Die Commerzialbank-Pleite beschäftigt die Justiz bis heute © APA - Austria Presse Agentur
Die Aufarbeitung der Causa Commerzialbank Mattersburg (Cb) dauert auch fünf Jahre nach der behördlichen Schließung der Bank weiter an. Derzeit ermittelt die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) noch gegen 25 Beschuldigte, darunter 16 Personen und neun Verbände. Insgesamt bestehe der Verfahrenskomplex mittlerweile aus 70 Aktenbänden, was rund 35.000 Seiten entspreche, teilte eine Sprecherin der WKStA auf APA-Anfrage mit.
Ermittelt wird weiterhin wegen gewerbsmäßig schweren Betruges, Untreue, Betrügerischer Krida, Bilanzfälschung, Geldwäscherei sowie diverser Korruptionsvorwürfe. Aktuell müsse die gerichtliche Freigabe von bei Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern sichergestellten Beweismitteln abgewartet werden, hieß es. Dass die Zahl der Beschuldigten von bis zu 57 im Jahr 2023 mittlerweile auf 25 zurückgegangen sei, liege daran, dass laufend Teilaspekte abgeschlossen werden - sowohl durch Anklagen als auch durch Diversionen oder Einstellungen. In Summe werde von einem Schaden in der Größenordnung von zumindest 600 Mio. Euro ausgegangen.
Klikovits bereits zu sechs Jahren und vier Monaten Haft verurteilt
Derweil geht am Landesgericht Eisenstadt der bisher größte Prozess in der Causa am 17. Juli ins Finale. Die Hauptangeklagten sind da aber nicht mehr dabei. Ex-Bankvorständin Franziska Klikovits fasste nach einem umfassenden Geständnis bereits im Februar eine Haftstrafe von sechs Jahren und vier Monaten aus und das Verfahren gegen Ex-Bankchef Martin Pucher wurde ausgeschieden, weil der Schwerkranke laut Gutachten nicht verhandlungsfähig ist. Mit ihnen waren drei Unternehmer angeklagt, die ihre maroden Firmen mit Geld aus der Bank am Leben erhalten haben sollen. Einer wurde schon zu zwei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt, für die anderen beiden soll es das Urteil beim letzten Prozesstermin im Juli geben.
Die Bank war am 14. Juli 2020 behördlich geschlossen worden, weil eine Selbstanzeige von Pucher und Klikovits jahrelange Malversationen ans Licht brachte. Spareinlagen waren erfunden, Kredite fingiert und aus der Bank entnommenes Bargeld dürfte in Unternehmen und Puchers SV Mattersburg geflossen sein. Die Bank schlitterte in die Insolvenz, ebenso der Sportverein, der seine Bundesliga-Lizenz zurückgab und unter neuem Namen noch einmal neu anfing.
Auch kleinere Teilaspekte wurden in der Zwischenzeit vor Gericht verhandelt. Im Jänner 2024 wurde Pucher in Abwesenheit zu elf Monaten bedingt und Klikovits zu acht Monaten bedingt verurteilt. Dabei ging es um 70.000 Euro, die sie einem Mitarbeiter übergeben haben sollen, weil dieser bemerkt hatte, dass mit den Krediten etwas nicht stimmen könne, und sie erpresste. Ein ehemaliger OeNB-Mitarbeiter fasste acht Monate bedingt aus, weil er Pucher über bevorstehende Bankprüfungen informiert haben soll. Mehrere Sparer mussten sich wegen Betrugs an der Einlagensicherung vor Gericht verantworten und ein Prozess zu von der Commerzialbank bezahlten Polizeiweihnachtsfeiern läuft noch.
Untersuchungsausschuss und Rücktritt in Landespolitik
Politisch hatte die Causa einen Untersuchungsausschuss und den Rücktritt des damaligen Landesrats Christian Illedits (SPÖ) zur Folge. Letzterer hatte zu seinem 60. Geburtstag 2018 als Aufsichtsratspräsident der Fußballakademie Burgenland ein mit Widmung versehenes 100-Gramm-Goldblatt vom SV Mattersburg angenommen. Das Verfahren gegen ihn endete mit einer Diversion.
Kurzzeitig geriet auch Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) ins Visier der Justiz. Die ÖVP Burgenland zeigte ihn und den Chef der Finanzmarktaufsicht (FMA), Helmut Ettl, wegen mutmaßlicher Falschaussage im U-Ausschuss an, weil sich die beiden in Hinblick auf die Informationsflüsse vor der Schließung der Bank widersprochen hatten. Doskozil wurde befragt und sein Handy ausgewertet, das Verfahren gegen beide letztlich eingestellt.
Bank laut Gutachten seit 1999 zahlungsunfähig
Schon 2015 hatte sich ein Whistleblower mit Tipps zu Malversationen in der Commerzialbank an die Behörden gewandt, die jedoch keine Hinweise darauf fanden. Nach der Pleite wurden mehrere Klagen eingebracht - unter anderem gegen Wirtschaftsprüfer TPA, die Republik Österreich und das Land Burgenland, das als Revisionsverband der Mehrheitseigentümerin der Bank tätig war. Sowohl die Republik als auch das Land haften aber laut Urteilen nicht für durch die Bankpleite entstandene Schäden.
Die ehemaligen Mitarbeiter, Aufsichtsräte und Vorstände lieferten im U-Ausschuss ein bezeichnendes Bild von den Vorgängen in der Bank. Sie wollten von Unregelmäßigkeiten nichts mitbekommen haben und gaben sich ahnungslos. Klikovits gab an, dass 50 Prozent der Kredite, 95 bis 98 Prozent der Interbankveranlagungen und zehn Prozent der Kundeneinlagen, die ausgebucht wurden, "Fake" gewesen seien. Erste Malversationen soll es schon 1981 gegeben haben. Spätestens 1999 war die Bank laut Gutachten zahlungsunfähig.