Der EU entgehen jährlich bis zu 100 Mrd. Euro durch Steuerbetrug © APA - Austria Presse Agentur

Der Europäische Rechnungshof prangert "Lücken" in der EU-Gesetzgebung gegen schädliche Steuerregelungen der EU-Länder sowie gegen Steuerentzug durch Unternehmen an. In einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht heißt es, der EU entgingen durch Gewinnverlagerungen von Konzernen bis zu 100 Milliarden Euro Steuereinnahmen pro Jahr. Österreich habe drei entsprechende EU-Richtlinien korrekt umgesetzt, und sei damit seinen Pflichten nachgekommen.

"Schädliche Steuersysteme und Steuervermeidung durch Konzerne sind problematisch, wenn sichergestellt werden soll, dass Steuern dort gezahlt werden, wo Gewinne erzielt werden", so Ildikó Gáll-Pelcz, das für den Bericht zuständige Mitglied des Europäischen Rechnungshofs. "Die Kommission sollte ihre begrenzten Befugnisse in diesem Bereich ausreizen: Sie sollte die vorhandenen Lücken schließen, ihre Leitlinien für die EU-Länder weiterentwickeln und für die rasche Entwicklung eines gemeinsamen Überwachungssystems sorgen."

Internationale Konzerne würden ihre Steuerlast mit immer komplexeren Strategien verringern, indem sie Lücken und Unterschiede in den Steuersystemen verschiedener Länder ausnutzten, so die Prüfer. Dies könne den Wettbewerb in der EU verzerren. Da einige EU-Länder dadurch erhebliche Steuerausfälle verbuchen würden, müssten letzten Endes die Steuerzahlerinnen und -zahler die entgangenen Einnahmen durch höhere Beiträge ausgleichen.

Österreich hat drei Richtlinien umgesetzt

Drei EU-Richtlinien sollten EU-weite Vorschriften zur Eindämmung schädlicher Steuerpraktiken festlegen. Die EU-Kommission habe jedoch offengelassen, wie diese Vorschriften in der Praxis angewendet werden sollten. Lücken und unklare Definitionen führten zu unterschiedlichen Auslegungen in den einzelnen Mitgliedstaaten, kritisiert der Rechnungshof-Bericht. Darüber hinaus sei eine umfassende Bewertung aller drei Richtlinien überfällig.

Österreich hat die drei EU-Richtlinien laut Bericht durch verschiedene nationale Regelungen umgesetzt, beispielsweise das EU-Meldepflichtgesetz, das EU-Finanzanpassungsgesetz 2019 oder das Abgabenänderungsgesetz 2020. Damit komme Österreich seinen Verpflichtungen zur Bekämpfung aggressiver internationaler Steuerplanung und zur Förderung von Transparenz im Rahmen der EU-Steuerpolitik nach. Österreich folge auch den Prinzipien des EU-Verhaltenskodex "Unternehmensbesteuerung".

Insgesamt wurden im Rahmen des Verhaltenskodex 95 der 384 von den EU-Ländern mitgeteilten Steuervergünstigungsregelungen als "schädlich" eingestuft, aus Österreich waren es zwei von sieben. Der österreichische Gesetzgeber habe jedoch im Jahr 2002 reagiert; seitdem gab es keine weiteren "schädlichen" österreichischen Regelungen. Die meisten als schädlich bewerteten Regelungen betreffen die Niederlande (11) und Zypern (10).

Informationsaustausch wirkt gegen Steuertäuschung

Ein wirksames Instrument könnte der Austausch von Informationen sein: Informationen zu potenziell schädlichen Steuergestaltungen werden von den Mitgliedstaaten im Rahmen der DAC6-Richtlinie an ein zentrales Verzeichnis gemeldet und damit automatisch ausgetauscht. Von den insgesamt mehr als 53.000 Meldungen seit dem Inkrafttreten der EU-Richtlinie Mitte 2020 entfällt weniger als 1 Prozent auf Österreich. Spitzenreiter ist Deutschland mit fast der Hälfte der Meldungen (49,3%), gefolgt von den Niederlanden (14,1%) und Zypern (7,9%).

Der Rechnungshof kritisiert aber, dass die EU-Länder die Qualität der gemeldeten Informationen nur selten überprüften. Diese könnten daher unvollständig oder ungenau sein. Darüber hinaus griffen sie auf diese Informationen auch kaum zurück. Die Kommission solle daher ihre DAC6-Berichte verbessern und für angemessene Sanktionen bei Nichteinhaltung der Richtlinie sorgen.