Zoll-Reaktion aus China könnte europäische Autobranche schwer treffen © APA - Austria Presse Agentur

Die von der EU-Kommission angekündigten Strafzölle gegen chinesischen Elektroautos dürften in Europa zumindest zu einem leichten Anstieg der Preise führen. Dieser Ansicht ist der Wifo-Handelsexperte Harald Oberhofer. Der Preis am Markt hänge neben der Nachfrage zwar noch von anderen Faktoren ab, "zusammengefasst würde ich aber davon ausgehen, dass es schon einen leichten Preisanstieg geben könnte", sagte er am Donnerstag im "Ö1 Journal um acht".

Dass sich die Branche selbst gegen die Strafzölle ausspricht, die sie eigentlich schützen sollen, sei "tatsächlich nicht oft der Fall", sagte Oberhofer. "Wir vom Fahrzeughandel waren eigentlich dagegen", erklärte etwa der Obmann der österreichischen Kfz-Händler in der Wirtschaftskammer, Klaus Edelsbrunner, ebenfalls im Ö1-Journal. Er verwies auf österreichische Händler, die chinesische Autos verkaufen und somit auch von den Zöllen betroffen seien. Auch die Wirkung der Zölle gegen chinesische Hersteller stellte Edelsbrunner in Frage: "BYD, die in Ungarn selber ein Werk bauen, die sind dann innerhalb der EU und außerhalb der Strafzölle, das verstehe ich nicht ganz."

Grund für die Kritik der Autobranche sei die internationale Vernetzung des Automobilmarktes und vor allem das Engagement der deutschen Autobauer in China, die dort rund ein Fünftel bis ein Viertel ihres Gewinns machen würden, sagte Oberhofer. Die Branche befürchte nun Gegenmaßnahmen aus China. So könne die dortige Regierung etwa höhere Zölle auf Premiumautos aus Europa einheben und so die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Hersteller verschlechtern. Darunter könnten dann auch die österreichischen Zulieferer leiden.

Gleichzeitig könnten die Zölle laut Oberhofer aber auch dazu führen, dass die Absatzzahlen der europäischen Hersteller in Europa steigen und auch mehr in Europa produziert wird, wovon auch österreichische Unternehmen profitieren würden. "Es hängt natürlich davon ab, was China genau tut", so der Handelsexperte, "kurzfristig könnte der negative Effekt überwiegen". Auch die Industriellenvereinigung (IV) hatte gestern, Mittwoch, vor einer "protektionistischen Spirale" gewarnt, sollte China Gegenmaßnahmen setzen.

Valentin Wedl, Handelsexperte bei der Arbeiterkammer, rechnet kurzfristig ebenfalls mit höheren Preisen für E-Autos. "Aber mittel- bis langfristig muss die EU auch das Ziel verfolgen, die industrielle Basis und die Industriearbeitsplätze in Europa abzusichern und vor dem Hintergrund ist das Verhalten der EU-Kommission einleuchtend", sagte er im Ö1-Morgenjournal.

Die Erreichung der Klimaziele in der EU könnte durch die Strafzölle auf klimafreundlichere E-Autos jedenfalls erschwert werden. "Für die klimapolitischen Ziele der Europäischen Union ist diese Maßnahme sicherlich nicht hilfreich", sagte Oberhofer. "Ich halte die Zölle für die zweitbeste Lösung", sagte Umweltministerin Leonore Gewessler (Grüne) am Donnerstag am Rande einer Pressekonferenz. Wichtiger sei es, Europas Autoindustrie dabei zu unterstützen, dass sie im aktuellen technologischen Wandel "vorne dabei sein kann". Als Unterstützung, um gegenüber China einen fairen Wettbewerb herzustellen, würde sie Zölle befürworten, aber wer das Ziel habe, mit Zöllen "eine veraltete Technologie länger am Leben zu halten, ist am falschen Dampfer".

Die Zollraten sollen durchschnittlich bei 21 Prozent liegen, für jene Hersteller, die nicht mit der EU kooperiert haben, auch deutlich höher. Sie werden auf die bereits geltenden Zölle von 10 Prozent aufgeschlagen. Laut einer Sektoranalyse der Raiffeisen Research sind die Zölle dabei zu niedrig, um Exporte aus China maßgeblich zu behindern. Demnach fallen die Gewinnmargen chinesischer Hersteller in Europa aktuell deutlich höher aus als auf ihrem Heimatmarkt. "Der Breakeven-Point mit der in China erzielten Marge liegt in etwa bei Zöllen in Höhe von 48 Prozent und damit deutlich über den tatsächlichen Raten", heißt es in dem Bericht.

Die Strafzölle der EU sind noch nicht fix, zunächst soll es noch Gespräche mit der chinesischen Seite geben. Sollte es keine Einigung erreicht werden, würden die Strafzölle mit 4. Juli vorläufig eingeführt. Eine endgültige Entscheidung über die Einführung der Zölle soll im November gefällt werden.