Universitäten und Forschungseinrichtungen werden mit dem Spin-off-Fellowship Richtung Markt gefördert. © Pixabay
Akademische Spin-offs gelten als vielversprechende Gründungsform. Darum wird dem Unternehmergeist an heimischen Hochschulen ein millionenschweres Förderprogramm gewidmet.
An Universitäten und Fachhochschulen wird nicht nur fundiertes Wissen vermittelt, sondern auch intensive Forschung betrieben. Daraus resultierende Innovationen werden in Form von sogenannten akademischen Spin-offs zunehmend zu erfolgreichen Geschäftsideen.
Spin-off-Maschine auf Hochtouren
In Europa gilt die ETH Zürich als einer der erfolgreichsten Spin-off-Inkubatoren. Insgesamt 27 Gründerteams wagten im vergangenen Jahr von dort aus den Schritt in die Selbständigkeit. Während in den Nullerjahren an der ETH im Schnitt pro Jahr 13 Spin-offs gegründet wurden, waren es in den Zehnerjahren bis anhin rund 24. Für Detlef Günther, Vizepräsident Forschung und Wirtschaftsbeziehungen, ist der sukzessive Anstieg der Unternehmensgründungen in den letzten zwei Jahrzehnten der beste Beweis dafür, dass sich die hochschulinternen Förderanstrengungen auszahlen: „Es freut mich außerordentlich, dass viele junge Talente die Ausdauer und den Mut haben, ihre Ideen bis zur Marktreife weiterzuentwickeln, denn davon profitiert letztlich auch die Schweizer Wirtschaft und Gesellschaft“, so Günther.
Die ETH-Spin-offs konnten im Jahresverlauf 2018 insgesamt über 170 Millionen Franken an Kapital einwerben. So schlossen die Unternehmen Climeworks, Verity Studios und Beekeeper Finanzierungsrunden über rund 30, 18 respektive 13 Millionen Schweizer Franken ab, um nur einige Beispiele zu nennen. Neben den Investitionen zeugen auch Übernahmen und Börsengänge vom Erfolg der ETH-Ausgründungen. Der Börsengang von Sensirion im März 2018 beispielsweise war gut auf die Wachstumsstrategie des Unternehmens abgestimmt. Dies schlug sich im Vorjahresvergleich in einer Umsatzsteigerung von 30 Prozent in den ersten sechs Monaten nieder.
Vorbildliche Impulse aus Österreich
In Österreich ist der Spin-off-Spirit noch nicht ganz so weit verbreitet. Laut dem Austrian Start-up-Monitor 2018 entstand mit rund sechs Prozent lediglich eine Minderheit der Unternehmensgründungen als Spin-off einer Universität, Fachhochschule oder Forschungseinrichtung oder als Ausgründung eines etablierten Unternehmens. Dies könnte sich in Zukunft jedoch ändern.
Mit dem Förderungsprogramm „Spin-off Fellowship“, das vom Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung (BMBWF) finanziert und von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) abgewickelt wird, werden frühzeitig an Hochschulen und Forschungseinrichtungen Impulse gesetzt, um die Rahmenbedingungen für zukünftige Spin-offs entscheidend zu verbessern. Als erfolgreiches Vorbild diente das „Pioneer Fellowship“-Programm der eingangs erwähnten ETH Zürich.
Das Förderprogramm im Detail
Während der Laufzeit des Spin-off Fellowships konzentrieren sich die Fellows zu 100 Prozent auf diese Aufgabe und gehen keiner Lehrtätigkeit oder Forschungsaufgabe nach. Begleitend erhalten die Fellows Weiterbildungsmaßnahmen, Coaching und Mentoring über das Netzwerk der Wissenstransferzentren, um bereits sehr früh unternehmerisches Denken und Handeln vermittelt zu bekommen.
Die Ausschreibung richtet sich an Interessierte mit mindestens einem Bachelorabschluss an Universitäten und Forschungseinrichtungen. Die Förderung beträgt maximal 500.000 Euro und erfolgt in Form von nicht rückzahlbaren Zuschüssen. Die Förderungsquote beträgt 100 Prozent und es können die Kosten des Fellows, aber auch Entwicklungskosten und Drittleistungen finanziert werden. Die Laufzeit eines Spin-off Fellowships beträgt maximal 18 Monate. Die Antragstellung erfolgt über die jeweilige Hochschule oder Forschungseinrichtung bei der FFG, die Projektleitung liegt beim Fellow.
Millioneninvestition für akademischen Unternehmergeist
In der ersten Runde der Spin-off Fellowships wurden acht Projekte mit 2,7 Millionen Euro gefördert. In der mittlerweile zweiten Runde erhielten sieben Projekte insgesamt 2,6 Millionen Euro aus dem Fördertopf. „Damit unterstützen wir die Universitäten und Forschungseinrichtungen in Richtung Markt: Wir verbessern das Umfeld für künftige Spin-offs und geben kreativen und unternehmerisch denkenden Studierenden und Forschenden das notwendige Rüstzeug für ihre Unternehmensgründungen“, so die beiden FFG-Geschäftsführer Henrietta Egerth und Klaus Pseiner.
Wie auch in der ersten Runde war das Interesse in der zweiten Runde enorm: 30 Anträge wurden eingereicht, davon sieben von einer internationalen Jury ausgewählt. Sechs Projekte sind an Universitäten, eines an einer außeruniversitären Forschungseinrichtung, und sie verteilen sich auf die Bundesländer Steiermark (drei Projekte), Wien (drei Projekte) und Niederösterreich (ein Projekt). „Wir stärken den Unternehmergeist an den österreichischen Hochschulen und Forschungseinrichtungen weiter gezielt und intensivieren den notwendigen Wissens- und Technologietransfer mit maßgeschneiderten Programmen“, so Wissenschafts- und Forschungsminister Heinz Faßmann zu den jüngsten Ausschreibungsergebnissen.
Die aktuelle dritte Runde ist noch bis 20. März 2019 geöffnet, eine weitere Runde für die zweite Jahreshälfte 2019 in Planung. Für diese beiden Runden stehen noch 8,4 Millionen Euro zur Verfügung. Insgesamt wird das BMBWF 15 Millionen Euro an Fördermitteln investieren. (BO)
Austro-Spin-offs vor den Vorhang
Trotz der noch geringen Anzahl hatten bereits einige innovative Spin-offs ihren Ursprung an einer österreichischen Universität. Wir haben fünf beeindruckende Erfolgsgeschichten zusammengetragen und hoffen, dadurch nicht nur einen Einblick in die rot-weiß-rote Spin-off-Landschaft zu geben, sondern vielleicht auch den einen oder anderen Unternehmergeist an unseren Hochschulen zu wecken.
1. STIRTEC: Technologieführer im Rührreibschweißen
2013 als Spin-off der TU Graz gegründet, verfolgt der steirische Schweißanlagenbauer Stirtec aus Premstätten einen rasanten Erfolgskurs. Seit den ersten Forschungsaktivitäten im Bereich der innovativen Fügetechnik Rührreibschweißen (FSW, Friction Stir Welding) im Jahr 2005 hat es Stirtec mittlerweile zum weltweiten Technologieführer geschafft. Das Unternehmen mit seinen rund 20 Mitarbeitern hat sich auf diese Fügetechnologie spezialisiert, die insbesondere in der Automobilindustrie für die Produktion und Sicherheit von Antriebssträngen von Hybrid- und Elektrofahrzeugen von Bedeutung ist. Die Anlagen der Stirtec können unterschiedliche Metalle besonders gut miteinander verschweißen und stellen etwa Wannen für Akkus von Elektrofahrzeugen her. „Unsere Exportquote beträgt fast 100 Prozent. Bei den europäischen Premium-Fahrzeugherstellern wie Daimler & Co. ist dieses Fügeverfahren bereits erprobt. Mit einigen der führenden europäischen Automobilzulieferer arbeiten wir an der Serieneinführung dieser zukunftsweisenden Technologie“, erklärt Geschäftsführer Roland Rathner. Im vergangenen Jahr konnte Stirtec ein 3,7-Millionen-Investment der Beteiligungsgesellschaft eQventures sowie einen millionenschweren Auftrag eines US-amerikanischen Zulieferers an Land ziehen.
2. LITHOZ: „Keramik-Kaiser“ mit 3D-Drucker
Das 2011 gegründete Unternehmen Lithoz ist spezialisiert auf die Entwicklung und Herstellung von Fertigungssystemen für den 3D-Druck von Hochleistungskeramiken und hat sich innerhalb weniger Jahre von einem Forschungsprojekt der TU Wien über ein Spin-off bis hin zum Weltmarkt- und Innovationsführer für den 3D-Druck von komplexen Hochleistungskeramiken entwickelt.
Lithoz beschäftigt 56 Mitarbeiter in Wien sowie drei Mitarbeiter im 2017 gegründeten Tochterunternehmen Lithoz America. Schon jetzt werden beinahe 100 Prozent des Umsatzes im Ausland generiert, auch das künftige Wachstum soll im Ausland erfolgen. 2017 erwirtschaftete Lithoz rund 3,5 Millionen Euro Umsatz. Für dieses Jahr wird ein Wachstum von 50 Prozent erwartet. Um auch weiterhin Weltmarktführer im Bereich der additiven Fertigung von Hochleistungskeramik zu bleiben, investiert Lithoz 20 bis 30 Prozent seiner Ressourcen in Forschung und Entwicklung.
3. BLUE DANUBE ROBOTICS: Mit Robotern auf Tuchfühlung
Im Jahr 2017 hat das TU-Wien-Spin-off „Blue Danube Robotics“ ein Sensorsystem mit dem Namen „AIRSKIN“ entwickelt, das Industrieroboter auf Berührung reagieren lässt, um Mensch und Roboter eine gefahrlose Zusammenarbeit zu ermöglichen. AIRSKIN ist eine luftgefüllte, weiche Kunststoffhaut, mit der man den Industrieroboter einkleidet. Im Inneren der AIRSKIN befinden sich intelligente Luftdruck-Sensoren. „Wenn der Roboterarm mit einer AIRSKIN an einem Hindernis anstößt, wird die AIRSKIN zusammengedrückt, der Luftdruck steigt im Inneren und der Luftdrucksensor sendet sofort ein entsprechendes Signal an die Robotersteuerung“, erklärt CEO Walter Wohlkinger. So kann die Bewegung gestoppt werden, bevor Gefahr entsteht. Dafür wurde das Unternehmen mit dem österreichischen Gründerpreis PHÖNIX 2018 sowie dem Austrian Robotics Award ausgezeichnet.
4. IONOXESS: Reines, plasmaaktiviertes Wasser
Im Rahmen der Verleihung des Tiroler Innovationspreises wurde im Oktober 2018 eine bahnbrechende Entwicklung des Spin-offs IonOXess ausgezeichnet. Das Konzept „PlaMaGrowth“ wurde auf Grund seines herausragenden Innovationspotenzials in die Shortlist aufgenommen und schlussendlich unter die Top 3 der Kategorie „Konzepte mit Innovationspotenzial“ gerankt.
Das Hightech-Unternehmen IonOXess entstand 2012 aus einem Forschungsprojekt am Management Center Innsbruck (MCI) und beschäftigt sich heute mit innovativen Wasseraufbereitungsverfahren auf Basis der Plasmatechnologie. Als hochschulnahes Unternehmen steht es für die enge Verzahnung von Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft. Bei dem von IonOXess entwickelten Verfahren PlaMaGrowth fördert plasmaaktiviertes Wasser die Keimung von Samen und kann das Pflanzenwachstum ohne Beisetzung nichtorganischen Düngers um bis zu 60 Prozent beschleunigen sowie unerwünschte Pilzbildung und Bakterienwuchs auf Samen und Pflanzen verhindern. Außerdem wird die Resistenz gegenüber Trockenheit genauso wie gegenüber starker Feuchtigkeit verbessert.
5. CRYSTALLINE MIRROR SOLUTIONS: Kristalline Superspiegel
Die Firma Crystalline Mirror Solutions (CMS) ist im stark wachsenden Optikmarkt tätig und hat eine neuartige Spiegeltechnologie auf Basis von Halbleiterkristallen entwickelt. Die Technologie von CMS hat entscheidende Vorteile gegenüber den bisher verwendeten Materialien und eröffnet zahlreiche neue Anwendungen in Industrie und Forschung. Das Spin-off der Universität Wien und des Vienna Center of Quantum Sciences and Technology wurde im August 2013 von Markus Aspelmeyer und Garrett Cole in Wien gegründet und hat seitdem bereits zwei weitere Standorte in Santa Barbara (Kalifornien) und Zürich (Schweiz) aufgebaut. Die zentrale Entwicklung von CMS – kristalline Superspiegel – ist international durch verschiedene Patente geschützt. Die Anwendungsmöglichkeiten von kristallinen Superspiegeln reichen von optischen Komponenten in ultrapräzisen Atomuhren über Präzisionsinterferometrie und Spektroskopie bis zu Lösungen für das Wärmemanagement von Hochleistungslasern und Anlagen für die Laserbearbeitung.
INFO-BOX
Die sieben Projekte, die in der zweiten Runde des Spin-off Fellowship gefördert werden:
• CarboFeed (CO2-fixierende Hefe als Futtermittel), Universität für Bodenkultur, Wien
• CellEctric Biotech (Entwicklung eines innovativen Filters [smartEDF] zur elektrodynamischen Manipulation biologischen Materials), Austrian Institute of Technology (AIT), Niederösterreich
• CURRATEC (Economic Curing of Polymers by Frontal Polymerization), Technische Universität Wien
• FlowMe (Software für die automatisierte Analyse von Durchflusszytometriedaten zur Detektierung von Krebszellen), Technische Universität Wien
• LightMatters (Laborgerät zur optofluidischen NANO-Partikel-Charakterisierung), Medizinische Universität Graz
• NewGen SLM Powder (New generation of stainless steel powder for enhanced additive manufacturing process), Technische Universität Graz
• Viwax (Lysophosphatidylcholin im Einsatz gegen Amerikanische Faulbrut), Universität Graz
www.ffg.at/spin-off-fellowship