An einem Strang ziehen

NEW BUSINESS Guides - TRANSPORT- & LOGISTIK GUIDE 2020
„Innerhalb kürzester Zeit haben wir als Unternehmen ­weitreichende Maßnahmen zum Wohlergehen unserer ­Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie unserer Kundinnen und Kunden gesetzt.“ © Österreichische Post AG/Ian Ehm

Die Österreichische Post steht als landesweit führender Logistik- und Postdienstleister in Zeiten wie diesen an vorderster Front. Da bedarf es des Zusammenhalts der Mitarbeiter und Kunden ...

... Wir haben mit Vorstand Peter Umundum über aktuelle Herausforderungen gesprochen.

Peter Umundum konnte bereits auf ein bewegtes Berufsleben zurückblicken, als er 2005 als Mitglied der Divisionsleitung Brief zur Österreichischen Post AG wechselte – unter anderem war er für die Steirerbrau AG sowie die Styria Medien AG tätig und war Mitbegründer und Geschäftsführer von redmail. Seit 2011 verantwortet der studierte Informatiker als Vorstandsdirektor die Division Paket & Logistik, die mit eigenen Gesellschaften in zehn europäischen Ländern präsent ist, seit Anfang 2019 trägt er zusätzlich die Verantwortung für die Produktion und Logistik der Sparten Brief und Paket.
Eine Situation wie die Coronavirus-Pandemie ist aber auch für den erfahrenen Manager etwas Neues. NEW BUSINESS hat ihn zu den Herausforderungen und Veränderungen für die Österreichische Post durch diese Krise befragt.

Wie hat die Post als Logistikunternehmen auf die Corona-Krise reagiert, nach innen wie nach außen?
Innerhalb kürzester Zeit haben wir als Unternehmen weitreichende Maßnahmen zum Wohlergehen unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie unserer Kundinnen und Kunden gesetzt. Dafür haben wir eine Vielzahl an Prozessen geändert und angepasst. Das beginnt in den Zustellbasen und Logistikzen­tren, die nun im Schichtbetrieb arbeiten, damit weniger Personen miteinander in Kontakt kommen, und geht hin bis zur kontaktlosen Zustellung. Unsere Zustellerinnen beziehungsweise Zusteller läuten zuerst an und melden sich bei der Kundin oder dem Kunden. Erst danach wird die Sendung in den Briefkasten eingelegt oder vor der Haustür abgestellt. Eine Unterschrift durch den Empfänger oder die Empfängerin ist nicht mehr notwendig. Damit so eine Umstellung reibungslos funktioniert, müssen alle Stakeholder, also Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Kundinnen und Kunden, gemeinsam an einem Strang ziehen.

Was war dabei für Sie die größte ­Herausforderung, und wie sind Sie ihr begegnet?
Bleiben wir beim Beispiel der kontaktlosen Zustellung. Die betrifft ja nicht nur herkömmliche Pakete, sondern auch viele andere Produkte: Rückscheinbriefe, Nachnahmen oder Geldzustellungen wie etwa Pensionen, die unsere rund 9.000 Zustellerinnen und Zusteller tagtäglich in ganz Österreich zustellen. Eine Umstellung solch zentraler Prozesse, noch dazu im laufenden Betrieb, war schon eine ganz besondere Herausforderung. Gemeinsam haben wir als Post aber Großes geleistet und auch diesen Ausnahmezustand gemeistert. Überraschend war für uns auch, dass die Kundenakzeptanz von Anfang an sehr groß war.

Lässt sich schon sagen, welchen Einfluss die Coronavirus-Krise auf die Paketmengen hat? Um wie viel sind die Paketmengen gestiegen?
In den ersten Wochen hat sich das Paketvolumen kaum merklich geändert. Während das B2C-Geschäft gestiegen ist – Stichwort E-Commerce –, haben wir einen Rückgang im B2B-Geschäft verzeichnet, da viele Unternehmen geschlossen hatten oder nur in stark eingeschränktem Umfang tätig waren. Vor Ostern sind wir durch das Versenden vieler Osterpakete auf ein Niveau gekommen, wie wir es sonst nur aus der Vorweihnachtszeit kennen. Wir verzeichneten Steigerungen um zehn bis 20 Prozent, was bedeutet, dass wir an Spitzentagen zwischen 600.000 und 700.000 Pakete pro Tag transportierten. Und das alles unter erschwerten Bedingungen durch die Corona-Krise.

Wie schnell können Sie wieder auf „Normalbetrieb“ wechseln, wenn sich die Lage beruhigt hat?
Jederzeit, also auch bereits morgen. Als Österreichische Post erfüllen wir ja nach wie vor unser Kerngeschäft und sind durch die Zustellung immer noch tagtäglich draußen bei den Menschen. Der einzig merkbare Unterschied sind die von uns gesetzten Sicherheitsvor­kehrungen. Andere Bereiche, wie das Brief- oder Werbegeschäft, in dem wir einen starken Rückgang der Volumen spüren, können wir schnell wieder auf Normalniveau hochfahren. Die Kapazitäten sind uns ja nicht verloren gegangen.

Umgekehrt: Wie bereiten Sie sich auf mögliche weitere Schließungen in Wellen vor, die uns vielleicht noch bevorstehen?
Die Post gilt als kritische Infrastruktur und hat den Auftrag, Zustellung und Filialbetrieb auch weiterhin aufrechtzuerhalten. Etwaige Schließungen von Unternehmen betreffen uns ­hinsichtlich Änderungen im Brief- und Paketvolumen. Auch hier sind wir entsprechend vorbereitet, um mit einem Anstieg oder einem Rückgang der Mengen umgehen zu können.

Der E-Commerce boomt schon lange, damit steigen auch die Paketmengen kontinuierlich. Kann man den aktuell starken Anstieg vielleicht auch ein bisschen als Testlauf nutzen, aus dem man etwas für die Zukunft lernen kann?
Die steigenden Paketmengen waren schon vor der Corona-Krise ein klar anhaltender Trend. Deswegen planen wir bereits langfristig mit der Aufstockung unserer Kapazitäten und dem Ausbau unseres Logistiknetzes. Allein im vergangenen Jahr konnten wir durch die Partnerschaft mit der DHL Group ein starkes Wachstum von 20 Prozent im Paketsegment verbuchen. Punktuelle Spitzen, wie etwa kurz vor Ostern, sind sicher eine Herausforderung. Diese können wir aber aufgrund unserer Prognosen, die ein stabiles Wachstum der Paketmengen zeigen, einigermaßen gut vorhersehen.
Was die Corona-Krise sicher gezeigt hat, ist die Möglichkeit von Ausfällen und Verzögerungen bei E-Commerce-Bestellung aus dem Ausland. Österreichische Händler haben die Krise aber gut genutzt und beweisen nun, dass sie internationalen Konzernen in puncto Onlinehandel um nichts nachstehen. Als Post leben wir das ja erfolgreich mit shöpping.at, der Onlineplattform für heimische Händler, vor. Shöpping.at punktet mit raschem und direktem Versand durch die Post, ausgefallene Flugverbindungen oder Grenzschließungen haben auf die Bestellungen keine Auswirkungen. Zudem unterstützt man mit jedem Einkauf heimische Händler und so die österreichische Wirtschaft.

Ändern die Vorkommnisse der letzten Wochen und Monate mittel- bis langfristig etwas an Ihren Plänen und Strategien?
Wir halten an der langfristigen Aufstockung unserer Kapazitäten im Paketbereich fest. Daran ändern auch kurzzeitige Schwankungen beim Paketvolumen nichts. Abzuwarten bleibt allerdings, wie sich die Mengen bei den Brief- und Werbesendungen weiter entwickeln werden. Die Erkenntnisse und Überlegungen unseres professionellen Gesundheitsmanagements werden uns aber sicher erhalten bleiben und auch weiterhin in die tägliche Arbeit einfließen.

Wird sich die Fertigstellung der ­Logistikstandorte in Wolfurt und Vomp voraussichtlich verzögern?
Aus jetziger Sicht bin ich optimistisch, dass es bei unseren Standorten in Vorarlberg und Tirol zu keinen wesentlichen Verzögerungen durch die Corona-Krise kommen wird. Im Logistikzentrum Wolfurt wird bereits gebaut. Hier sind wir natürlich stark von den Baufirmen und Zulieferern abhängig, die selbst gerade mit He­rausforderungen zu kämpfen haben. Anders ist die Situation in Tirol, wo wir uns derzeit in der Planungsphase befinden. Diese Arbeiten sind nicht durch Corona-bedingte Einschränkungen betroffen.

Was haben Sie als neuer Präsident des Vienna Economic Forum – herzlichen Glückwunsch übrigens zu Ihrer Ernennung – vor? Worauf wollen Sie den Fokus legen?
Das Vienna Economic Forum verfolgt seit seiner Gründung das Ziel, die Zusammenarbeit in der Region zwischen der Adria und dem Schwarzen Meer zu fördern. Gerade die aktuellen Herausforderungen machen deutlich, ­warum die regionale Zusammenarbeit wichtiger denn je ist. Ich denke, mit dem Schärfen des regionalen Schwerpunkts und der Fokussierung auf übergreifende inhaltliche Themen, wie etwa Digitalisierung oder Nachhaltigkeit, ist das Vienna Economic Forum gut für die Zukunft aufgestellt.

Zum Abschluss eine persönliche Frage: Worauf freuen Sie sich am meisten, wenn sich die Situation wieder ­normalisiert hat?
Wieder einen gemeinsamen Abend mit meinen Eltern und Kindern in der Steiermark zu verbringen. (RNF)

INFO-BOX
Über Peter Umundum
Peter Umundum startete nach seinem Studium der Informatik an der Technischen Universität Graz seine berufliche Karriere im Jahr 1988 in der Steirerbrau AG, wo er die Leitung der Organisations- und Informatikabteilung übernahm. 1994 wechselte er als IT-Leiter in die Styria Medien AG, baute dort das Onlinegeschäft auf und stieg bereits zwei Jahre später zum Geschäftsführer der Tochtergesellschaft Media Consult Austria GmbH auf.
1999 war er Mitbegründer und Geschäftsführer von redmail und mit dem Markteintritt der Styria-Gruppe in den kroatischen Markt beschäftigt. Im Jahr 2001 wurde Peter Umundum mit der Geschäftsführung der Tageszeitung „Die Presse“ betraut, drei Jahre später in die Geschäftsführung der Tageszeitung „Kleine Zeitung“ berufen. In dieser Zeit war er auch im Vorstand der Austria Presse Agentur (APA), im Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) und in der Österreichischen Auflagenkontrolle (ÖAK) tätig.
2005 wechselte er als Mitglied der Divi­sionsleitung Brief zur Österreichischen Post AG. Seit 1. April 2011 verantwortet er als Vorstandsdirektor die Division Paket & Logistik, seit 1. Jänner 2019 trägt er zusätzlich die Verantwortung für die Produktion und Logistik der Sparten Brief und Paket.

www.post.at