Im Rahmen der diesjährigen Hauptversammlung der voestalpine erfolgte die Übernahme des Vorstandsvorsitzes durch Herbert Eibensteiner (links) von Wolfgang Eder. © voestalpine AG
Nach 15 ereignisreichen Jahren übergibt Wolfgang Eder das Zepter der voestalpine an Herbert Eibensteiner. Der neue CEO blickt trotz Konjunktureintrübung zuversichtlich in die Zukunft.
Sie ist einer der erfolgreichsten Konzerne des Landes. In den vergangenen Jahren hat sich die voestalpine AG vom österreichischen Stahlunternehmen zu einem global tätigen Technologiekonzern entwickelt. Die Unternehmensgruppe verfügt mittlerweile über rund 500 Konzerngesellschaften und -standorte in mehr als 50 Ländern auf allen fünf Kontinenten, beschäftigt weltweit knapp 52.000 Mitarbeiter und notiert seit 1995 an der Wiener Börse.
Geschäftsjahr 2018/19 mit Umsatzrekord
Nach dem Rekordgeschäftsjahr 2017/18 mit „all-time highs“ in praktisch allen wesentlichen Kennziffern war das Geschäftsjahr 2018/19 durch steigende politische und wirtschaftliche Herausforderungen, wie dem eskalierenden Handelsstreit zwischen den USA und China, den unkoordinierten Brexit-Verhandlungen oder der Einführung eines neuen Abgasemissionstests, geprägt. Dennoch konnte die voestalpine ihren Umsatz um 5,1 Prozent von 12,9 auf einen neuen Rekordwert von 13,6 Milliarden Euro steigern, was insofern bemerkenswert ist, als die Steel Division aufgrund der umfassenden Erneuerung des konzernal größten Schmelzaggregats, dem Hochofen A, nur deutlich reduzierte Produktionskapazitäten zur Verfügung hatte.
CEO-Wechsel vollzogen
Ein Mann, der die Geschicke der voestalpine seit mehr vier Jahrzehnten prägt, ist Wolfgang Eder. Nach 41 Jahren im Unternehmen und 15 Jahren als Vorstandsvorsitzender wechselte er im Juli in den Aufsichtsrat und übergab den CEO-Posten an Herbert Eibensteiner: „Ich freue mich sehr über die neue Aufgabe als CEO und darauf, das erfolgreiche Geschäftsmodell der voestalpine konsequent weiterzuentwickeln. Mit den Schwerpunkten Innovation, Internationalisierung, wertsteigerndes Wachstum und dem Bekenntnis zu nachhaltigem Handeln werden wir unseren Weg in Richtung Technologiekonzern fortsetzen.“
Der international erfahrene Manager begann seine Berufslaufbahn nach Abschluss des Studiums für Maschinenbau/Betriebswissenschaft 1989 als Betriebsingenieur in der voestalpine. Es folgten zahlreiche Führungspositionen, bevor er 2012 zum Vorstandsmitglied und Leiter der Metal Forming Division aufstieg. Seit Oktober 2014 führte Eibensteiner mit der Steel Division am Standort Linz die umsatzstärkste Division des Konzerns.
„Ich weiß, dass die voestalpine gut gerüstet für kommende Herausforderungen in die Zukunft geht und dem Konzern mit meinem Nachfolger Herbert Eibensteiner und seinen Vorstandskollegen ein äußerst erfahrenes und höchst kompetentes Führungsteam vorsteht. Ich gehe daher ohne Wehmut, sondern mit Zufriedenheit über das, was war – und sehe dem, was kommt, mit Freude und großer Zuversicht entgegen“, erklärte der scheidende CEO Wolfgang Eder anlässlich des Führungswechsels.
Investitionsprojekte zur Stärkung der Technologieführerschaft
Ihre Technologieführerschaft untermauert die voestalpine mit laufenden Investitionsprojekten. Im vergangenen Geschäftsjahr investierte der Konzern knapp mehr als eine Milliarde Euro und damit um 13 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Erneuerung des größten Hochofens in Linz wurde erfolgreich abgeschlossen und sichert nun langfristig die Technologie- und Qualitätsführerschaft bei Flachstahlprodukten. Im letzten Jahr ebenfalls erfolgreich hochgelaufen sind neue Flugzeugkomponentenanlagen in Kapfenberg. Auf internationaler Ebene nahmen zudem neue Automotive-Werke in China und Mexiko ihren Betrieb auf. Ein weiteres Highlight war die Bündelung der Bahninfrastruktur-Kompetenzen unter dem Dach des Geschäftsbereiches „Railway Systems“, wodurch die voestalpine zum weltweit einzigen Komplettanbieter für voll digitalisierte Bahnstrecken, einschließlich Premiumschienen, Hightech-Weichen und digitalen Überwachungssystemen, aufstieg. Auch die laufenden Investitionsprojekte liegen im Plan – allen voran die Errichtung des weltweit modernsten Edelstahlwerkes in Kapfenberg. Mit Produktinnovationen für die Elektromobilität – verbunden mit dem Einstieg in die noch junge, aber äußerst erfolgreiche Rennserie „Formel E“ – sichert sich der Konzern zudem eine zentrale Position in diesem international dynamisch wachsenden Industriezweig.
EIB stellt voestalpine-Finanzierung über 300 Millionen Euro zur Verfügung
Eine bedeutende Investition erhielt der Konzern auch kürzlich von der Europäischen Investitionsbank (EIB). Sie stellt der voestalpine eine Finanzierung über 300 Millionen Euro in zwei Tranchen zur Verfügung. Die erste Tranche fließt in den Bau eines neuen, hochmodernen Edelstahlwerkes im österreichischen Kapfenberg. Die voll digitalisierte Anlage wird ab 2021 jährlich rund 205.000 Tonnen anspruchsvollste Hochleistungsstähle für die internationale Luftfahrt- und Automobilindustrie sowie für den Energiesektor produzieren und über 3.000 hochqualifizierte Arbeitsplätze am Standort langfristig absichern. Die zweite Tranche des EU-Kredits ist für das Forschungs- und Entwicklungsprogramm des Technologiekonzerns über einen Zeitraum von drei Jahren vorgesehen.
Der für das EIB-Geschäft in Österreich verantwortliche Vizepräsident Andrew McDowell erklärte: „Wir wollen in Europa die Arbeitsplätze in der produzierenden Industrie erhalten und dort auch neue Jobs schaffen. Das geht aber nur mit modernen, hocheffizienten und innovativen Anlagen, die sich im internationalen Wettbewerb behaupten können. Ich begrüße daher ausdrücklich die Zusammenarbeit mit der voestalpine, die sich auf den Bau eines neuen Edelstahlwerkes, aber auch auf die Forschungs- und Entwicklungsarbeit des Unternehmens fokussiert, mit dem wir ja bereits seit vielen Jahren eng und konstruktiv kooperieren.“
„Der globale Erfolg und das Wachstum der voestalpine beruhen ganz wesentlich auf der intensiven Forschungs- und Entwicklungstätigkeit unseres Konzerns. Innovationen voranzutreiben bedeutet immer auch, Investitionen in neue Entwicklungen zu tätigen – daher bildet die EIB-Finanzierung eine zentrale Voraussetzung unserer F&E-Aktivitäten in den kommenden Jahren. Auch für die Errichtung des Edelstahlwerkes in Kapfenberg, das weltweit neue Maßstäbe in puncto Digitalisierung, Produktqualität und Umweltschutz setzen wird, stellen die bereitgestellten finanziellen Mittel einen wichtigen Beitrag dar“, so Herbert Eibensteiner.
Großer Durchbruch im Triebwerksbereich
Ein weiteres Highlight des laufenden Geschäftsjahres konnte die voestalpine mit einem Großauftrag des Triebwerksherstellers Rolls-Royce verbuchen. Als neuer europäischer Produzent liefert die High Performance Metals Division des Konzerns anspruchsvollstes Vormaterial für Triebwerksscheiben, die im Flugbetrieb höchsten Belastungen standhalten müssen. Schon heute ist die voestalpine mit Hightech-Werkstoffen und Spezialschmiedeteilen für Struktur-, Fahrwerks-, Flügel- und Triebwerkskomponenten in allen großen Flugzeugmodellen von Airbus und Boeing bis zu Embraer und Bombardier vertreten. Aktuell liegt der Konzernumsatz im Zukunftsmarkt Luftfahrt bei rund 400 Millionen Euro – mittelfristig soll dieser Anteil auf 500 Millionen Euro steigen. „Wir haben uns, ausgehend von unserem Know-how bei Spezialstählen, in den letzten zehn Jahren als einer der weltweit führenden Zulieferer für die Luftfahrtindustrie etabliert“, erklärt Wolfgang Eder. Der Auftrag von Rolls-Royce ist sowohl aus wirtschaftlicher als auch technologischer Sicht der größte Durchbruch, den wir bislang im Triebwerksbereich erzielt haben, und bestätigt uns in unserer konsequenten Fokussierung auf Qualität und Innovation.“
Bereits seit einigen Jahren liefert die voestalpine aus ihrem steirischen Standort Kapfenberg, Österreich, hochwertige Stahllegierungen für Triebwerkskomponenten an Rolls-Royce. Mit dem aktuellen Großauftrag ist der Konzerngesellschaft voestalpine Böhler Edelstahl nun der Eintritt in den Markt für rotierende Triebwerksscheiben gelungen. Die Anforderungen an das im Inneren eines Triebwerkes eingesetzte Material sind enorm – bis zu 16.500 Umdrehungen pro Minute und Temperaturen von mehr als 2.000 °C bilden die „Betriebsumgebung“.
Ziel: Stabile Entwicklung in herausforderndem Umfeld
Für den voestalpine-Konzern hat sich das gesamtkonjunkturelle Umfeld seit Beginn des Geschäftsjahres 2019/20 spürbar eingetrübt. Maßgeblich dafür sind die Folgen aus den internationalen Handelskonflikten und die damit verbundene schwächere Weltkonjunktur, die vor allem die exportorientierten Industriezweige Europas trifft, sowie insbesondere die abflauende Automobilkonjunktur. Die Umsatzerlöse der voestalpine sind im ersten Quartal 2019/20 mit 3,3 Milliarden Euro um 3,8 Prozent niedriger ausgefallen als in der Vergleichsperiode des Vorjahres (3,5 Mrd. Euro). Beim Ergebnis vor Steuern wurde sogar ein Rückgang um rund 60 Prozent von 294 auf 124 Millionen Euro verzeichnet.
In Anbetracht dessen steht der frischgebackene CEO vor keiner leichten Aufgabe. „Der Vorstand der voestalpine AG arbeitet intensiv daran, 2019/20 trotz weiter wachsender wirtschaftlicher Unwägbarkeiten eine – gemessen am abgelaufenen Geschäftsjahr – stabile Entwicklung des operativen Ergebnisses (EBITDA) zu erreichen.“ Größte interne Herausforderung ist dabei die Abarbeitung der operativen Themen in den US-Werken, um die anspruchsvollen Volumensteigerungen zu begleiten. Ausschlaggebend für die wirtschaftliche Gesamtentwicklung wird aber sein, in welchem Umfang handelspolitische Maßnahmen die weltweiten Warenströme in den nächsten zwölf Monaten weiterhin künstlich beeinflussen werden, wie weit die Entwicklung der globalen Rohstoffindustrie auch künftig weniger durch Angebot und Nachfrage als durch anderweitige, schwer nachvollziehbare Kriterien bestimmt wird und welche Auswirkungen die neuerlichen Abgastests und die politischen Diskussionen über die Automobilkonzepte der Zukunft auf das Konsumentenverhalten in Europa, aber auch darüber hinaus haben werden. Nicht zuletzt wird mitbestimmend sein, welche Entwicklung die europäische Wirtschaft im Zusammenhang mit einem geregelten oder ungeregelten Brexit nehmen wird. „All diese externen Faktoren liegen nicht im Einfluss- und Entscheidungsbereich des Unternehmens, sodass eine über die oben erwähnte Indikation hinausgehende Guidance für das Geschäftsjahr 2019/20 einer realistischen Basis entbehren würde“, so Eibensteiner. (BO)
INFO-BOX
Über voestalpine
Die voestalpine ist ein in seinen Geschäftsbereichen weltweit führender Technologiekonzern mit kombinierter Werkstoff- und Verarbeitungskompetenz. Mit ihren qualitativ höchstwertigen Produkt- und Systemlösungen aus Stahl und anderen Metallen zählt sie zu den führenden Partnern der Automobil- und Hausgeräteindustrie sowie der Luftfahrt- und Öl- & Gasindustrie. Die voestalpine ist darüber hinaus Weltmarktführer bei kompletten Bahninfrastruktursystemen sowie bei Werkzeugstahl und Spezialprofilen.
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