Gusenbauer will "noch nie" eine Bilanz der Signa-Holding gesehen haben © APA - Austria Presse Agentur

Alfred Gusenbauer, Ex-SPÖ-Bundeskanzler und Ex-Aufsichtsratschef im inzwischen insolventen Immobilienkonglomerat Signa, beteuert sein "reines Gewissen" in der Causa Signa rund um den in U-Haft befindlichen Firmengründer René Benko. "Ich habe nie in meinem Leben eine Bilanz der Signa Holding gesehen", sagte Gusenbauer im aktuellen "Falter". Dass es mit Signa zu Ende gehe, sei ihm erst bewusst geworden, als der Massekredit im Herbst 2023 nicht zusammenkam.

Auch als der frühere Porsche-Chef Wendelin Wiedeking im Jahr 2017 bei Signa ausstieg, habe er keinen Verdacht geschöpft, dass irgendetwas nicht stimmt. "Er (Wiedeking, Anm.) hat Kritik geübt, das ist auch richtig. Das Problem war, dass Wiedekings Glaubwürdigkeit bei uns ziemlich gering war", sagte Gusenbauer. Auch habe der langjährige Berater Benkos weder über Put-Optionen noch Intercompany Loans Bescheid gewusst. Dass er auch monatelang auf sein Beraterhonorar warten musste, wunderte Gusenbauer ebenso wenig. "Die Zahlungsmoral der Signa war immer schlecht", so der langjährige Berater Benkos.

Klage sei "abenteuerlich"

Kurz vor dem Jahreswechsel 2025 ergingen Haftungsschreiben des Masseverwalters Norbert Abel an vier ehemalige Vorstandsmitglieder und zwölf Ex-Aufsichtsräte der Signa Prime, darunter Gusenbauer. Grosso modo wirft er ihnen schwere Verfehlungen, Pflichtverletzungen und Insolvenzverschleppung vor. Abel macht sie für einen Schaden in Höhe von mindestens 1 Mrd. Euro verantwortlich. Diese Klage bezeichnete Gusenbauer in dem Interview als "abenteuerlich".

Noch im Oktober 2023 hätten "renommierte Berater wie White & Case und Rothschild auf meine direkte Frage im Aufsichtsrat noch gesagt, dass es eine gute Chance gebe, einen Massekredit von 500 Millionen Euro aufzustellen", erklärte Gusenbauer. "Hätte ich das Unternehmen dennoch in den Konkurs schicken sollen? Das wäre absurd gewesen", fügte er hinzu. Der Sonderverwalter des Handelsgerichts Wien sagte laut "Falter", die Signa Holding sei bereits 2021 "zahlungsunfähig, insolvenzrechtlich überschuldet, bestandsgefährdet" gewesen.

"Benko hatte das Sagen"

Gusenbauer betonte zudem die Rolle Benkos, der eigentlich seit 2013 offiziell keine operative Funktion mehr in der Signa-Gruppe innehatte: "Er war der Haupteigentümer. Niemand, der mit der Signa zu tun hatte, hatte Zweifel daran, dass er das Sagen hatte." Er selbst sah sich als "Sparring-Partner von René", mit wem Benko in direktem Kontakt war, habe er nicht gewusst. "Ich war ja nicht seine 'Nanny'. Gesprochen und getroffen haben wir uns aber regelmäßig", so Gusenbauer. Die Freizeit verbrachten die beiden laut Gusenbauer jedoch kaum miteinander. "Und: Während er auf die Jacht ging, saß ich in der Oper."

Der geschäftliche Wegbegleiter Benkos hat laut Eigenangaben "einen Großteil des Geldes, das ich bei der Signa verdient habe, in Signa-Aktien investiert - und bin mit null ausgestiegen. Alles, was ich dort gemacht habe, hatte also eine materielle Auswirkung auf mich".