Auch das Putzen in Privathaushalten wird erleichtert © APA - Austria Presse Agentur

Nach dem russischen Überfall auf die Ukraine hat die EU die Massenzustrom-Richtlinie aktiviert. Neben einem zeitlich beschränkten Aufenthaltsstatus für Ukraine-Vertriebene erhalten diese dadurch auch Zugang zu nationalen Arbeitsmärkten wie jenen in Österreich. Die Richtlinie ist hier seit März 2022 umgesetzt. Jetzt wurden fürs zweite Quartal Erleichterungen angekündigt. Vertriebene sollen dann Österreichern und EU-Bürgern gleichgestellt werden und jeden Job annehmen dürfen.

In Zukunft sollen alle Ukraine-Flüchtlinge, die einen Ausweis für Vertriebene ("Blaue Karte") ausgestellt bekommen haben, nämlich vom Ausländerbeschäftigungsgesetz ausgenommen sein, teilte das Arbeitsministerium mit. Dann können sie - sofort und auch ohne Beschäftigungsbewilligung - jede Arbeit annehmen, dies gilt auch für Zeitarbeit. Vertriebene unterliegen somit den gleichen Regeln wie österreichische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger sowie Menschen aus EU-Partnerstaaten.

"Die Neuerung wird nach Durchführung des parlamentarischen Verfahrens voraussichtlich im zweiten Quartal 2023 in Kraft treten", hieß es in der Mitteilung des Arbeitsministeriums gegenüber der APA. "Bis zu diesem Zeitpunkt ist weiterhin eine Beschäftigungsbewilligung notwendig." Ziel sei "eine noch schnellere Arbeitsaufnahme und auch die Beschäftigung in der Arbeitskräfteüberlassung und mittels Dienstleistungsscheck".

Vertriebene werden dann auch als arbeitslos beim AMS vorgemerkt. Dies werde nach Inkrafttreten zu einer etwas höheren Arbeitslosigkeit führen.

Bisher bzw. vorerst noch kann eine Beschäftigungsbewilligung nach Ausstellung der Blauen Karte durch das Innenministerium für alle Branchen in einem vereinfachten Verfahren ohne Arbeitsmarktprüfung erteilt werden. Das geht normalerweise innerhalb von einem oder zwei Werktagen. Bis jetzt nicht drin war eine Beschäftigungsbewilligung in der Arbeitskräfteüberlassung und für haushaltsnahe Dienstleistungen in Privathaushalten via Dienstleistungsscheck. Das soll sich ändern, denn Erfahrungen aus Deutschland zeigen laut Arbeitsministerium, dass die Arbeitskräfteüberlassung oftmals der erste Schritt in den Arbeitsmarkt sei.

"Ein Jahr nach Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine sind wir weiterhin entschlossen, vertriebene Menschen, die in Österreich arbeiten wollen, mit den uns zur Verfügung stehenden Mitteln zu unterstützen", wurde Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) zitiert.

Ende Dezember 2022 sind 13.546 Ukrainerinnen und Ukrainer in Österreich beschäftigt gewesen. Ein Anstieg von fast 8.200 übers Jahr durch die Vertriebenen-Regelung entsprach mehr als einer Verdoppelung. Insgesamt seien die Arbeitskräfte gut integriert. Systematische Verstöße gegen das Arbeits- und Sozialrecht durch Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber seien nicht bekannt, so das Arbeitsministerium.

Tourismus-Staatssekretärin Susanne Kraus-Winkler (ÖVP) rechnete vor, dass im Tourismus 3.248 Beschäftigte aus der Ukraine stammen. Barbara Neßler, Tourismussprecherin der Grünen, betonte: "Wir nützen damit verstärkt das Potenzial der Menschen, die bereits hier sind, anstatt ständig nur über die Erhöhung der Saisonkontingente zu sprechen."

Applaus für die Regelung kam heute von Seiten der Wirtschaft. WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf meinte: "Damit fällt viel Bürokratie weg, die durch die Beschäftigungsbewilligung nötig war." Er geht aber noch weiter und fordert ein "Westbalkankontingent" nach Vorbild Deutschlands bzw. einen freien Arbeitsmarktzugang für die dortigen EU-Beitrittskandidaten. Von Christoph Neumayer, Generalsekretär der Industriellenvereinigung (IV), hieß es: "Die Schaffung einer Aufenthaltssicherheit spielt für die Integration in der Gesellschaft und am Arbeitsmarkt eine zentrale Rolle."

Freude herrscht auch bei den Zeitarbeitsfirmen. "Damit wird erstmals auch eine Beschäftigung auf dem Wege der Arbeitskräfteüberlassung ermöglicht. (...) Wir sehen das als ein starkes Argument, nun auch die Beschäftigung von Drittstaatsangehörigen im Wege der Arbeitskräfteüberlassung in Österreich zu ermöglichen", erklärte Heidi Blaschek, Bundesvorsitzende der Personaldienstleister.