Die Nationalbank schüttet erneut keinen Gewinn an den Bund aus © APA - Austria Presse Agentur

Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) hat im abgelaufenen Jahr erneut einen milliardenschweren Verlust geschrieben. Unterm Strich blieb ein Bilanzverlust von 4,184 Mrd. Euro, das geschäftliche Ergebnis belief sich auf minus 2,122 Mrd. Euro. Bereits in den Vorjahren hatte die OeNB deutliche Verluste hinnehmen müssen. Grund sind die unterschiedlichen Verzinsungen von Aktiva und Passiva. Der Bund geht im Zuge dessen heuer erneut leer aus und erhält keine Gewinnausschüttung.

Der "Tiefpunkt bei den negativen Geschäftsergebnissen" sei überschritten, die geldpolitischen Maßnahmen der vergangenen Jahre hätten jedoch "ihre Spuren in der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung der OeNB hinterlassen", sagte Vize-Gouverneurin Edeltraud Stiftinger am Dienstag laut Aussendung. Im Zuge der viele Jahre lang ultralockeren Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) und der Krisen der vergangenen Jahre - allen voran die Coronapandemie und der Ukraine-Krieg - hat die OeNB zahlreiche Wertpapiere mit sehr niedriger Verzinsung in der Bilanz. Diese bringen nur wenig Geld für die Notenbank ein. Auf der Passivseite muss die Notenbank jedoch aufgrund des seit 2022 gestiegenen Zinsniveaus höhere Zinsen an die Geschäftsbanken für ihre Einlagen bei der Notenbank zahlen.

Von OeNB bezahlte Zinsen sechsmal so hoch wie Zinseinnahmen

"Die von der OeNB an Kreditinstitute gezahlten Zinsen betrugen im Geschäftsjahr 2024 das Sechsfache der erwirtschafteten Zinserträge aus den geldpolitischen Wertpapier-Ankaufprogrammen", so Stiftinger weiter. Die Einlagen österreichischer Banken bei der OeNB lagen im Vorjahr im Jahresdurchschnitt bei 87 Mrd. Euro und wurden im Schnitt mit 3,7 Prozent verzinst. Demgegenüber standen 107 Mrd. Euro an Wertpapieren, die die Notenbank 2024 zu geldpolitischen Zwecken hielt.

Die durch die frühere ultralockere EZB-Politik stark angestiegene Bilanzsumme wurde 2024 wieder etwas abgebaut. Zum Jahresende stand die Bilanzsumme bei 237 Mrd. Euro, das waren um 4 Prozent oder 10 Mrd. Euro weniger als im Jahr davor. OeNB-Gouverneur Robert Holzmann verwies darauf, dass die Nationalbank ihrem Geschäft auch mit einem Bilanzverlust nachgehen kann. "Ob eine Zentralbank Gewinne oder Verluste macht, ist ein nachrangiges Ergebnis ihres Mandats, die Preisstabilität auf mittlere Frist zu gewährleisten", sagte Holzmann. Auch Stiftinger betonte bei der Pressekonferenz am Dienstag, dass die Verluste "ganz bewusst in Kauf genommen" wurden um die Inflation zu bekämpfen und die Preise zu stabilisieren.

Keine Gewinnausschüttung für den Staat

Für den Bund fällt wegen des negativen Ergebnisses heuer das dritte Jahr in Folge keine Gewinnausschüttung ab. Die OeNB rechnet jedoch damit, dass es nun wieder bergauf geht. Nach dem Ende der Anleihen-Ankaufprogramme der EZB reifen viele Wertpapiere nun ab und werden nicht erneut veranlagt. Die Bilanzsumme sollte damit weiter zurückgehen. Danach seien auch wieder Gewinne zu erwarten. Bis die Anleihen vollständig abgereift seien, dürfte es aber noch viele Jahre dauern. "Es gibt ein starkes Abreifen bis zum Jahr 2031, da werden sie ungefähr um zwei Drittel zurückgegangen sein", so Stiftinger. Bis 2037 sollte der Rückgang in etwa 90 Prozent betragen. Den letzten Abbau werde man erst im Jahr 2051 sehen.

Positiv sei für die OeNB auch, dass das Vermögen die Verluste deutlich übertreffe, so die Vize-Gouverneurin. Im Vorjahr sei der Wert der Goldbestände um ein Drittel gestiegen. Der Bestand selbst ist jedoch seit 2007 unverändert und beträgt rund 280 Tonnen. Die OeNB hat keinerlei Ambitionen, Teile ihrer Goldbestände zu verkaufen. Das sei "keineswegs unsere Absicht, werden wir niemals tun", sagte Stiftinger. Denn Gold sei ein großer Stabilitätsanker und die OeNB sei nicht auf kurzfristige Wertsteigerungen ausgerichtet. Die Goldbestände machten im Vorjahr rund 64 Prozent des Vermögens der OeNB aus. Weitere 22 Prozent stammten aus Staatsanleihen und je 7 Prozent aus Unternehmensanleihen und Aktien.

OeNB für durchsetzbare Annahmepflicht von Bargeld

Eine wichtige Aufgabe der OeNB sei darüber hinaus die Sicherstellung der Bargeldversorgung. Bei der Pressekonferenz am Dienstag plädierte OeNB-Direktor Eduard Schock für eine durchsetzbare Annahmepflicht von Bargeld. 94 Prozent der österreichischen Bevölkerung nützten nach wie vor Bargeld und die vermehrte Ablehnung von Bargeldzahlungen von Händlern und Unternehmen gefährde die Wahlfreiheit zwischen den Zahlungsmitteln. Von 2020 bis 2024 sei der Prozentsatz der Betriebe, die Bargeld ablehnen, von 6 auf 9 Prozent gestiegen. Vor diesem Hintergrund sei auch die flächendeckende Versorgung mit Bargeld über Bankomaten weiterhin notwendig. Dazu wurde bereits vor über einem Jahr eine Vereinbarung zwischen den heimischen Banken und dem Gemeindebund getroffen.

Den Bankensektor sieht OeNB-Direktor Thomas Steiner indessen in resilienter Verfassung. Profitabilität und Kapitalisierung seien solide aufgestellt, die Kreditqualität verschlechtere sich allerdings. Vor allem in Österreich sei ein Anstieg der NPL-Quoten (non-performing loans/NPL) zu sehen, in den CEE-Töchtern laufe es dagegen besser. Herausforderungen für den Bankensektor und dessen Stabilität seien das politische und ökonomische Umfeld sowie Cyberrisiken und Digitalisierung.