Anfälligkeit der heimischen Energieversorgungssicherheit offengelegt © APA - Austria Presse Agentur

Österreich hat nach Ansicht der EU-Kommission keinen "klar definierten kurzfristigen" Plan zur vollständigen Abkoppelung von russischen Gasimporten. Der Einmarsch Russlands in der Ukraine habe die Anfälligkeit der Energieversorgungssicherheit des Landes offengelegt, erklärte die Brüsseler Behörde in einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht zum Europäischen Semester. Österreich konnte seine Abhängigkeit zwar verringern, liege aber noch immer weit über dem EU-Durchschnitt.

Die EU-Kommission hob hervor, dass der Anteil des russischen Gases in Österreich an den gesamten Importen 2022 57 Prozent betrug - waren es im Jahr davor noch 80 Prozent. Auch wenn die Bundesregierung etwa mit der Einrichtung einer strategischen Gasreserve Maßnahmen ergriffen habe, stehe das Land bei der Gewährleistung der Energiesicherheit immer noch vor "großen Herausforderungen". Außerdem "wird das Potenzial für die Produktion und den Transport von erneuerbaren Gasen wie Wasserstoff noch nicht ausreichend genutzt", kritisierte die EU-Behörde.

Daher empfiehlt die EU-Kommission unter anderem die Beschleunigung des Einsatzes erneuerbaren Energien sowie der erforderlichen Infrastruktur, insbesondere durch Vereinfachung der Genehmigungsverfahren. Auch müssten Energieeffizienz verbessert, Emissionen, primär im Verkehrssektor, verringert und in künftigen Ausbildungen stärker der "grünen Übergang" berücksichtigt werden.

Außerdem rät die EU-Kommission Österreich den Abbau der Energiestützungsmaßnahmen bis Ende 2023. Die damit verbundenen Einsparungen sollten dem Abbau des öffentlichen Defizits zugutekommen, hieß es weiter. Falls neue Unterstützung notwendig werde, müsse sichergestellt werden, dass diese auf besonders betroffene Haushalte und Unternehmen abziele.

Handlungsbedarf sieht die Brüsseler Behörde auch im heimischen Gesundheitswesen. So würde die Pflegereform zwar den Beruf "attraktiver" machen, aber gleichzeitig auch die Steuerlast erhöhen. Außerdem müsste sichergestellt werden, dass mehr Primärversorgung zu einer geringeren Inanspruchnahme bestehender Krankenhaus- oder ambulanter Facharztdienste führe.

Zu den Herausforderungen Österreichs zählt zudem das ungenutzte Potenzial von Frauen, gering qualifizierten Arbeitnehmern, älteren Arbeitnehmern und Menschen mit Migrationshintergrund auf dem Arbeitsmarkt. Dies sei angesichts des Mangels an qualifizierten Arbeitskräften besonders problematisch.

Regelmäßig prüft die EU-Kommission die Wirtschafts-, Budget- und Sozialpolitik der Regierungen und erteilt gezielte Ratschläge für Korrekturen. Dieses sogenannte Europäische Semester soll dazu beitragen, die Politik der EU-Staaten zu koordinieren. Zu große Budgetdefizite und Schuldenberge, aber auch Reformstau sollen vermieden werden. Die Maastricht-Obergrenzen von maximal drei Prozent Defizit und 60 Prozent Gesamtverschuldung sollten eingehalten werden.

Das gesamtstaatliche Defizit Österreichs ging von 5,8 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) im Jahr 2021 auf 3,2 Prozent im Jahr 2022 zurück, während der öffentliche Schuldenstand von 82,3 Prozent des BIP Ende 2021 auf 78,4 Prozent Ende 2022 sank. Die EU-Kommission kam nun zu dem Schluss, dass das Defizitkriterium erfüllt war - "lag nahe am Referenzwert". Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) erklärte zuletzt, das Ziel sei bis 2026 eine Neuverschuldung von 1,6 Prozent und eine Schuldenquote in Richtung 70 Prozent der Wirtschaftsleistung.