Seit Samstagfrüh fließt kein russisches Gas mehr an die OMV © APA - Austria Presse Agentur
Die Folgen des Gas-Lieferstopps an den Energiekonzern OMV durch die russische Gazprom dürften für die österreichischen Haushalte in naher Zukunft überschaubar bleiben. An den Märkten sei die Entwicklung bereits erwartet worden, mit spürbaren Preissteigerungen sei in der anstehenden Heizsaison daher nicht zu rechnen, sagte E-Control-Ökonom Johannes Mayer am Samstag im Gespräch mit der APA. Nach Österreich floss indes weiter Gas aus Russland - wenn auch nicht an die OMV.
Für Kunden mit variablen Verträgen könnten sich laut Mayer minimale Steigerungen ergeben. "Wenn man einen solchen Vertrag abgeschlossen hat, wird man das geringfügig spüren. Die Auswirkung ist aber enden wollend." Konsumenten mit sogenannten Float-Tarifen stehe nach aktuellem Stand maximal eine Erhöhung von ein bis zwei Euro pro Monat ins Haus, schätzt der Experte.
Im Großhandel hatte der Gaspreis am Freitag auf knapp 47 Euro pro Megawattstunde (MWh) zugelegt. Im Tagesverlauf beruhigte sich der Preis aber wieder auf das Niveau vor der Ankündigung des Lieferstopps an die OMV, der seit heute, 6 Uhr, in Kraft ist.
Anhaltspunkte für kräftige Preisausschläge nach oben und damit höhere Gaskosten für Haushalte und die Industrie sah mit "Stand heute" auch Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne) nicht, wie sie am Samstag im Ö1-"Mittagsjournal" festhielt. Wichtig sei, dass die deutsche Gasspeicherumlage wie geplant abgeschafft werde. Dazu stehe man in laufendem Austausch mit den deutschen Partnern. "Wir tun alles dafür, dass dieses Ende der Umlage auch tatsächlich umgesetzt wird."
Längerfristig, also über den Winter 2024/2025 hinaus, sei die Entwicklung des Preisniveaus aktuell schwer abschätzbar, so Mayer. "Wir sehen schon, dass die Märkte nervös sind." Aus heutiger Sicht gehe der Markt allerdings davon aus, dass die Preise auch im vierten Quartal des kommenden Jahres stabil bleiben. "Das ist für die Haushalte eine gute Nachricht."
Weniger optimistisch ist der ehemalige OMV-Chef Gerhard Roiss. Seiner Einschätzung nach könnt es sehr wohl zu Anstiegen kommen. Im ORF-Radio plädierte er daher am Samstag für Gegenmaßnahmen durch die Regierung, etwa mittels der Freigabe von Teilmengen aus der Gasreserve, um das Angebot am Markt zu erhöhen und somit preisstabilisierend zu wirken. Gewessler äußerte sich dazu ablehnend. "Da würde ich zur Vorsicht raten, unseren Sicherheitspolster sollten wir ohne Not nicht aufgeben."
Neben Roiss warnten auch die FPÖ und die NEOS am Samstag vor möglichen Preiserhöhungen. Die FPÖ nahm das Aussetzen der Lieferungen an die OMV auch zum Anlass, Kritik an der türkis-grünen Regierung zu üben, die den Lieferstopp mit ihrer Politik herbeigeführt habe. Die ÖVP reagierte ihrerseits mit Kritik an der Energiepolitik der Freiheitlichen, die im Parlament mehrfach gegen Maßnahmen zur Versorgungssicherheit gestimmt hätten.
Vom Lieferstopp durch Gazprom betroffen ist nur die OMV. Über die Ukraine fließe weiterhin russisches Gas zum Knotenpunkt Baumgarten nach Österreich, wenn auch in etwas geringerem Ausmaß, teilte die Regulierungsbehörde E-Control mit. Wem dieses Gas gehört, wisse man nicht, "aber es kommt Gas rein", erklärte Mayer. Das hereinkommende Gas könnte nun direkt an der Börse gehandelt werden, hieß es aus der E-Control zur APA.
Offen blieb zunächst, ob die OMV in Zukunft russisches Gas über alternative Quellen beziehen wird, etwa aus der Slowakei oder von anderen Marktteilnehmern. "Wir haben in den letzten 3 Jahren große Bemühungen unternommen, unsere Lieferquellen und Transportkapazitäten mit nicht-russischem Gas zu diversifizieren. Bei einer Lieferunterbrechung von Gazprom werden wir primär auf unsere alternativen Lieferquellen zurückgreifen und unsere Kunden zuverlässig und ohne Unterbrechungen beliefern", hieß es dazu auf APA-Anfrage.
Hintergrund des Gaslieferstopps an die OMV ist das Urteil eines Schiedsgerichts, mit dem der OMV 230 Mio. Euro Schadenersatz zugesprochen wurden. Die OMV kündigte daraufhin an, die Zahlungen an die Gazprom einzustellen, um sich die zugesprochene Millionensumme zurückzuholen.
Zum aufrechten Gasliefervertrag mit der Gazprom bis 2040 und der Frage, ob der Konzern den Vertrag nun möglicherweise beenden will, äußerte sich die OMV gegenüber der APA nicht näher. "Zu unserer Rechtsstrategie und laufenden Gerichtsverfahren können wir keine Stellung nehmen", sagte eine Sprecherin. Gewessler sagte dazu im Ö1-"Mittagsjournal", dass die Prüfung von Möglichkeiten zu einem potenziellen Ausstieg aus dem Vertrag Sache der OMV, nicht der Energieministerin sei.
Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hatte am Freitagabend betont, dass der Lieferstopp angesichts gefüllter Gasspeicher für Österreich verkraftbar und die Versorgung längerfristig gesichert sei. Ihm pflichteten am Samstag sowohl Gewessler als auch Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) bei. OMV und E-Control waren diesbezüglich ebenso um Beruhigung bemüht.