Die US-Wirtschaft hat sich in den vergangenen Wochen uneinheitlich entwickelt. Das geht aus dem am Mittwochabend (MESZ) veröffentlichten Konjunkturbericht der US-Notenbank Fed hervor. Konjunktur und Beschäftigung hätten sich dem sogenannten Beige Book zufolge kaum oder gar nicht verändert, während die Preise moderat gestiegen seien. Als negative Faktoren nannten die befragten Unternehmen häufig die Unsicherheit über die wirtschaftliche Entwicklung und die Zölle.
Die Stimmung in den einzelnen Notenbank-Bezirken sei gemischt gewesen. Trotz des Zollstreits war die Wirtschaft in den Vereinigten Staaten von April bis Juni kräftig gewachsen: Hochgerechnet aufs Jahr sprang ein Plus von 3,3 Prozent heraus. Der Anstieg des Bruttoinlandsprodukts war vor allem auf einen Rückgang der Importe zurückzuführen sowie zugleich steigende Verbraucherausgaben. In den ersten drei Monaten des Jahres war die weltgrößte Volkswirtschaft noch um 0,5 Prozent geschrumpft, nicht zuletzt wegen höherer Einfuhren: Viele Importeure hatten die Zeit vor dem von US-Präsident Donald Trump im April ausgelösten Zollstreit mit vielen wichtigen Handelspartnern genutzt, um Waren in die USA einzuführen.
Finanzmärkte rechnen mit Zinssenkungen im September
An den Finanzmärkten wird damit gerechnet, dass die Fed auf ihrer Sitzung am 16. und 17. September die Zinsen um einen Viertelprozentpunkt senken wird. Zuletzt hatte Notenbankchef Jerome Powell signalisiert, dass eine Anpassung der Zinsen wegen zunehmender Risiken für den Arbeitsmarkt gerechtfertigt sein könnte. Er verwies dabei auf das auf 35.000 pro Monat gefallene Stellenwachstum seit Mai. Powell sagte zudem, die Fed könne "vorsichtig vorgehen", was als Hinweis auf schrittweise Zinssenkungen verstanden wird.
Die US-Notenbank hat den Leitzins dieses Jahr bisher in der Spanne von 4,25 bis 4,50 Prozent belassen. Sie verwies dabei darauf, dass sie sich vor einem etwaigen Zinsschritt zunächst Klarheit über die Folgen der Handelspolitik auf die Inflation und den Arbeitsmarkt verschaffen wolle. Die kräftige Abkühlung des Arbeitsmarkts spielt Anhängern eines lockeren geldpolitischen Kurses in der Federal Reserve nun in die Hände. Powell hat die Tür für eine Zinssenkung im September jüngst in einer viel beachteten Rede auf dem Zentralbankforum in Jackson Hole aufgestoßen.
US-Präsident Donald Trump übt seit längerem Druck auf die Fed aus, die Zinsen sofort und deutlich zu senken. Er versucht zudem, die Zusammensetzung des Fed-Gouverneursrats zu seinen Gunsten zu verändern. Sein Kandidat für einen vakanten Posten, Stephen Miran, soll am Donnerstag im Bankenausschuss des Senats angehört werden. Zudem versucht Trump, die Fed-Gouverneurin Lisa Cook zu entlassen, die sich gerichtlich dagegen wehrt. Analysten warnen, dieser Druck gefährde die politische Unabhängigkeit der Notenbank, die als entscheidend für eine wirksame Inflationsbekämpfung gilt.
(APA)