Finanzminister Brunner will eine Entlastung bei der Grunderwerbssteuer © APA - Austria Presse Agentur

Im Koalitionsstreit um eine Mietpreisbremse zeichnet sich vorerst weiter keine Einigung ab. Die ÖVP hat zuletzt einen komplett neuen Vorschlag eingebracht - eine Aufstockung des Wohnzuschusses um 200 Mio. Euro statt der Bremse. "Da gibt es jetzt keine Weiterentwicklung", hieß es am Dienstag aus dem ÖVP-Klub zum aktuellen Stand der Verhandlungen. Aus Sicht von Fiskalrat-Präsident Christoph Badelt kommt der Vorschlag zu spät.

Konkret müsste die Regierung sich bis zum Finanzausschuss am Donnerstag einig werden, um die ins Haus stehenden Mieterhöhungen per 1. April (Neuverträge) beziehungsweise 1. Mai (Bestandsverträge) noch abfangen zu können. Danach geht sich eine gesetzliche Mietpreisbremse vom formellen Ablauf her zeitlich nicht mehr aus.

"Grundsätzlich ist mir der Vorschlag sympathisch, weil ich glaube, dass man auf diese Art und Weise sehr zielgerichtet fördern kann. Im konkreten Fall aber erscheint mir der Vorschlag jetzt zu spät", kommentierte Badelt den ÖVP-Vorschlag in der ORF-Sendung "ZiB1". So müssten Menschen mit geringen Einkommen im Fall einer Umsetzung länger auf den Zuschuss warten, die höheren Mieten würden aber schon mit 1. April fällig werden. Außerdem bleibe die Inflation weiter hoch, argumentierte der Ökonom.

Gänzlich vom Tisch ist die Mietpreisbremse aber noch nicht: "Es wird mit den Grünen weiterverhandelt", hieß es am Dienstag vonseiten der ÖVP zur APA.

Der ÖVP-Seniorenbund hat sich in einer Aussendung anders als der türkise Parlamentsklub positioniert. Präsidentin Ingrid Korosec forderte in einem Statement gegenüber der APA: "Die Mietpreisbremse muss diese Woche stehen. Das Zuhause darf für ältere Menschen nicht zur Kostenfalle werden." Wohnen stelle neben den gestiegenen Energie- und Lebensmittelkosten eine große Belastung besonders für ältere Menschen dar. "Für Mieterinnen und Mieter in Richtwertmietwohnungen wird es zunehmend brenzlig", warnte die Seniorenbund-Präsidentin Ingrid Korosec. Es brauche eine Einigung der Koalitionspartner, die ab 1. April greifen müsse, verwies sie auf eine Durchschnittspension in Höhe von 1.400 Euro brutto und verwies auf drohende Altersarmut.

Ein massiver Rücksetzer in den Gesprächen ist allerdings evident. Von den Grünen hieß es Dienstagnachmittag, sie hätten einen "sozial gerechten und ökonomisch sinnvollen Vorschlag" für eine Mietpreisbremse gemacht. Doch: "Dieses umfassende und vernünftige Paket hat die ÖVP abgelehnt", hieß es in einer Stellungnahme gegenüber der APA knapp, gleichzeitig wurde aber eingeräumt: "Die Einmalzahlungen, die die ÖVP nun vorgeschlagen hat sind eine mögliche Alternative." Es fehle aber die inflationsdämpfende Komponente. "Wir prüfen soziale Treffsicherheit, die Förderhöhen und wie schnell der Vorschlag umgesetzt werden kann", so die Grünen. Eine Lösung, die den Mieterinnen und Mietern helfe, sei besser als keine Lösung.

Wirtschafts- und Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) kann sich eine Einigung der Regierung bei der anvisierten Mietpreisbremse und Grunderwerbssteuer-Senkung durchaus noch vorstellen. "Ich bin optimistisch, dass es einen Kompromiss gibt", sagte Kocher am Dienstag im Klub der Wirtschaftspublizisten in Wien. Es gebe "sehr intensive Gespräche auf parlamentarischer Ebene". In die Detailverhandlungen sei er aber nicht eingebunden.

Die von Wifo-Chef Gabriel Felbermayr und Fiskalrat-Präsident Christoph Badelt vorgeschlagene Streckung der Altbau-Richtwertmietenerhöhung über mehrere Jahre lehnt Kocher nicht kategorisch ab. "Das kann man durchaus diskutieren", so der Wirtschaftsminister. Die von der ÖVP ins Spiel gebrachte Streichung der Grunderwerbssteuer für das erste Eigenheim hat laut Kocher auf jeden Fall einen positiven Effekt. "Es macht sicher was aus."

Davor hielt Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) zu einer Einigung mit dem Koalitionspartner bei der bevorstehenden Richtwertmieten-Erhöhung in einem Interview mit den "Oberösterreichischen Nachrichten" (Dienstagsausgabe) fest: "Leider war es mit den Grünen nicht möglich, das Thema Wohnen breiter zu fassen. Mieter zu entlasten, ist gerechtfertigt. Uns ist aber auch das Thema Eigentum wichtig, darum wollten wir die Grunderwerbsteuer für das erste Eigenheim bis zu einer gewissen Grenze reduzieren oder auf null stellen."

Weiters bezeichnete der Minister die Erhöhung der Richtwertmieten mit 1. April als primär regionales Problem. "Das sind großteils Wohnungen in der Wiener Innenstadt und innerhalb des Gürtels. Auf dem Land und in den Bundesländern ist das kaum ein Thema", meinte Brunner. Betreffend Grunderwerbssteuer betonte er: "Zu einer Vermögenssteuer über die Hintertür sind wir nicht bereit."

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) ortete angesichts solcher Aussagen eine "Ignoranz gegenüber der Wiener Bevölkerung". "Die Interessen der Wiener Mieterinnen und Mieter sind dem Finanzminister kein Anliegen. Darüber hinaus betrifft es nicht nur Wien. Städte und somit Wohnungen in ganz Österreich sind von der bevorstehenden Erhöhung betroffen", hielt er via Twitter fest. In Wahrheit, so befand er, sei ein Universalmietrecht nötig. Alle Mietwohnungen müssten in den Geltungsbereich des Mietrechtsgesetzes kommen und damit auch preisreguliert werden.

Der FPÖ-Bautensprecher im Nationalrat, Philipp Schrangl, übte am Dienstag heftige Kritik an der aktuellen wohnpolitischen Entwicklung und sprach von einem "zynischen ÖVP-Trauerspiel um die Mietpreisbremse". Ein Wohnzuschuss sei "keine Alternative zu einem echten Mietenstopp". "Offensichtlich torpediert die ÖVP jede Entlastung Hunderttausender Mieter aus politischem Kalkül heraus", meinte Schrangl in einer Aussendung. Der kolportierte Wohnzuschuss sei "ein reines Placebo".

Ursprünglich wollte die ÖVP auch für die Vermieter, die bei einer Mietpreisbremse zu einem spürbaren Einnahmenverzicht gedrängt würden, Verbesserungen in das Gesetz hineinverhandeln - attraktivere steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten bei klimafreundlichen thermischen Sanierungen. Weiters wollte sie Käufer und Häuslbauer entlasten - beim Kauf einer Immobilie sollten die ersten 500.000 Euro von der Grunderwerbssteuer (3,5 Prozent des Kaufpreises) befreit werden. Davon dürfte vorerst keine Rede mehr sein. "Wir haben einen ganz neuen Vorschlag unterbreitet", bekräftigte die ÖVP gegenüber der APA.

Den Grünen war der Steuervorstoß der ÖVP zu weit gegangen, da damit auch Luxusimmobilienkäufer entlastet würden. Sie schlugen vor, den Grunderwerbsteuersatz ab einem Kaufpreis von 1 Mio. Euro von 3,5 auf 5 Prozent zu erhöhen. Das sollte den Gemeinden, die diese Steuer einheben, zur Gegenfinanzierung dienen. Generell wollten die Grünen die Erhöhung der Richtwertmieten 2023 von 8,6 auf 3,8 Prozent einbremsen und den Rest der Anhebung 2024 und 2025 nachziehen.

Die SPÖ spricht sich für einen gänzlichen Mietpreisstopp aus. Sie will Erhöhungen für Richtwert-, Kategorie- und frei vermietete Wohnungen sowie Geschäftsräume von KMU bis Ende 2025 aussetzen. Danach sollen die Mieten jährlich um maximal 2 Prozent steigen dürfen.