Ulrike Haslauer, Geschäftsführerin von Compact Electric zeigt seit 33 Jahren: „Frauen und Technik“ funktioniert. © Compact Electric
Zu wenige Frauen in der Technik, zu wenige Fachkräfte und herausfordernde Zeiten lassen Ulrike Haslauer, Geschäftsführerin von Compact Electric, mehr oder weniger kalt ...
... Ihr Fokus liegt in Richtung Zukunft und in der muss es auch menscheln dürfen.
Wie geht es dem Schaltschrankbau?
Ich bezeichne mich ja gerne selbst als „Schaltschrankbäuerin“. Ich bin im Moment eine der wenigen Frauen – oder so ziemlich die einzige Frau in Österreich, die ein Schaltschrankbauunternehmen führt. Deshalb ist mir Frauenförderung in der Technik auch ein absolut wichtiges Thema.
Im Rahmen des Alpha-Clubs von Maria Rauch-Kallat bin ich als Frauen-Mentorin tätig und unterstütze hier Mädchen und Damen, die in der Technik Fuß fassen wollen. Vielen Frauen sehen immer noch Hürden, in die Technik zu gehen und technisch tätig zu sein. Aber ich zeige seit 33 Jahren, dass „Frauen und Technik“ funktioniert und es ein gutes Terrain für Frauen ist. Und man kann Männer nach wie vor überraschen, wenn man mit technischem Wissen aufwartet.
Ich gehe davon aus, dass Fachkräftemangel auch für Sie ein Thema ist.
Ja, das ist eine Katastrophe. Am Anfang der Pandemie hatten wir noch ganz gute Aufträge, hatten viel zu tun und sind mit Eigenpersonal super ausgekommen. Dann ist die Kurzarbeitswelle in der Industrie spürbar geworden. Wir selber waren nie in Kurzarbeit. Im ersten Halbjahr 2021 ist es dann komplett abgerissen, um jetzt wieder abrupt loszugehen.
Es freut uns natürlich, dass die Aufträge so explodieren, aber wir brauchen natürlich Arbeitskräfte. Wir haben geschultes Personal, wir bilden Lehrlinge aus, aber generell wird viel zu wenig getan, um technische Berufe wieder attraktiv zu machen. Die meisten zieht es in den IT-Bereich. Die reine Elektrotechnik, in die der Schaltschrank eingebettet ist, ist leider für viele nicht mehr so interessant.
Wie könnte man diese Berufe, nicht nur für Mädchen, wieder attraktiver machen? Es muss doch unheimlich viel Potenzial geben.
Ich bin im Innungsausschuss der Mechatroniker in Wien. Hier versuchen wir alles ein bisschen aufzupimpen Wir machen zum Beispiel ein Lehrlingscasting, bei dem die jungen Leute die verschiedenen Firmen kennenlernen können. Aber es ist schwer. Denn es ist nicht gerade der Mainstream, mechanisch zu arbeiten, wenn stattdessen die IT-Algorithmen rufen. Wir versuchen es einfach weiter.
Im Moment ist vieles im Umbruch: Fachkräftemangel, Kurzarbeit, fehlende Rohstoffe. Wie lange, denken Sie, wird es dauern, bis sich die Situation wieder normalisiert?
Ich denke, es wird noch drei bis vier Monate Minimum dauern, was das Hochfahren der Industrie anbelangt. Denn durch die Kurzarbeit und fehlenden Fachkräfte muss jetzt vieles wieder nachgeholt werden.
Wie es mit den Rohstoffen ausschaut, traue ich mich nicht sagen. Da bin ich in diesem Weltmechanismus ein zu kleines Rädchen, um das zu durchblicken. Ich weiß auch nicht, wie lange der derzeitige Hype anhält. Haben wir in ein paar Monaten wieder Probleme? Auf alle Fälle war die staatliche Unterstützung in den letzten eineinhalb Jahren hervorragend und wir brauchen das auch weiterhin. Denn mit einem kurzfristigen Wirtschaftsaufschwung ist es nicht getan. Aber grundsätzlich bin ich vorsichtig optimistisch
Viele haben die letzten Monate genutzt, um sich der Digitalisierung ihres Unternehmens zu widmen. Gehören Sie zu diesen Unternehmen?
Ja, die Digitalisierung war bei uns groß im Fokus. Wir haben etwa unsere Lagerlogistik komplett in Richtung Digitalisierung optimiert und wir haben ein eigenes Programm entwickelt, dass uns beim Projektmanagement hilft. Plugin 4.0 ist ein Tool zur Definition, Planung und Auswertung von Projekten für den Einsatz auf der Baustelle und zur Unterstützung bei der Tätigkeit und zur Datenerfassung und Dokumentation. Vorher haben wir etwas „vorsintflutlich“ gearbeitet. Es wurden Listen, etwa welche Kabel angeschlossen wurden, mit Bleistift abgehakt. Das ging so nicht weiter.
Plugin 4.0 ist ein Online-Softwaretool, das dem Mitarbeiter, der auf der Baustelle die Kabel anschließt, in sehr einfacher Art und Weise in Form eines Scans, eines QR- oder Barcodes, nachweist, welche Kabel er angeschlossen hat. Das funktioniert total einfach. Er kann mit der Software Fotos machen und etwa fehlende Vorlegerleistungen just in time nachweisen. Das ist eine Eigenentwicklung unserer Elektronikentwicklungsabteilung. Dieses Innovationsprodukt nützen wir einerseits für uns selbst, wir haben damit aber auch ein großes neues Produkt, das bei Elektrikern, Installateuren etc. Anklang findet.
Das alles klingt danach, als ob es spannende Zeiten werden würden.
Es sind spannende Zeiten. Veränderungen in der Technik hat es immer gegeben. Was sich ändert, ist das Tempo: Es wird noch viel schneller werden. Da muss man Schritt halten können. Trotz allem steht der Mensch dahinter und für uns als Familienbetrieb im Vordergrund. Da muss es auch ein bisschen menscheln. Und genauso muss es mit den Tools sein, die wir verwenden, um uns die Arbeit zu erleichtern.
Was macht Compact Electric Ihrer Meinung nach erfolgreich?
Man braucht wirklich einen ganz, ganz langen Atem. Die Branche hatte durch einen jahrelangen Preisverfall immer zu kämpfen. Speziell der Schaltschrankbau hat mit der ausländischen Konkurrenz zu tun. Wir haben vor Kurzem die Edeka-Zentrale in Oberhausen gebaut. Das war ein richtig „geiles“ Großprojekt. Es ist schon eine coole Sache, für ein österreichisches KMU in Deutschland so zu reüssieren. Das macht uns so leicht keiner nach. Das verdanken wir auf jeden Fall unserer fachlichen Kompetenz. Wir haben tolle Mitarbeiter, wenig Fluktuation und damit immer die gleichen Ansprechpartner. Der Teamgeist ist sehr stark bei uns im Unternehmen. Und ich glaube, wir sind einfach ein extrem zuverlässiges und freundliches Haus.
Und ein musikalisches Haus!
Ja, genau. 2008 habe ich die Compact Electric Light Orchestra Band ins Leben gerufen. Unser Werkstättenleiter ist der Drummer, ein pensionierter Mitarbeiter spielt den Bass und ein IT-/QM-Manager ist der Gitarrist. Der hat das auch professionell am Konservatorium gelernt, und ich darf singen. Und das ist ein sehr lustiges Projekt. (BS)
www.compactelectric.at