19 Prozent des Gasbedarfs weiterhin durch Gas aus Russland gedeckt © APA - Austria Presse Agentur
Die Europäische Kommission will im kommenden Monat ein Verbot neuer russischer Gasverträge bis Ende dieses Jahres vorschlagen. Zudem plant die Brüsseler Behörde, Importe aus bestehenden Verträgen mit Moskau bis Ende 2027 zu untersagen. Dies geht aus einem Reuters vorliegenden Entwurfsdokument hervor, das am Dienstag veröffentlicht werden sollte. Danach soll der Vorschlag für ein entsprechendes Gesetz im Juni präsentiert werden.
"Wenn der Ausstieg aus russischen Gasimporten im Einklang mit globalen Marktentwicklungen und zuverlässigen Lieferanten umgesetzt wird, dürfte er nur begrenzte Auswirkungen auf europäische Energiepreise und die Versorgungssicherheit haben", heißt es in dem Entwurf. Die Gesetzesvorschläge benötigen die Zustimmung des Europäischen Parlaments und einer qualifizierten Mehrheit der EU-Länder. Der Entwurf könnte vor der Veröffentlichung noch geändert werden.
Einstimmige Zustimmung der EU-Länder nötig
Die Kommission ist auch besorgt über die Energiepreise. Sie hat betont, dass alle Schritte zur Reduzierung russischer Energieimporte Moskau stärker schaden müssten als der EU. Zudem müssten die Auswirkungen auf die Kraftstoffpreise berücksichtigt werden. Die EU hat bereits Sanktionen gegen russische Kohle und Öltransporte auf dem Seeweg verhängt, jedoch nicht gegen Gas. Grund dafür ist der Widerstand aus der Slowakei und Ungarn. Diese Länder erhalten russische Pipeline-Lieferungen und argumentieren, dass ein Wechsel zu anderen Lieferanten die Energiepreise erhöhen würde. Sanktionen erfordern die einstimmige Zustimmung aller 27 EU-Länder.
Unsicherheiten wegen USA und Ukraine
Die Europäische Union hatte nach dem umfassenden Einmarsch Russlands in die Ukraine im Februar 2022 ein unverbindliches Ziel gesetzt, russische fossile Brennstoffimporte bis 2027 zu beenden. Derzeit stammen etwa 19 Prozent des europäischen Gases noch aus Russland, geliefert über die TurkStream-Pipeline und LNG-Flüssigerdgas. Dies ist deutlich weniger als die rund 40 Prozent, die Russland vor 2022 lieferte.
Die EU-Kommission hat ihre Bereitschaft signalisiert, mehr LNG aus den USA zu kaufen. Diesen Schritt hat Präsident Donald Trump von Europa gefordert, um den Handelsüberschuss mit den Vereinigten Staaten zu verringern. Die Kommission prüft rechtliche Möglichkeiten, um europäischen Unternehmen die Kündigung bestehender russischer Gasverträge ohne finanzielle Strafen zu ermöglichen. Der Entwurf enthält keine konkreten Details zu den Maßnahmen, die Brüssel umsetzen will.
Neue Bewertung nach dem Krieg
Für Wirtschaftsminister Wolfgang Hattmannsdorfer (ÖVP) ist es der richtige Weg, die Bezugsquellen zu diversifizieren. Österreich sei hier mit gutem Beispiel vorangegangen. "Langfristig sollte sich die EU jedoch Optionen offenhalten und die Lage nach dem Ende des Krieges neu bewerten, um die Energieversorgung auch künftig sicher und kosteneffizient gestalten zu können", merkte der Minister an. Ähnlich die Stellungnahme des von der Wirtschaftskammer und der Industriellenvereinigung finanzierten Vereins oecolution: Zwar sei es richtig, Alternativen zu russischem Gas zu organisieren, aber eine Lieferquelle auszuschließen, bedeute die Gefahr, sich in neue Abhängigkeiten zu begeben - zum Beispiel von der Trump-USA", teilte oecolution-Geschäftsführer Christian Tesch mit.
Der Plan, statt den Gas-Importen aus Russland mehr Gas aus den USA zu beziehen, stößt auch bei Greenpeace Österreich auf Kritik: "Als Ersatz dafür Langzeitverträge für klimaschädliches Flüssiggas mit den USA abzuschließen, führt jedoch in die Irre", sagte Jasmin Duregger, Klima- und Energieexpertin bei Greenpeace. "Damit tauscht die EU nur eine fossile Abhängigkeit gegen eine andere aus."
Rechtsexperten haben darauf hingewiesen, dass es schwierig wäre, sich auf "höhere Gewalt" zu berufen, um aus diesen Vereinbarungen auszusteigen. Käufern könnten Strafen oder Schiedsverfahren drohen. Ursprünglich hatte die Kommission geplant, ihre Roadmap im März zu veröffentlichen, verschob dies jedoch teilweise aufgrund von Unsicherheiten über laufende Entwicklungen. Die USA drängen Russland zu einem Friedensabkommen mit der Ukraine. Ein solches Abkommen könnte die Tür für russische Energielieferungen wieder öffnen und Sanktionen lockern.