In Krisenzeiten können externe Leadership-Begleiter Führungskräften mit Rat zur Seite stehen. © Adobe Stock/OFC Pictures
Es gibt zahlreiche Mittel und Wege, schlechte Nachrichten zu verarbeiten und Stress abzubauen. Wenn der Druck zu groß wird und Führungskräfte dennoch an ihre Belastungsgrenzen stoßen ...
... empfiehlt es sich, externen Rat einzuholen. Hier stellt sich aber die Frage nach der richtigen Methode: Consulting, Coaching oder Mentoring?
Dramatische Bilder aus der Ukraine, steigende Energiekosten, hohe Inflation, erneut alarmierende Infektionszahlen und die nicht enden wollende Klimakrise – vielen Menschen schlagen die besorgniserregenden Meldungen der letzten Wochen, Monate und Jahre allmählich aufs Gemüt. Verständlicherweise: „Horrorbilder aktivieren die Alarmanlage in unserem Kopf“, erklärt der promovierte Neurobiologe und Autor Marcus Täuber. „Verbunden mit dem Gefühl fehlender Kontrolle, kippt unser Gehirn in einen Modus, wo der Gedanke ans nackte Überleben in den Vordergrund gerät. Die Folge: Bei ängstlichen Menschen verstärkt sich der Leidensdruck.“
Der Lehrbeauftragte der Universität Wien und der Donau Universität Krems rät, dieser Angst Raum zu geben. „Zunächst ist es wichtig, das Unwohlsein im Körper wahrzunehmen. Bei manchen sitzt die Angst im sprichwörtlichen Nacken, bei anderen wiederum ist ein beklemmendes Gefühl in der Brust oder ein Grummeln im Bauch zu spüren. Dies zu erkennen und zu benennen, ist der erste Schritt zu besserem Umgang mit Stress.“
„Was uns nicht umbringt, macht uns stärker“
Dieses Zitat des Philosophen Friedrich Nietzsche hat Eingang in unsere Alltagssprache gefunden. „Wissenschaftlich betrachtet, ist hier etwas Wahres dran. Zumindest unter bestimmten Voraussetzungen“, so Täuber.
Eine dreijährige Studie mit rund 2.400 Probanden zeigte: Hin und wieder eine schwierige Lebenssituation zu meistern, kann die psychische Widerstandsfähigkeit und das Wohlbefinden erhöhen. Und zwar nicht nur im Vergleich zu Studienteilnehmern, die sehr viele Schicksalsschläge hinnehmen mussten, sondern auch im Vergleich zu jenen Probanden, die keinerlei Belastungen ausgesetzt waren. Im Extremfall kann sogar ein schwerer Schicksalsschlag zu posttraumatischen Wachstum führen – „dies erfordert aber hohe Selbstreflexion“, weiß Täuber.
Wie man schlechte Nachrichten verarbeiten kann
Natürlich ist Information wichtig und ebenso das Mitgefühl für Menschen, über die Leid hereinbricht. Wichtig ist aber das richtige Timing. Vormittags bis nachmittags sind laut Täuber gute Zeitpunkte, um sich mit schwer verdaulichen Thematiken zu beschäftigen. Beim Einschlafen hingegen ist unser Gehirn in einer Art Trance, einem Zustand ähnlich der Hypnose. Botschaften, die zeitlich kurz zurückliegen, werden bevorzugt verarbeitet und in den Schlaf – insbesondere den Traum – mitgenommen. Daher sind gerade Diskussionssendungen, in welchen über Folgen von negativen Ereignissen spekuliert wird, ziemlich harte Kost für unser Gehirn.
Täuber empfiehlt: Keine Bad News in der letzten Stunde vorm Schlafengehen. Besser mit Dankbarkeit und schönen Eindrücken den Tag Revue passieren lassen.
Strategie für mentales Durchhaltevermögen
Unsere Welt lässt sich laut Marcus Täuber grob in drei Sphären unterteilen: das Kontrollierbare, das Beeinflussbare und das, worauf ich keinen Einfluss habe. Diese Unterscheidung ist für ihn ist ebenso wichtig wie die mentale Erfolgsstrategie, alle drei Bereiche als Teil unseres Lebens zu akzeptieren. Der Fokus sollte dabei auf dem unmittelbar Kontrollierbaren liegen – und das sind unsere Gedanken. Mit etwas Übung könne man sehr wirksam steuern, welchen Inhalten man welchen Platz in Kopf gibt. Der Neurobiologe nennt das in seinem Buch „Falsch gedacht!“ unsere „mentale Intelligenz“.
Stress im Hirn braucht aber auch ein Ventil über Arme und Beine. „Durch Handeln bauen wir Stress ab und erhöhen unsere Selbstwirksamkeitsüberzeugung“, weiß Täuber. „Daher haben Demonstrationen für den Frieden genauso wie Spendenaktionen einen doppelten Nutzen: für andere Menschen und für uns selbst. Wir fühlen uns danach besser.“
Laut Täuber ist der Mensch also durchaus in der Lage, Stress zu verarbeiten – mehr noch: Unser Gehirn ist für Krisen gemacht. Allerdings braucht es regelmäßige Erholungsphasen. „Klassische Entspannungsübungen wie langes Ausatmen oder die progressive Muskelrelaxation nach Jacobson sind sehr wertvoll. Absolute Spitzenergebnisse punkto Entspannung erzielen wir allerdings mit Meditationstechniken, denn sie stoppen den Gedankenzug im Kopf.“
Enormer Druck – wenn Führungskräfte an ihre Belastungsgrenzen stoßen
Der derzeitige Wandel der Wirtschafts- und Arbeitswelt lässt so gut wie keinen Stein auf dem anderen. Führungskräfte stehen vor immer komplexeren Herausforderungen auf unterschiedlichsten Ebenen. Gerade auf C-Level-Ebene gehe es „zu 80 Prozent darum, wichtige Entscheidungen zu treffen, die sich unmittelbar auf das Unternehmen und gleichzeitig auf viele Menschen auswirken“, sagt Barbara Stöttinger, Dekanin der WU Executive Academy.
In Krisenzeiten sei die Belastung besonders hoch: „Die meisten Führungskräfte stehen derzeit unter enormem Druck. Aufgrund der Coronapandemie sind viele an ihre mentale Belastungsgrenze gekommen. Sport oder Meditation als Ausgleich helfen irgendwann nur mehr bedingt, um den Stress und die permanente Anspannung abzubauen“, so Mae Leyrer.
Sie ist Global-Executive-MBA-Alumna und berät Führungskräfte und Unternehmen im In- und Ausland. Außerdem ist sie Präsidentin des International Advisory Board der WU Executive Academy und Autorin des Buches „Mastering Strategic Storylining“. Als Managerin blickt sie auf eine beachtliche Karriere zurück: Während der Coronapandemie gelang ihr als interimistische CEO ein erfolgreicher Turnaround für die Baltika Group, bei dem sie die internationale Modekette in die Gewinnzone und durch die Covid-Krise führte.
Je höher die Position desto dünner die Luft
Neben den besonderen Herausforderungen, die die viel diskutierte VUCADD-Arbeitswelt (Volatility, Uncertainty, Complexity, Ambiguity, Dynamics & Diversity) mit sich bringt, stehen Führungskräfte ab einem gewissen Moment noch vor einer ganz anderen: „Je höher man in der Hierarchie kommt, desto einsamer ist man. Auf Top-Level ist man komplett allein. Das Team einzubeziehen und gewisse Entscheidungen zu diskutieren und ihm Fragen zu stellen, reicht dann nicht mehr. Man braucht jemanden mit ähnlichen Erfahrungen, der die Führungskraft und ihre Situation versteht“, sagt Barbara Stöttinger. Mae Leyrer weiß davon ein Lied zu singen: „Ich habe mir immer eine Person gewünscht, die mir zur Seite steht: persönlich, aber auch beratend, abhängig von der jeweiligen Situation.“
Normalerweise wenden sich Manager in solchen Fällen an einen Coach. „Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden. Das Problem“, so Leyrer, „ist aber, dass Coaches auf der persönlichen Ebene coachen, sie zielen auf die individuelle Weiterentwicklung ab. Das ist wichtig, reicht allerdings nicht, wenn es für die Führungskräfte darum geht, neue Lösungswege zu finden – etwa um tragfähige Entscheidungen in der Krise zu treffen.“
Consultants wiederum würden zu Fragen der Strategie und Organisationsentwicklung beraten, allerdings: „Hier fehlt es oft an Kontinuität, häufig wechseln die Consultants nach wenigen Wochen oder werden nur für bestimmte Phasen hinzugezogen. Sie kennen das Geschäft nach so kurzer Zeit nicht wirklich gut“, sagt Mae Leyrer.
Executive Confidants: Warum externer Rat abseits von Coaching und Consulting wichtig ist
Mae Leyrer selbst hat als Managerin die Hilfe von Executive Coaches, Mentoren und Life Coaches in Anspruch genommen: „Das waren verschiedene Menschen in unterschiedlichen Phasen meines Lebens. Idealerweise habe ich mir aber immer einen Ansprechpartner gewünscht, mit dem ich verschiedene Themen gleichzeitig besprechen kann.“ Aus dieser Erfahrung heraus hat Mae Leyrer ein Konzept entwickelt, das Unternehmenslenker nicht nur in Krisenzeiten und in Transformationsprozessen optimal unterstützt: jenes des „Executive Confidant“.
In dieser Rolle ist sie Coach, Mentorin und Beraterin gleichzeitig – je nachdem, was eine Führungskraft gerade braucht, nimmt sie das entspreche Tool aus ihrem Leadership-Werkzeugkasten. „Abhängig von der aktuellen Situation und Problemstellung des Klienten wechsle ich zwischen den verschiedenen Rollen. Es kann also sein, dass ich während nur einer Session meine Klienten mit bestimmten Methoden und Tools coache, sie dann bei einer ganz konkreten unternehmerischen Entscheidung berate und im Zuge eines Mentorings auch meine Erfahrungen als Geschäftsführerin einfließen lasse.“
Transformation braucht Zeit
„Ich höre immer wieder, dass Manager berichten, sie seien nach einigen Wochen Coaching wieder in alte Muster zurückgefallen. Eine gute Beziehung zu einem Neukunden aufzubauen, durch die wir gut miteinander arbeiten können, dauert zwei bis drei Monate. Daher muss der Prozess möglichst nachhaltig aufgebaut sein“, sagt die Transformationsexpertin. Mae Leyrer arbeitet mit ihren Klienten daher auch mindestens sechs bis neun Monate im Einzelsetting zusammen. Denn echte Transformation braucht Zeit – auch bei den Führungskräften selbst. (BO)
BUCH-TIPP
„Falsch gedacht!“ von Marcus Täuber
Als Relikt aus der Steinzeit führt uns unser Geist häufig in die Irre. Das Gehirn denkt egozentrisch, liebt die Vergangenheit und neigt dazu, sich in sinnlosen Gedankenkreisläufen zu verlieren. Das erklärt der bekannte Neurowissenschaftler Marcus Täuber in seinem Buch „Falsch gedacht!“ und bringt wichtige neue Aspekte des noch jungen Begriffs „mentale Intelligenz“ (MQ) ins Spiel. Sie beeinflusst, wie gut wir die eigenen Gedanken wahrnehmen, kontrollieren, uns nutzbar machen und versteckte Wechselwirkungen verstehen können. Damit ist sie eine wichtige Größe für ein selbstbestimmtes und erfolgreiches Leben.
Goldegg Verlag, 180 Seiten, 22 Euro
ISBN 978-3-99060-208-9
INFO-BOX
Mentoring4U-Angebot der WU Executive Academy
Was Mae Leyrer als Executive Confidant für Führungskräfte und Unternehmen anbietet, setzt die WU Executive Academy in einem neu entwickelten Mentoring4U-Konzept um: Erfahrene Manager, Experten und Karrierespezialisten stehen den Studierenden und Alumni als Mentoren zur Seite und begleiten sie über einen längeren Zeitraum. Dabei können sie je nach individueller Herausforderung eine Begleitung in den unterschiedlichen Bereichen wählen: New Perspectives4U, Entrepreneurship4U, Female Leaders4U, Companies4U oder Austria4U.
www.executiveacademy.at