Grüner Wasserstoff aus Ökostrom.

NEW BUSINESS - NR. 1, FEBRUAR 2018
Wasserstoff, gewonnen aus CO2-freiem Grünstrom, stellt ein großes Potenzial für den Einsatz als Industrierohstoff wie auch zur Energiespeicherung dar. © voestalpine AG

Das Projektkonsortium H2FUTURE erhält grünes Licht für den Bau der weltweit größten industriellen Wasserstoffpilotanlage in Linz. Mit an Bord: voestalpine, Siemens und Verbund.

Europas Energiesystem wird sich in den kommenden Jahrzehnten radikal verändern. Der Klimawandel und seine Folgen erfordern vor allem in der Stahlproduktion völlig neue Technologien, welche auf die Verfügbarkeit ausreichender erneuerbarer Energieressourcen bauen. Um innovative Versorgungslösungen zu entwickeln, hat sich das europäische Vorzeigeprojekt H2FUTURE geformt, in dem Energieversorger, Stahl­industrie, Technologieanbieter und Forschungspartner Hand in Hand an der Zukunft der Energie arbeiten. Die sechs Partner (voestalpine, Verbund, Siemens, Austrian Power Grid, K1-MET sowie ECN – Energy research Centre of the Netherlands) verfolgen ein gemeinsames Ziel: Grünen Wasserstoff aus Ökostrom zu produzieren.

Dekarbonisierung der Stahlerzeugung
Grundstein für das richtungsweisende Forschungsvorhaben von H2FUTURE in Bezug auf die Dekarbonisierung der Stahlerzeugung ist der Bau der weltweit größten Pilotanlage ihrer Art zur CO2-freien Herstellung von Wasserstoff am voestalpine-Standort Linz, welcher kürzlich vom Amt der oberösterreichischen Landesregierung als zuständige UVP-Behörde genehmigt wurde. Mit dem positiven Behördenbescheid fällt auch der Startschuss für die Realisierung der neuen Wasserstoffelektrolyseanlage am Linzer Werksgelände. Im Detail handelt es sich dabei um die derzeit größte und modernste Anlage zur Erzeugung von „grünem“ – sprich CO2-freiem – Wasserstoff. Mit dem EU-geförderten 18-Millionen-Euro-Projekt wird künftig unter anderem an den Einsatzmöglichkeiten von Wasserstoff in den einzelnen Prozessstufen der Stahlherstellung geforscht.

Erforschung von „Breakthrough-Technologien“
„Sowohl die Industrie als auch die Energieversorger sind angesichts der EU-Klima- und Energieziele bis 2030 mit großen energiepolitischen Herausforderungen konfrontiert, die grundlegende technologische Veränderungen erfordern. Die voestalpine geht schon seit Jahren den Weg der schrittweisen Dekarbonisierung in der Stahlproduktion und stellt mit dieser Wasserstoffpilotanlage endgültig die Weichen in Richtung Erforschung echter ‚Breakthrough‘-Technologien“, erklärt Wolfgang Eder, Vorstandsvorsitzender der voest­alpine AG. Langfristiges Ziel sei es, von Kohle bzw. Koks über nachfolgende Brückentechnologien mit Erdgas (z. B. in der Direktreduktionsanlage in Texas) in den Produktionsprozessen zur Anwendung von „grünem“ Wasserstoff zu gelangen.
Großindustriell einsetzbar werden diese Prozesse realistischerweise frühestens in etwa zwei Jahrzehnten sein. „Zudem kann eine Technologieumstellung nur unter der Voraussetzung erfolgen, dass erneuerbare Energie in ausreichendem Umfang und zu konkurrenzfähigen Bedingungen als Basis zur Verfügung steht“, meint Eder.

Start des Testbetriebs im Sommer
Errichtet wird die Pilotanlage in einem neuen Gebäude in unmittelbarer Nähe des voestalpine-Kraftwerks am Standort Linz. „Nach dem Vorliegen der Behördengenehmigungen kann nun mit der konkreten Umsetzung und den ersten vorbereitenden Bauarbeiten begonnen werden. Nicht nur für die voestalpine, sondern auch für Linz stellt die Realisierung dieser Forschungseinrichtung ein technologisches Leuchtturmprojekt und eine wichtige Investition in die Zukunft der Region dar“, so Herbert Eibensteiner, Vorstandsmitglied der voestalpine AG und Leiter der Steel Division.
Bereits im kommenden Sommer sollen die einzelnen Anlagenkomponenten geliefert und noch binnen Jahresfrist der Testbetrieb gestartet werden.
Kernstück der neuen Forschungsanlage wird das weltweit größte PEM („Proton Exchange Membrane“)-Elektrolysemodul mit sechs Megawatt Anschlussleistung sein, womit 1.200 Kubikmeter Wasserstoff pro Stunde produziert werden können. Das vom Projektpartner Siemens entwickelte Aggregat wird einen höheren Wirkungsgrad als bisherige vergleichbare Anlagen erreichen. Beim Protonen-Austausch-Membran-Elektrolyseur wird Wasser mithilfe von elektrischer Energie – in diesem Fall mit Strom aus erneuerbaren Quellen des Projektpartners Verbund – in seine Grundkomponenten Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt. Ziel von „H2FUTURE“ ist es, diese nächste Entwicklungsstufe der PEM-Technologie im industriellen Maßstab sowie den Einsatz der Anlage im Rahmen des Regelenergiemarktes zu testen.  (VM)

INFO-BOX
Über „H2FUTURE“
Das Projektkonsortium „H2FUTURE“ besteht aus voestalpine, VERBUND und Siemens sowie Austrian Power Grid (APG) und den wissenschaftlichen Partnern K1-MET (Kompetenzzentrum für metallurgische und umwelttechnische Verfahrensentwicklung) sowie ECN (Energy research Centre of the Netherlands). Das Projekt wird im Rahmen des Horizon-2020-Programmes von der EU-Kommission („Joint Undertaking Fuel Cells and Hydrogen“) bis 2021 finanziell gefördert.