Photovoltaikanlage auf Kinderhaus in Hittisau © APA - Austria Presse Agentur

Die Region Vorderwald in der Vorarlberger Talschaft Bregenzerwald ist seit 2009 eine von mittlerweile 126 Klima- und Energie-Modellregionen (KEM) in Österreich. Herzstück der Modellregion ist die Erneuerbare-Energie-Gemeinschaft (EEG) Vorderwald, in der sechs Kommunen gegenseitig überschüssigen Photovoltaikstrom austauschen. Bis 2030 wollen sich die Kommunen mit ihren Gebäuden und Anlagen bilanziell komplett mit selbst erzeugtem Strom aus erneuerbaren Quellen versorgen.

Monika Forster vom Energieinstitut Vorarlberg ist die Managerin der Modellregion und begleitet die Vorderwald-Gemeinden auf ihrem Weg als Klima- und Energie-Modellregion von Anfang an. Die Idee, eine EEG zu gründen, stammte 2019 aus dem "sonnenverwöhnten" Ort Sibratsgfäll. Damals zeichnete sich ab, dass gemeinschaftliches Stromproduzieren und -teilen auf Basis europäischer Vorgaben möglich werden wird. Es folgten Simulationen in Zusammenarbeit mit der Fachhochschule Vorarlberg, auf Bundesebene ermöglichte das im Juli 2021 beschlossene Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz (EAG) die Umsetzung. Die EEG Vorderwald existiert seit Jänner 2022 und ist seit Frühling 2022 "in Betrieb".

Die Form der "Erneuerbaren-Energie-Gemeinschaft" ist in Österreich eine von drei Möglichkeiten, gemeinsam Strom zu erzeugen, zu verbrauchen, zu speichern und zu verkaufen. Der Vorderwald mit seinen neun Gemeinden an der Grenze zu Bayern ist in der Lage, eine EEG zu bilden, weil die notwendige Voraussetzung auf Ebene des Stromnetzes gegeben ist - sie sind über dasselbe Umspannwerk, dieselbe Netzebene, miteinander verbunden. Sechs der Kommunen - neben Sibratsgfäll auch Hittisau, Langenegg, Langen bei Bregenz, Lingenau und Sulzberg - gehören der EEG bereits an, die Gemeinden Doren und Riefensberg haben ihren Beitrittsbeschluss zur EEG gefällt, Krumbach will noch folgen.

Konkret funktioniert die EEG Vorderwald so, dass die sechs teilnehmenden Gemeinden in den vergangenen Jahren etwa auf den Dächern von Rathäusern, Gemeindesälen oder Schulen fortlaufend Photovoltaikflächen errichtet haben und das weiter tun. Der so erzeugte Strom wird zunächst nach eigenem Bedarf im Gebäude selbst konsumiert, der Überschuss wird in die EEG eingespeist, wo er von allen anderen Stromverbrauchern innerhalb der Energiegemeinschaft bezogen werden kann. Abgerechnet wird im Viertelstundenrhythmus - es zählen die gleichzeitige Erzeugung und der gleichzeitige Verbrauch. Zum Beispiel liefern große Photovoltaikanlagen auf Schulen während der Sommerferien ihren Überschuss an Kläranlagen und Pumpwerke, die ganzjährig gleichmäßig Strom verbrauchen.

Derzeit können die sechs Gemeinden mit den Photovoltaikanlagen in der EEG rund 500.000 Kilowattstunden Strom pro Jahr erzeugen, der Verbrauch hingegen liegt beim Doppelten, bei einer Million Kilowattstunden. Zum Vergleich: Für einen durchschnittlichen Vorarlberger Haushalt werden 3.500 Kilowattstunden Jahresverbrauch angesetzt. Allein 2023 kamen über eine Bürgerbeteiligung über 200 Kilowatt an Photovoltaik-Leistung bei den Kommunen hinzu. Die Gemeinden haben sich verpflichtet, bis 2030 jährlich rund 200 Kilowatt an Photovoltaik-Leistung auf kommunalen Gebäuden zuzubauen. Die EEG möchte möglichst viel des selbst erzeugten Stroms auch selbst verbrauchen - 2023 waren das um die 60 Prozent. Was nicht in der EEG konsumiert wird, fließt gegen Entgelt ins Netz der Stromgesellschaft, die den Strom ihrerseits weiterverkauft.

Auch wenn neben Strom zwischen den Gemeinden Geld fließt, ist der wirtschaftliche Vorteil nicht der Hauptzweck der EEG. Das ist so in den Statuten des Trägervereins festgeschrieben. Ziel der EEG sei es, die Selbstversorgung mit Strom so hoch wie möglich zu schrauben und damit auch ein Stück unabhängiger zu werden, betonte Forster. "Es geht darum, langfristig in einer Gemeinschaft zueinander zu stehen", unterstrich sie. Amortisieren müssen sich die auf Kosten der jeweiligen Gemeinde errichteten Photovoltaikanlagen früher oder später natürlich trotzdem. Für Strom, der aktuell in die EEG geliefert wird, erhält der Erzeuger 12 Cent pro Kilowattstunde, der Konsument bezahlt 13 Cent.

Auch für den Obmann des Trägervereins der EEG, den Langenegger Bürgermeister Thomas Konrad, stehen Unabhängigkeit und Bewusstseinsbildung im Vordergrund. Ziel sei es, als Gemeinschaft energieautark zu werden, sagte er zur APA. Die EEG solle ein "ehrliches, ordentliches Projekt" sein, das den bewussten Umgang mit Energie fördert, eben auch durch Bürgerbeteiligungen. Geht es nach Forster und Konrad, ist es für die EEG nun an der Zeit, richtig durchzustarten. War die EEG bisher beinahe nur auf die Kommunen beschränkt, wird sie nun auch für Private und Unternehmen geöffnet. Bis Jahresende werden einige Privathaushalte und Firmen aufgenommen, im nächsten Jahr steht die EEG weit offen für den Beitritt von Privaten und Unternehmen. Mitmachen kann man als Produzent oder auch "nur" als Konsument. "Die Voraussetzungen wie die Darstellung der Daten oder eine funktionierende Abrechnung sind gegeben", freute sich Forster.

In Forsters und Konrads Vision könnte die EEG eines Tages vielleicht auch Strom aus anderen erneuerbaren Energiequellen als Photovoltaikanlagen schöpfen. Ein Windrad im Bregenzerwald? "Dazu bräuchte es natürlich die Akzeptanz der Bürger", so Forster. Grundsätzlich hält sie die Möglichkeit einer EEG - auch für Private - für fabelhaft. "Bei allen Anfangsschwierigkeiten ist es einfach großartig, welchen Weg Österreich bei der Realisierung von Energiegemeinschaften eingeschlagen hat. Jede und jeder kann damit selbst für die eigene Energieversorgung Verantwortung übernehmen", findet sie großes Lob für die Bestimmungen in Österreich und wie sie umgesetzt werden. Bei internationalen Konferenzen werde sie von ausländischen Kolleginnen und Kollegen stets um die hiesigen Rahmenbedingungen beneidet.