Digital bezahlen läuft laut EU-Rechnungshof nicht reibungslos © APA - Austria Presse Agentur
Seit 2017 hat sich der Wert digitaler Zahlungen im EU-weiten Einzelhandel auf über eine Billion Euro pro Jahr mehr als verdoppelt. Der Europäische Rechnungshof ortet in einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht aber Probleme bei Eingriffen der EU zur Festlegung von Preisen und beim Austausch von Kontodaten. Diese könnten zu wirtschaftlichen Nachteilen sowohl für Verbrauchende als auch für Händler und Zahlungsdienstleistende führen, und den EU-Binnenmarkt gefährden.
Da der digitale Zahlungsverkehr für ein reibungsloses Funktionieren des EU-Binnenmarkts äußerst wichtig sei, müsse die EU dafür sorgen, dass digitale Zahlungen effizient und wirksam abgewickelt würden, so die Prüfenden. Verschiedene EU-Maßnahmen hätten dazu beigetragen, den digitalen Zahlungsverkehr sicherer, schneller und billiger zu machen. Die Preisinterventionen der EU sollten schädliche Auswirkungen unlauteren Wettbewerbs begrenzen oder zum Vorteil der Verbraucher beitragen.
Beispiele für solche Interventionen im EU-Rechtsrahmen für digitale Zahlungen sind die Obergrenze für Interbankenentgelte bei Kartenzahlungen, das Verbot von Aufschlägen für Kartenzahlungen und SEPA-Zahlungen (Überweisungen im Euro-Zahlungsraum) oder unentgeltliche Open-Banking-Dienste, die die Nutzung von Daten und bestimmten Anwendungen (z.B. Online Banking-Plattformen) durch Drittanbieter ermöglichen.
Beurteilung von Preisinterventionen nicht klar geregelt
In den EU-Rechtsakten über digitale Zahlungen sei die Beurteilung von Preisinterventionen nicht klar geregelt, kritisiert das für die Prüfung zuständige Rechnungshof-Mitglied Ildikó Gáll-Pelcz. "Außerdem sind keine regelmäßigen Überprüfungen solcher Eingriffe vorgeschrieben. Bei einigen der Interventionen im Bereich Kartenzahlungen konnte die Europäische Kommission nicht nachweisen, dass die positiven Auswirkungen für die Verbraucher die negativen eindeutig überwiegen." Es gebe für die Auswirkungen der EU-Politik kein wirksames Überwachungssystem und die Kommission habe nicht einmal Zugang zu den einschlägigen Daten.
Schlecht gestaltete Preisinterventionen könnten laut ERH-Bericht wirtschaftliche Nachteile für Zahlungsdienstleister bringen, Angebot und Nachfrage auf dem Markt verzerren und sich negativ auf Verbrauchende und Händler auswirken. Die Open-Banking-Verpflichtung, Drittanbietern kostenlos Zugang zu Kundendaten zu gewähren, würde kontoführenden Instituten den Anreiz nehmen, hochwertige Dienste zu erbringen. Weiters fehlten standardisierte technische Schnittstellen zum Datenabruf durch Dritte.
EU-Pilotverfahren gegen Österreich eingeleitet
Zahlungskonten würden aufgrund ihres Standorts diskriminiert: Zahlungen würden abgelehnt, weil sie von einem ausländischen Konto stammten. Hier wird im Bericht auch Österreich erwähnt, und zwar wegen der Einleitung eines EU-Pilotverfahrens wegen Nichteinhaltung der SEPA-Verordnung. Hintergrund ist die Nichtakzeptierung von IBAN-Kontonummern von anderen EU Mitgliedstaaten ("IBAN-Diskriminierung") durch Österreich im Zusammenhang mit dem Rundfunkbeitrag an die ORF Beitrags Service GmbH.
Die Prüfenden empfehlen der EU-Kommission, Kriterien für Preisinterventionen im digitalen Zahlungsverkehr festzulegen und die Interventionen regelmäßig zu überprüfen. Eine Strategie zur Datenüberwachung sowie Indikatoren zur Messung der Kosten, Geschwindigkeit, Transparenz und Zugänglichkeit digitaler Zahlungen und dazu passende EU-Zielvorgaben würden eine bessere Beurteilung der EU-Politiken in dem Bereich ermöglichen. Die Vorschriften gegen Diskriminierung aufgrund des Standorts des Zahlungskontos müssten verbessert werden.
Kommission startete wegen Bedenken Marktstudie
Die EU-Kommission begrüßt in einer ebenfalls veröffentlichten Stellungnahme den Sonderbericht. Im Sonderbericht würden "die seit 2020 erzielten Fortschritte in vielerlei Hinsicht bestätigt", betont die Kommission. Sie erkennt aber auch die "Bedeutung der aufgeworfenen Fragen" an und weist darauf hin, "dass an einer Vielzahl der in diesem Bericht genannten Probleme bereits gearbeitet wird, insbesondere im Rahmen der laufenden Überarbeitung des derzeitigen Rechtsrahmens für Zahlungsdienste".
Angesichts von Bedenken hinsichtlich des begrenzten Wettbewerbs auf dem EU-Markt für Kartenzahlungen startete die Europäische Kommission 2024 eine Marktstudie, um potenziell marktverzerrende Praktiken wie unfaire Handelsbedingungen und den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch die wichtigsten Wirtschaftsakteure zu untersuchen. Die Studie ist noch nicht abgeschlossen.