Schuldspruch in einem Nebenstrang der Causa Commerzialbank Mattersburg in Korneuburg © APA - Austria Presse Agentur
In Verbindung mit der Commerzialbank Mattersburg hat ein ehemaliger Mitarbeiter der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) am Dienstag in Korneuburg wegen Verletzung des Amtsgeheimnisses acht Monate bedingte Haft erhalten. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) warf dem 58-Jährigen vor, den früheren Bankchef Martin Pucher über bevorstehende Prüfungen informiert zu haben. Der Angeklagte bekannte sich schuldig. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Der frühere OeNB-Mitarbeiter soll den damaligen Vorstandsvorsitzenden Pucher vor der offiziellen Verständigung über bevorstehende Prüfungen informiert und dabei auch konkrete Themen bekanntgegeben haben. Dadurch sei eine längere sowie gezielte Vorbereitung ermöglicht worden. Die Arbeit der OeNB sei dagegen "erheblich erschwert und damit die Ordnungsgemäßheit und Effektivität der Bankenprüfung und Bankenaufsicht im Hinblick auf die Commerzialbank massiv eingeschränkt worden", hieß es vonseiten der WKStA.
Es habe sich nicht um einen "einmaligen Lapsus" des Angeklagten, sondern "fast schon um ein systematisches Vorgehen" gehandelt, sagte der Oberstaatsanwalt. Durch die Kenntnis der Prüfung hätten "Fake-Kredite" versteckt werden können, hieß es. Der WKStA-Vertreter verwies auch auf Anruflisten. Als der Angeklagte Pucher nicht erreicht hatte, habe er Nachrichten hinterlassen, am 6. Dezember 2019 etwa: "Es geht um einen Besuch, der dich nicht sehr erfreuen wird." Betroffen waren laut WKStA die Jahre 2015, 2017 und 2020 und damit "sämtliche Prüfungen in diesem Zeitraum bis zur Insolvenz der Bank".
Angeklagter: "Es tut mir sehr leid"
"Meinem Mandanten ist das so unangenehm. Er hat alles verloren", sagte Verteidiger Manfred Arbacher-Stöger. Er ersuchte um eine Diversion bzw. eine milde Strafe. Der Angeklagte sei fristlos entlassen worden.
"Es tut mir sehr leid", sagte der Beschuldigte, der sich am Dienstag im Gegensatz zum Ermittlungsverfahren umfassend geständig zeigte. "Der Herr Pucher hat mich irgendwie beeinflusst", meinte der Niederösterreicher. Mit dem früheren Bankchef habe ihn eine Freundschaft und die Leidenschaft zum Fußball verbunden. "Ich habe aus dieser ganzen Sache keinen finanziellen Vorteil gehabt", betonte er. Der frühere OeNB-Mitarbeiter hatte 2015 ein Sachgeschenk im Wert von 120 Euro, in den folgenden Jahren Käseglocke und -messer, eine Tee-Box, Badetücher sowie einen Rucksack und eine Lunchbox erhalten, verwies Richter Manfred Hohenecker auf die Geschenkeliste der Commerzialbank. Aufgrund des Geständnisses wurden in der Einzelrichterverhandlung keine Zeugen befragt.
"Beweislage war erdrückend"
"Die Beweislage war erdrückend", sagte der Richter, der von einem "Urteil mit Augenmaß" sprach. "Den Schaden, den Sie angerichtet haben, möchte ich lieber nicht wissen. Wir kennen ihn nicht", meinte Hohenecker zum Angeklagten. Erschwerend wurde der Tatzeitraum über mehrere Jahre gewertet, mildernd das reumütige Geständnis und der bisher ordentliche Lebenswandel des Beschuldigten. Die Probezeit beträgt drei Jahre.
Aus generalpräventiven Gründen sei keine Diversion möglich gewesen, erklärte Hohenecker. Die OeNB wurde als Privatbeteiligte mit ihren Ansprüchen für die Kosten zur Aufklärung auf den Zivilrechtsweg verwiesen. Der Angeklagte verzichtete auf Rechtsmittel, die WKStA gab keine Erklärung ab. Damit ist das Urteil des Landesgerichts Korneuburg nicht rechtskräftig.
Pucher nicht bei Prozess dabei
Ermittlungen wegen weiterer Vorwürfe gegen den Angeklagten in diesem Zusammenhang wurden dagegen eingestellt. Der schwerkranke Ex-Bankchef Pucher war nicht bei dem Prozess dabei.
Es handelt sich um einen Nebenstrang im Verfahrenskomplex Commerzialbank, erläuterte der Oberstaatsanwalt. Ermittelt wird in der Hauptcausa weiter wegen gewerbsmäßig schweren Betrugs, Untreue, betrügerischer Krida, Bilanzfälschung, Geldwäsche sowie wegen diverser Korruptionsvorwürfe. Derzeit wird von zumindest 600 Mio. Euro Schaden ausgegangen. Die Bank wurde am 14. Juli 2020 durch die Finanzmarktaufsicht (FMA) geschlossen, ein großer Teil der Bilanzsumme dürfte erfunden gewesen sein.
Der bisher größte Prozess in der Causa wird derzeit am Landesgericht Eisenstadt verhandelt. Seit 14. Jänner müssen sich dort Ex-Bankvorständin Franziska Klikovits und drei Unternehmer verantworten, deren zahlungsunfähige Betriebe laut WKStA durch "unredliche Gewährung von Kreditmitteln" und Übergabe von Bargeld aus der Bank künstlich am Leben erhalten worden sein sollen. Die Firmen stellten dafür Scheinrechnungen aus. Ein Teil des Geldes soll auch über Sponsorings in den SV Mattersburg geflossen sein. Das Verfahren gegen Pucher wurde formal ausgeschieden, weil er laut einem Gutachten nicht verhandlungsfähig ist.