Kleenex kauft Neutrogena © APA - Austria Presse Agentur
Der US-Konsumgüterkonzern Kimberly-Clark will den Konkurrenten Kenvue übernehmen und damit einen neuen Riesen im Geschäft mit Gesundheits- und Pflegeprodukten schmieden. Bei dem Deal wird Kenvue mit 48,7 Mrd. Dollar (42,15 Mrd. Euro) bewertet, wie beide Unternehmen am Montag mitteilten. Zu Kimberly-Clark gehören Marken wie Kleenex-Taschentücher und Huggies-Windeln. Kenvue, ist für Produkte wie Listerine-Mundspülung, Neutrogena-Hautpflege und o.b.-Tampons bekannt.
Die Aktionäre von Kenvue, der früheren Konsumgütersparte von Johnson & Johnson, erhalten für jede Aktie 3,50 Dollar in bar sowie 0,14625 Kimberly-Clark-Aktien. Damit beläuft sich der Gesamtwert auf 21,01 Dollar je Aktie, basierend auf dem Schlusskurs von Kimberly-Clark vom 31. Oktober. Dies entspricht einem Aufschlag von 46,2 Prozent auf den letzten Schlusskurs von Kenvue. Laut Berechnungen von Reuters ergibt sich daraus ein Eigenkapitalwert von 40,32 Milliarden Dollar. Nach Abschluss der Transaktion sollen die bisherigen Kimberly-Clark-Aktionäre etwa 54 Prozent und die Kenvue-Anteilseigner rund 46 Prozent an dem neuen Konzern halten.
Kimberly-Clark will den Baranteil unter anderem durch neue Schulden und Erlöse aus dem Verkauf einer Mehrheitsbeteiligung am internationalen Taschentuchgeschäft an den brasilianischen Zellstoffhersteller Suzano finanzieren. Der Abschluss des Deals wird für das zweite Halbjahr 2026 erwartet, sofern die Aktionäre beider Firmen und die Aufsichtsbehörden grünes Licht geben.
Kenvue im Plus, Kimberly-Clarke im Minus
Die Aktien von Kenvue legten an der Wall Street um 18 Prozent zu, während die Anteilsscheine von Kimberly-Clark unter Druck gerieten und 12,5 Prozent verloren. Die Sorgen der Anleger über die Übernahme dürften zum Teil auf die potenziellen rechtlichen Risiken von Kenvue zurückzuführen sein. Denn Kenvue sieht sich unter anderem mit Klagen wegen seines Schmerzmittels Tylenol, mit dem Wirkstoff Paracetamol konfrontiert, das US-Präsident Donald Trump mit Autismus in Zusammenhang bringt.
"Wir freuen uns, zwei ikonische Unternehmen zusammenzubringen, um einen globalen Marktführer für Gesundheit und Wellness zu schaffen", erklärte Kimberly-Clark-Chef Mike Hsu. Das kombinierte Unternehmen umfasse ein Portfolio sich ergänzender Produkte, darunter zehn Marken mit einem Jahresumsatz von jeweils mehr als einer Milliarde Dollar. Es handelt sich um die bisher größte Übernahme im US-Konsumgütersektor. Die Konzerne erwarten durch den Zusammenschluss Synergien von insgesamt 2,1 Milliarden Dollar pro Jahr. Der fusionierte Konzern soll einen Jahresumsatz von rund 32 Milliarden Dollar erreichen. Geführt werden soll er vom bisherigen Kimberly-Clark-Chef Hsu.
Klagen wegen Tylenol
Kenvue sieht sich Hunderten von Klagen gegenüber, in denen behauptet wird, das Unternehmen habe einen angeblichen Zusammenhang zwischen der Einnahme von Tylenol während der Schwangerschaft und Autismus oder ADHS bei Kindern verschwiegen. Der in Tylenol enthaltene Wirkstoff ist das in Deutschland bekannte Paracetamol. US-Gesundheitsminister Robert F. Kennedy Jr. erklärte zwar vor Kurzem, es gebe keine schlüssigen Beweise für einen solchen Zusammenhang, nannte die vorliegenden Daten jedoch "sehr suggestiv". Einem Analysten von BNP Paribas zufolge fielen die US-Umsätze von Tylenol nach kritischen Äußerungen der Trump-Regierung binnen zwei Wochen um elf Prozent.
Der Übernahmeankündigung ging eine längere strategische Überprüfung bei Kenvue voraus. Das Unternehmen hatte im Sommer mit einem schwächelnden Geschäft, insbesondere bei Hautpflegemarken wie Neutrogena, zu kämpfen und daraufhin seine Jahresprognose gesenkt. Zudem tauschte Kenvue im Juli seinen Vorstandschef aus. Analysten zeigten sich vom Zeitpunkt des Deals überrascht. "Die meisten Investoren erwarteten, dass Kenvue einzelne Marken verkauft, nicht das gesamte Unternehmen", sagte James Harlow von Novare Capital Management unter Verweis auf die Rechtsrisiken. Kimberly-Clark habe aber offenbar den langfristigen Wert eines starken Markenportfolios erkannt, das derzeit mit einem hohen Abschlag gehandelt werde. Kenvue war 2023 von Johnson & Johnson an die Börse gebracht worden, um dem ehemaligen Mutterkonzern die Konzentration auf das Geschäft mit verschreibungspflichtigen Medikamenten und Medizintechnik zu ermöglichen.