das günstige Deutschlandticket im Nahverkehr bemerkbar, durch das mehr Menschen mit Regional- statt Fernzügen führen.

In einem Reuters vorliegenden Strategiepapier deutet die Sparte auch Ausdünnungen von Strecken in Randbereichen an. Man werde ein zuverlässiges Grundangebot in den Regionen fahren, "wo immer es wirtschaftlich tragfähig ist", heißt es dort. Von den Fernverbindungen schrieben 60 Prozent Verluste, gerade die Randstrecken. Man werde das Angebot "neu adjustieren". Bahnchef Richard Lutz bestritt jedoch, dass die Bahn derzeit Kürzungen plane. Der Fahrgastverband "Pro Bahn" äußerte dagegen Verständnis: "Es gibt Strecken, da fährt der ICE nicht schneller als der Regionalexpress. Da fahren die Leute selbstverständlich mit dem Deutschlandticket als teuer im ICE", sagte Verbandschef Detlef Neuß der "Rheinischen Post". Außerdem handle es sich dabei schon immer um problematische Strecken für die Bahn.

Die Güterbahn machte nicht nur mehr Verlust, sondern transportierte im ersten Halbjahr auch zehn Prozent weniger Fracht. Die Sparte ist in einer Dauerkrise. Im ersten Halbjahr wuchs das Minus auf 260 Mio. Euro, um ein Drittel mehr als im Vorjahr. Die EU will den jahrelangen Ausgleich der Verluste von DB Cargo durch den Gesamtkonzern nicht mehr hinnehmen, da er den Wettbewerb mit anderen Bahn-Unternehmen verzerrt. Der deutsche Bund verhandelt seit Monaten mit der Kommission.

Nennenswert schwarze Zahlen schrieb allein die internationale Spedition Schenker, die zum Verkauf steht. Sie erzielte einen Betriebsgewinn von 520 Mio. Euro, aber auch dies waren um 100 Mio. Euro weniger als im Vorjahreszeitraum. Die Bahn will für Schenker noch dieses Jahr einen Käufer finden. Die Erlöse sollen vor allem in den Schuldenabbau fließen. Der Konzern ist trotz einer Kapitalerhöhung von 3 Mrd. Euro durch den Bund in diesem Jahr mit 33 Mrd. Euro verschuldet.

(APA)