++ ARCHIVBILD ++ Chipkrise belastet deutsche Autobauer © APA - Austria Presse Agentur

Bei Volkswagen gibt es nächste Woche trotz der Chipkrise keine Produktionsausfälle. Nach heutigem Stand sei die Fahrzeugproduktion an den deutschen Standorten in der kommenden Woche abgesichert, teilte der Konzern am Freitag mit. "Die Lieferengpässe beim niederländischen Chip-Hersteller Nexperia haben vorerst weiterhin keine Auswirkungen auf die Produktion in den fahrzeugbauenden Werken der Marke Volkswagen in Deutschland", so ein Sprecher.

"Auch in allen anderen deutschen Produktionsstandorten des Volkswagen-Konzerns ist die Fahrweise in der kommenden Woche nach heutigem Stand abgesichert". Das gelte auch für die Töchter Audi und Porsche, ebenso wie für die Werke von Škoda und Seat in Tschechien und Spanien, fügte ein Sprecher auf Nachfrage hinzu. Auch die konzerneigenen Komponentenwerke in Deutschland würden kommende Woche normal produzieren.

Wie es im November weitergehe, sei aber noch nicht abzuschätzen. "Vor dem Hintergrund der dynamischen Lage können kurzfristige Auswirkungen auf das Produktionsnetzwerk des Volkswagen-Konzerns jedoch weiterhin nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden", so der Sprecher.

IG Metall rechnet mit Kurzarbeit

Die Gewerkschaft IG Metall schätzt die Lage dagegen kritischer ein und erwartet Kurzarbeit in der Branche. Bei einigen Autozulieferern gebe es sogar "schon starke Schwierigkeiten" in einzelnen Bereichen, "wo Kurzarbeit bereits angemeldet worden ist", sagte der bayerische IG-Metall-Bezirksleiter Horst Ott am Freitag. Konkrete Betriebe wollte er nicht nennen. IG-Metall-Vorstandsmitglied und Bosch-Betriebsrat Mario Gutmann aus Bamberg sagte bei dem gemeinsamen Auftritt, in Salzgitter habe Bosch deswegen bereits Kurzarbeit angemeldet. Dort wirke sich die Knappheit wegen der "just-in-time"-Materialversorgung sofort aus, sagte Gutmann.

Hinsichtlich weiterer Unternehmen verwies IG-Metall-Bezirksleiter Ott auf die kommende Woche. "Bis dahin müssen alle Krisenszenarien hochgelaufen sein." Voraussichtlich ab Mittwoch werde jeder größere Zulieferbetrieb und jeder Autohersteller sagen können, wie sich der Lieferengpass bei ihm auswirke. "Dann sieht man, ob Notfallpläne eben funktionieren oder nicht", sagte der Gewerkschafter.

VW warnte vor Produktionsausfällen

Noch am Mittwoch hatte VW vor möglichen Produktionsausfällen gewarnt, die auch kurzfristig möglich seien. Markenproduktionsvorstand Christian Vollmer hatte sich am Donnerstag dann aber zuversichtlich gezeigt, Produktionsstopps noch abzuwenden. Derzeit werde mit einem möglichen Ersatzlieferanten verhandelt, der den Lieferausfall der Nexperia-Halbleiter ausgleichen könnte, sagte er dem "Handelsblatt". VW stehe dazu in engem Austausch mit potenziellen Lieferanten, fügte ein Sprecher hinzu.

Ob Alternativen auch wirklich so schnell gefunden werden können, ist jedoch fraglich. Der Technologieexperte Martin Geißler von der Münchner Firma Advyce hält es für "sehr unrealistisch zu glauben, dass man diesen Anbieter so schnell ersetzen kann". Teilweise könnte VW die benötigten Chips sicher über andere Anbieter wie Infineon ersetzen - "aber die ganze Palette, das ist einfach zu viel und vor allem zu viel Volumen, als dass man das in kürzester Zeit hinbekommen könnte", sagte Geißler am Freitag im Ö1-"Mittagsjournal" des ORF-Radio.

Deutschland: Konflikt noch nicht gelöst

Der Konflikt um den Chip-Hersteller Nexperia dauert nach Darstellung der deutschen Wirtschaftsministerin Katherina Reiche unterdessen an. "Aktuell ist die Situation noch nicht gelöst, aber wir arbeiten wirklich daran", sagte die CDU-Politikerin am Freitag bei einem Ukraine-Besuch in Kiew. Zusammen mit der Europäischen Kommission sei man in Kontakt mit der chinesischen Regierung. Die deutsche Regierung habe sich an den chinesischen Handelsminister gewandt, damit die Chip-Exporte wieder möglich werden. Die deutsche Wirtschaft, zum Beispiel die deutsche Autoindustrie, sei auf diese Chips angewiesen und von der Mangellage betroffen.

Gleichzeitig will die deutsche Regierung die Chip-Abhängigkeit der Unternehmen vom Ausland reduzieren, hieß es ebenfalls aus dem Wirtschaftsministerium. Konkrete Details nannte die Ministeriumssprecherin nicht. Die Regierung sei im Kontakt mit der Wirtschaft. Sie verwies auch auf die zuletzt im Kabinett gebilligte Mikroelektronik-Strategie. Diese lege den Fokus auf die Widerstandsfähigkeit von Lieferketten.

Bei Nexperia gibt es Lieferprobleme, nachdem die niederländische Regierung die Kontrolle über die von einer chinesischen Konzernmutter geführte Firma übernommen hatte. China stoppte daraufhin die Ausfuhr von Nexperia-Produkten wie Halbleitern für die Autoindustrie. Dies bedroht die Autoproduktion in Deutschland, die Hersteller loten Alternativen aus. Hintergrund ist der Handelsstreit zwischen den USA und China.

76.900 Jobs in der heimischen Zulieferindustrie

In Österreich blickt die Auto-Zulieferindustrie inzwischen gebannt nach Deutschland. Die Auswirkungen seien schwer abzuschätzen, konkrete Auswirkungen - wie etwa Anträge auf Kurzarbeit - seien noch nicht bekannt, hieß es bei einem APA-Rundruf. Jedenfalls befand sich der Sektor schon vor der Chipkrise kräftig unter Druck. 2024 sank der Personalstand laut Branchenvertretern um 5.000 Jobs auf 76.900 Beschäftigte - bei einem Umsatzrückgang gegenüber 2023 von 9,2 Prozent auf 28,41 Mrd. Euro.