Nikolaus Kawka, CEO Zühlke Österreich & Partner Zühlke Group © Zühlke Österreich
Je kurviger der Weg, umso besser: Nikolaus Kawka trifft und lebt beherzte, mutige Entscheidungen. Das hat er mehr als einmal unter Beweis gestellt.
Nikolaus Kawka ist seit 2011 CEO der Österreich-Niederlassung der Zühlke Group, seit 2018 auch Partner. Doch immer der Reihe nach, denn der Lebens- und Berufsweg des studierten Physikers ist viel zu interessant, um ihn im Schnellvorlauf an sich vorbeiziehen zu lassen. Geboren und aufgewachsen ist Kawka in Wien. Als Gymnasiast entwickelte er großes Interesse für Philosophie, Psychologie und Literatur, dem er treu blieb und das er später sogar noch erweiterte. Daneben beschäftigte er sich auch mit dem Gebiet der Volkswirtschaft – und entdeckte dabei sein Faible für die Mathematik, die bekanntermaßen einen nicht unwesentlichen Teil dieses Fachgebietes ausmacht. Als es dann darum ging, sich für ein Studium zu entscheiden, fiel die Wahl klar zugunsten der Physik. „In der Philosophie ist die Erkenntnistheorie sehr wichtig, theoretisch aber noch vor Einstein verortet. Die Physik wiederum hat Ähnlichkeiten zur Philosophie, ist aber nach Einstein schon weiter“, so Kawka. Immer diesen einen Schritt weiter gehen und denken zu wollen ist auch bezeichnend für seinen weiteren Weg.
Back in the USSR
Der wissbegierige junge Mann wollte ins Ausland. Aber nicht in die USA oder nach Großbritannien. Er strebte nach etwas Spannenderem. Im Gymnasium hatte er Russisch gelernt. Also bewarb er sich kurzerhand an einem russischen Forschungsinstitut – dem „CERN Russlands“ – für seine Diplomarbeit. „Das war in der Jelzin-Ära, drei Jahre nach dem Zerfall der Sowjetunion, in Dubna an der Wolga – nicht weit von Moskau“, erinnert sich Kawka. Das klingt nicht nur nach einem Abenteuer, sondern war es auch. Der monatliche Anruf bei den Eltern musste angemeldet werden, mit Passierschein und allem Drum und Dran.
Einstieg in die Welt der Bits & Bytes
Seine Dissertation machte er dann – nach einem „Zwischenstopp“ in der Heimat, um seinen Zivildienst abzuleisten – in einem italienischen Forschungsinstitut. Er wurde zwar formal von einem Physiker betreut, das Thema war aber Computerlinguistik. „Das kam so: Während des Studiums habe ich Computer-Simulationen programmiert und dabei mein Interesse dafür entdeckt. Es gab eine EU-Datenbank für Chemieunfälle. Das Ziel war es, aus diesen Texten bestimmte Muster herauszulesen, z. B. wie viel Prozent der Unfälle passieren wegen Ermüdung der Arbeiter.“ Das führte dazu, dass er von der Europäischen Kommission als „Auxiliary Scientific Agent“ angestellt wurde, mit der Aufgabe, ein semantisches System zu entwickeln, welches genau diese Dinge erkennt. 1999 kehrte er nach Österreich zurück, arbeitete erst ein Jahr lang als Consultant und wurde dann von einem Wiener Start-up abgeworben, das semantische Suchlösungen entwickelte – sehr passend. Das war auch sein Einstieg in die Softwarebranche.
Mit einem langjährigen Wegbegleiter führte ihn das Schicksal zusammen. Der nicht nur in Österreichs Wissenschafts- und IT-Welt bekannte Bruno Buchberger, unter anderem Gründer des Softwareparks Hagenberg, war zufälligerweise vor Kawka in Dubna und wurde in den dortigen Gesprächen häufig erwähnt. Beherzt ergriff Kawka die Chance und kontaktierte seinen „Vorgänger“ wegen eines Jobs. Das führte schließlich 2003 zur Gründung der Hagenberg Software GmbH, wo er bis zum Verkauf der Firma und seinem Wechsel zu Zühlke Österreich im Jahr 2011 als Managing Director und Partner tätig war.
Aus der Stadt ins Grüne
Sein Engagement in und für Hagenberg fiel mit einem weiteren wichtigen Wendepunkt seine Lebens zusammen, diesmal allerdings privater Natur. Wie er selbst war auch seine spätere Frau, die an der Universität für angewandte Kunst Wien studierte, beruflich viel unterwegs, etwa in Deutschland und den Niederlanden. 1999 bezog das Paar gemeinsam eine Wohnung im siebten Wiener Gemeindebezirk. Das erste Kind wurde 2002 geboren, das zweite folgte rund drei Jahre später.
2003 entschied sich Familie Kawka, den Lebensmittelpunkt von Wien nach Langenlois in Niederösterreich zu verlegen, und ist auch in dieser Region geblieben. „Das war für mich als gebürtiger Städter ein großer Schritt. Natur und Ruhe habe ich vorher zur Erholung genutzt. Aber ich habe gemerkt, dass es mir nicht reicht, nur am Wochenende mit dem Auto ins Grüne zu fahren. Ich brauche Natur, um mich zu regenerieren.“ Dazu passt auch sein Hobby, die Fotografie. Besonders so, wie er es betreibt: Er fotografiert analog und entwickelt die Negative selbst. „Das ist für mich der Weg der Entschleunigung.“ Die Fotografie wurde ihm in die Wiege gelegt. Schon der Großvater fotografierte, mit einem Apparat der noch heute ikonischen Marke Leica.
Vermittler zwischen den Welten
Seine breit gefächerten Interessen sind wahrscheinlich auch der Grund, dass er nicht dem Klischee eines eigenbrötlerischen Wissenschaftlers entspricht. Er hat sich nie in einem Labor versteckt, sondern ist kommunikativ und extrovertiert. So ist es ihm heute auch ein Leichtes, zwischen den Welten der Technik und der Wirtschaft zu vermitteln. Doch das war nicht immer so. „Das habe ich auf die harte Tour gelernt. Erfolg hat man nur, wenn man richtig und gut kommunizieren kann und auf das Gegenüber eingeht. Man muss die Komplexität runterschrauben, verstehen, was andere sagen, und das dann in Prozesse übersetzen. Als junge Führungskraft rannte ich gegen die eingesessene Belegschaft an, bis ich ihre Sprache gelernt habe und so einen Zugang gewonnen habe. Dadurch habe ich auch Führungsverantwortung bekommen.“
Freund klarer Commitments
Fast scheint es, als wäre auch sein späterer Wechsel zum Schweizer Innovationsdienstleister Zühlke Group schicksalhaft gewesen, denn Kawka und Zühlke teilen nicht nur gemeinsame Werte. Auch der interdisziplinäre Zugang des Unternehmens sagte ihm als Physiker mit seinen vielfältigen Begabungen zu. „Den Interessen und Talenten des Einzelnen wird großer Raum gegeben“, so Kawka, der 2018 auch zum Partner wurde, „um mich langfristig zum Unternehmen zu committen. Und ich bin ein Freund klarer Commitments.“
Ich habe Ihnen nicht zu viel versprochen, oder? Dabei ist das nur ein Bruchteil des spannenden Lebens und der Karriere von Nikolaus Kawka – und er hat noch lange nicht vor, sich auszuruhen. „Dass wir in zehn Jahren über Themen diskutieren werden, die wir jetzt noch nicht kennen, das macht mich froh und macht Lust darauf, immer weiterzumachen. Was kommt hinter der nächsten Biegung? Bei Zühlke trauen wir uns, um Ecken zu schauen, wir nehmen unsere Kunden an die Hand. Je kurviger der Weg, umso spannender, was hinter der Kurve liegt!“ (RNF)
12 FRAGEN AN NIKOLAUS KAWKA
Was wollten Sie als Kind werden?
Ursprünglich wollte ich Archäologe werden – immer ein Forscher, Abenteurer, Entdecker. Davon war und bin ich begeistert, spätestens seit einem Ausflug nach Carnuntum in meiner Kindheit.
Was bedeutet Glück für Sie?
Veränderung akzeptieren und annehmen zu können ist der langfristige Weg zum Glück.
Welches Buch haben Sie zuletzt gelesen?
Mein Tipp ist das 2018 erschienene „Die Chinesen – Psychogramm einer Weltmacht“, das ich gerade wieder lese. Es hilft, die chinesische Gesellschaft und Art des Denkens zu verstehen.
Welche Persönlichkeit inspiriert Sie?
Das sind die täglichen Begegnungen.
Gibt es ein Lebensmotto, das Sie verfolgen?
Handle stets so, dass die Anzahl der Wahlmöglichkeiten größer wird! (Anm.: ethischer Imperativ von Heinz von Foerster)
Mit wem würden Sie gerne einen Tag lang tauschen?
Ich würde aus Neugierde mit vielen Leuten tauschen. Ein gutes persönliches Gespräch ist aber schon ein guter Weg, Welten abzugleichen und sich in andere hineinzuversetzen.
Was war Ihr bisher größter Erfolg?
Der liegt noch vor mir. Ich habe noch viel mehr vor! Zu viel, um das jetzt schon abzuhaken.
Was ist das Verrückteste, das Sie je in ihrem Leben getan haben?
Den Zerfall der Sowjetunion als junger Student hautnah miterlebt zu haben.
Gibt es etwas, dass Sie schon immer ausprobieren wollten, sich bisher aber nicht getraut haben?
Ich würde gerne als rucksackreisender Golden Ager den japanischen Shikoku-Pilgerweg gehen.
Was motiviert Sie, tagtäglich aufzustehen?
Verantwortung, Pflichtbewusstsein und Neugier. Zu langfristiger Planung und um Ziele zu erreichen gehört es dazu, täglich daran zu arbeiten.
Wenn Sie ein Tier wären, welches wären Sie dann und warum?
Ich wäre ein Vogel. Sie haben eine Ruhe, den Überblick und können sich ihren Abbildungsmaßstab selbst aussuchen – das ist ein anderes Skalieren.
ZUR PERSON
Engagiert und vielfältig interessiert
Nikolaus Kawka wurde in Wien geboren, absolvierte dort das Gymnasium in der Maroltingergasse, bevor er sich der Physik zuwandte. Letzteres Fach studierte er an der TU Wien, in Russland und in Italien. Er arbeitete unter anderem als „Auxiliary Scientific Agent“ der Europäischen Kommission, als Berater sowie als Business Development Manager, bevor er dann die Hagenberg Software GmbH gründete. Mit ihrem Verkauf 2011 wechselte er als Geschäftsführer zum Innovationsdienstleister Zühlke Österreich und wurde im Jahr 2018 außerdem Partner der Zühlke Group.
Nikolaus Kawka engagiert sich zudem seit 2017 im Direktionsrat der Handelskammer Schweiz Österreich Liechtenstein und ist seit 2020 deren Vizepräsident.
Der begeisterte Fotograf ist verheiratet und hat eine Tochter sowie einen Sohn.