Die Effizienz der Erneuerbaren

NEW BUSINESS Innovations - NR. 04, MAI 2017
Österreich liegt zwar selbst nicht am Meer, dennoch sind heimische Unternehmen intensiv am ­Geschäft mit dem Windkraftausbau ­ebendort ­beteiligt. © IG Windkraft/Sibylle Maus

30 Prozent der Stromversorgung in Österreich sollen bis 2030 durch erneuerbare Energien gedeckt werden. Eine wichtige Rolle spielen dabei nach wie vor ­Windräder ...

... Durch technische Fortschritte werden diese immer effizienter.

Damit die Energiewende im Verkehr gelingt, braucht es eine umfassende Mobilitätswende. Für eine klimaverträgliche E-Mobilität ist wesentlich, dass der Strom aus erneuerbarer Energie kommt“, betonte unlängst Ulla Rasmussen, ihres Zeichens Verkehrsexpertin vom VCÖ, anlässlich der Ökostromnovelle. „Wenn die erste Ökostromnovelle seit fünf Jahren in der derzeitigen Form zu weniger Ökostrom führt als vorher, werden wir zur energiepolitischen Lachnummer in Europa. Wir brauchen daher Steigerungen in allen Technologien, speziell die sofortige Umsetzung aller bereits bewilligten Projekte“, ergänzt Peter Püspök, Präsident des Dachverbandes Erneuerbare Energie Österreich (EEÖ).
Seit 1997 sei der heimische Energieverbrauch um 30 Prozent gestiegen, zusätzlich hätten mit der bisherigen Art der Energiebereitstellung die CO2-Emissionen stark zugenommen und die Klimabilanz sich stetig verschlechtert. Seit dem Klimaabkommen von Paris sei aber klar, dass Österreich den bisherigen Lebensstil auf Dauer nur halten könne, wenn zukünftig deutlich weniger Energie eingesetzt und auf eine Versorgung aus erneuerbaren Quellen umgestellt werde. Allein 28 Prozent der CO2-Emissionen würden in Österreich durch den Verkehr verursacht. Die Emissionen beim Verkehr seien in den letzten 25 Jahren gar um unglaubliche 60 Prozent gestiegen. „Der Energieverbrauch des Verkehrs ist durch Vermeiden, Verlagern und verbesserte Energieeffizienz stark zu verringern“, betont Rasmussen. „E-Motoren sind um ein Vielfaches energieeffizienter. Für die Klimabilanz ist unverzichtbar, dass der Strom aus erneuerbaren Quellen kommt. Es braucht neue, zusätzliche Ökostromanlagen, die auch im Einklang mit dem Naturschutz stehen müssen.“
„Die Elektromobilität ist die größte Energieeffizienz-Maßnahme dieses Jahrhunderts“, ergänzt Püspök. „Während Verbrennungsmotoren circa 30 Prozent der Energie nützen und der Rest verloren geht, sind es bei der Elektromobilität rund 90 Prozent. Das heißt, bei jedem Kilometer, der mit einem E-Auto anstatt mit einem Verbrennungsmotor gefahren wird, werden zwei Drittel der Energie gespart.“ Das Bekenntnis der Bundesregierung zur Elektromobilität sei eines der größten Hoffnungszeichen für die wirtschaftliche Zukunft Österreichs. „Wenn wir nach Norwegen hier in eine weltweite Pionierrolle schlüpfen und dazu das Ziel von 100 Prozent erneuerbarem Strom im Jahr 2030 erreichen – ein durchaus realistisches Ziel – dann wird Österreich als Zentrum der neuen Mobilität und der neuen Energien enorm profitieren. Umwelt und Wirtschaft Hand in Hand – das ist kein Traum, sondern eine Riesenchance.“

Energiesparen als Herausforderung
Ein Drittel der Stromversorgung in Österreich stamme von Kohle-, Gas- und Atomkraftwerken, bis 2030 soll es durch erneuerbare Energien gedeckt werden. „Wenn die Hälfte der PKW-Flotte mit Strom fährt, bedarf es nochmals rund acht Prozent mehr Ökostrom“, bemerkt Rasmussen. „Wesentlich für die Erreichung des Klimaziels von Paris ist, dass ein Zeitpunkt festgelegt wird, ab dem kein Neuwagen mehr mit Verbrennungsmotor verkauft wird und die erneuerbaren Energien rasch ausgebaut werden.“
Eine wichtige Rolle spielt dabei die Windenergie. Und gerade hier gibt es noch viel Optimierungspotenzial. Vor Kurzem hat etwa ein europäisches Forscherteam im Rahmen des Projekts „EUROTAPES“ ein supraleitendes Band entwickelt, welches die Effizienz von Windturbinen theoretisch verdoppelt. Das Band bestehe aus Kupferoxid und besitze eine Länge von 600 Metern, wie die Forscher betonen.
Kupferoxid leite hundertmal mehr Elektrizität als Kupfer. Damit könnten Leitungen hergestellt werden, die viel mehr Elektrizität und viel stärkere magnetische Felder bei verschiedenen Temperaturszenarien ermöglichen, wie Projektkoordinator Xavier Obradors erklärt: „Das neue Material kann auch dafür verwendet werden, Windturbinen effizienter und leichter zu machen.“
Durch die Ergebnisse des Projekts erhöhe sich auch die Wettbewerbsfähigkeit erneuerbarer Energien gegenüber traditionellen Energiequellen, betonen die Forscher. Supraleiter sind Materialien, deren elektrischer Widerstand beim Unterschreiten der sogenannten Sprungtemperatur auf Null fällt. Um heute supraleitendes Metall herzustellen, müsse das Material mit verflüssigtem Helium oder flüssigem Stickstoff gekühlt werden, was bislang noch nicht kommerziell möglich sei. Ziel ist es daher, Materialien zu finden, die bei Raumtemperatur zu Supraleitern werden.

Wirtschaftsfaktor Windkraft
Für heimische Unternehmen ist die Windenergie mittlerweile nicht nur aus Effizienzgründen wichtig, sondern auch als Wirtschaftsfaktor. Das zeigt sich etwa am Beispiel der Meereswindräder. Zwar steht erst ein Zehntel der europäischen Windkraftleistung am Meer, das Investitionsvolumen für die Meereswindräder übersteigt den Onshore-Windmarkt mit 23 Milliarden Euro aber um mehr als das Doppelte. „Auch wenn die Meeresanbindung Österreichs bereits seit hundert Jahren Geschichte ist, sind österreichische Firmen durch die Windenergie nach wie vor sehr eng mit dem Meer verbunden“, betont Stefan Moidl, Geschäftsführer IG Windkraft. „Viele Teile von Windkraftanlagen werden von österreichischen Firmen für den Weltmarkt erzeugt. Auch die Meereswindkraft ist teilweise Made in Austria.“ Mit einem Zubau von 1.558 MW Windkraftleistung am Meer wurden 2016 15 Prozent der europäischen Windkraftleistung Offshore errichtet. In Summe stünden mit 12.631 MW lediglich neun Prozent der gesamten europäischen Windkraftleistung am Meer.
Moidl zufolge hätten viele führende Firmen der Zuliefererindustrie der Windbranche ihren Sitz in Österreich. Geislinger sei etwa führend bei der Produktion von Kupplungen für Großmotoren in Schiffen. Der Einsatz dieser Kupplungen im Windenergiebereich sei laut Moidl eine vielversprechende Innovation. „Diese Kupplung ist auch fixer Bestandteil des größten Windrades der Welt.“ 2016 sei die Produktion in die Serienfertigung gegangen; schon heuer werde es möglich sein, die Stückzahlen um 70 Prozent zu steigern, unterstreicht ein Sprecher des Unternehmens. Die weltweit größten Windräder von MHI Vestas, einem Joint Venture zwischen Vestas und Mitsubishi, hätten eine Leistung von acht bis neun MW und würden den Weltrekord der Stromerzeugung stellen. Innerhalb von 24 Stunden konnte eines dieser Windräder 216.000 Kilowattstunden Strom erzeugen. Mit dieser Strommenge könnten 60 Haushalte ein ganzes Jahr versorgt werden. Insgesamt stünden bereits 34 dieser Windriesen in Europa.

Österreichisches Know-how am Meer
PALFINGER wiederum als einer der weltweit führenden Kranhersteller biete im Bereich der Windenergie Hebelösungen an. Das Jahr 2016 habe sogar den höchsten Auftragseingang seit Bestehen der Wind-Krane von PALFINGER MARINE gebracht. Nahezu alle Anwendungsgebiete für Offshore-Servicekrane, wie Gondel und Plattform, als auch Krane für Umspannstationen würden damit abgedeckt. PALFINGER MARINE beliefere die wichtigsten Windkraftanlagenhersteller, verweist Moidl.
Das Siemens-Transformatorenwerk in Weiz sei indes laut Moidl der weltweit größte Produktionsstandort von Transformatoren für Offshore-Windparks. In jedem Offshore-Windpark, den Siemens errichtet, kämen Transformatoren aus dem steirischen Werk zum Einsatz. Und Siemens-Windräder hätten dem Fachmann zufolge beim heurigen Offshore-Windkraftausbau einen Marktanteil von 98 Prozent. Insgesamt würden jährlich bis zu 500 Trafos für den Offshore-Einsatz in Weiz gefertigt. Das Werk sei mit einem Marktanteil von über 80 Prozent bei Offshore-Windparks Marktführer in dieser Branche und leiste dabei auch einen erheblichen Beitrag zur lokalen Wertschöpfung: Allein mit der Produktion von Transformatoren für Windparks würden rund 150 weitere Unternehmen in Österreich beschäftigt.
Die ELIN Motoren GmbH wiederum ist ein führendes Unternehmen der Windbranche, was die Entwicklung und Produktion von kundenspezifischen Generatoren und Hauptkomponenten betrifft. Zu den aktuellen Kunden von ELIN zählen viele namhafte Windkrafthersteller am Weltmarkt. Die Zulieferindustrie der Windbranche in Österreich bestehe Moidl zufolge aus mehr als 170 Firmen, die zusammen jedes Jahr ein Umsatzvolumen von 750 Millionen Euro erwirtschaften würden. Einige dieser Firmen sind dabei sogar Weltmarktführer in ihrer Sparte. „Beinahe alle Teile eines Windrades werden auch von Firmen in Österreich erzeugt. Windenergie Made in Austria“, betont Moidl. (TM)
www.igwindkraft.at
www.eurotapes.eu
www.palfinger.com/marine
www.elinmotoren.at
www.siemens.com
www.geislinger.com
www.vcoe.at
www.erneuerbare-energie.at

INFO-BOX 1
Selbstheilende Membran für Brennstoffzellen

Forscher an der University of Delaware haben eine selbstheilende Membran für Wasserstoff-Brennstoffzellen entwickelt. Das verspricht eine längere Lebensdauer für die Zellen, was diese wiederum für praktische Anwendungen noch attraktiver machen soll. Interessant ist das gerade für Bereiche wie die Elektromobilität, wo eine unbrauchbar werdende Zelle letztlich die Nutzungsdauer begrenzt.

INFO-BOX 2
Verschlechterungen für Windkraft
Der vom Ministerrat beschlossene Entwurf der kleinen Ökostromnovelle würde insgesamt über alle Technologien nicht mehr Ökostrom bringen, warnte die IG Windkraft unlängst. Bei der Windenergie würde dieser sogar zu einer Reduktion des jährlichen Ausbaus führen. „Nun müssen wir auf eine konstruktive Diskussion im Parlament hoffen, um das Ökostromgesetz wieder zu einem Erfolgsgesetz zu machen“, bemerkt Stefan Moidl, Geschäftsführer der IG Windkraft. „Wir brauchen mehr Ökostrom und einen ambitionierten Ausbau der erneuerbaren Energien in Österreich. Diese Novelle zeigt davon noch gar nichts.“
Obwohl die Regierung dem Klimaabkommen von Paris zugestimmt habe und sich in ihrer eigenen Regierungserklärung für mehr Ökostrom und höheren Investitionen bei den erneuerbaren Energien ausspreche, sei davon im Entwurf der Ökostromnovelle nichts zu finden. „Mit Enttäuschung haben wir festgestellt, dass der Entwurf der kleinen Novelle die Situation für die Windkraft in Österreich noch weiter verschlechtert“, bemerkt Moidl. Durch Kürzung der tatsächlich jährlich verfügbaren Mittel für Windkraft würde der Windenergieausbau in den nächsten Jahren durch diese Novelle deutlich zurückgehen. Ein Kaschieren mit einer Verlängerung der Verfallsfristen bringe aber keine Erleichterung. Derzeit befänden sich 260 Windräder mit einer Leistung von 850 MW in der Warteschlange. Die Windbranche fordert einmal mehr den Abbau dieser Warteschlange mit der kleinen Ökostromnovelle.