Von der EU kommen keine guten Nachrichten für Firnanzminister Brunner © APA - Austria Presse Agentur
Die Europäische Kommission sagt für die EU ein "bescheidendes Wachstum" voraus: Laut ihrer am Freitag in Brüssel präsentierten Herbst-Konjunkturprognose soll die Wirtschaft der EU heuer um 0,9 Prozent und in der Eurozone um 0,8 Prozent wachsen. Die heimische Wirtschaft wird laut Prognose heuer um 0,6 Prozent schrumpfen, bevor sie 2025 mit 1,0 Prozent auf einen schmalen Wachstumspfad zurückkehrt. Das heimische Budgetdefizit überschreite klar die erlaubte Drei-Prozent-Grenze.
EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni nahm in seiner Pressekonferenz auch auf das österreichische Budgetdefizit Bezug: "Es gibt in unserer Prognose eine Tendenz zu einem leichten Anstieg von Schulden und Defizit in den kommenden Jahren." "Das gesamtstaatliche Defizit Österreichs wird voraussichtlich in den Jahren 2024-2026 drei Prozent der Wirtschaftsleistung übersteigen, während die öffentliche Schuldenquote auf über 80 Prozent steigen wird", so die Kommission in ihrem Bericht. Für heuer werden 3,6 Prozent Budgetdefizit erwartet, für kommendes Jahr 3,7 und für 2026 3,5 Prozent.
Damit liegt das Defizit klar über der sogenannten Maastricht-Grenze von drei Prozent. Erlaubt ist eine Neuverschuldung von höchstens drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), gleichzeitig darf der Schuldenstand eines Mitgliedsstaates 60 Prozent der Wirtschaftsleistung nicht überschreiten. Wird dies nicht eingehalten, kann die EU-Kommission Defizitverfahren einleiten.
Gentiloni erklärte am Freitag, er sei in Kontakt mit den österreichischen Behörden und werde in den nächsten Tagen mit Noch-Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) sprechen: "Die Situation ist für die Kommission wichtig zu berücksichtigen." Brunner hatte am Donnerstag in Wien vor Journalisten seine kurz nach der Nationalratswahl nach oben korrigierte Defizitprognose verteidigt. Das Finanzministerium hatte Anfang Oktober seine Defizitprognose für das Budget des Jahres 2024 auf 3,3 Prozent des BIP erhöht. Die Wirtschaftsforscher von Wifo und IHS rechneten zuletzt gar mit 3,7 bzw. 3,5 Prozent.
Kommendes Jahr soll das Wachstum in der EU 1,5 und in der Eurozone 1,3 Prozent erreichen, 2026 dann 1,8 respektive 1,6 Prozent. In ihrer Frühlingsprognose hatte die Kommission noch etwas bessere Zahlen für die EU und Österreich erwartet: Für heuer wurde ein Plus der EU-Wirtschaftsleistung um 1,0 Prozent erwartet, für 2025 um 1,6 Prozent. Für die Eurozone wurde mit 0,8 respektive 1,4 Prozent gerechnet. Für Österreich wurde im Mai für 2024 noch ein kleines Plus von 0,3 Prozent vorhergesagt, 2025 ein Zuwachs von 1,6 Prozent. Wifo und IHS gehen ebenfalls davon aus, dass die heimische Wirtschaft heuer schrumpfen wird.
Die schwächelnde Konjunktur wird von weiter sinkenden Inflationszahlen begleitet: Die Gesamtinflation im Euroraum soll sich im Jahr 2024 auf 2,4 Prozent quasi halbieren, von 5,4 Prozent 2023. 2025 soll sie weiter auf 2,1 Prozent sinken, 2026 auf 1,9 Prozent. Damit wäre auch das Ziel der Europäischen Zentralbank, die Inflationsrate unter 2 Prozent zu halten, wieder erreicht. In der EU wird die Gesamtinflation von 6,4 Prozent im Jahr 2023 auf 2,6 Prozent sinken, und die Jahre darauf um 2,4 bzw. 2,0 Prozent. In Österreich dürften die Preise heuer um 2,9 Prozent steigen, danach um 2,1 bzw. 1,7 Prozent.
Die Arbeitslosigkeit bleibt in allen Gebieten weiter recht stabil: Für die EU werden heuer 6,1 Prozent und im kommenden Jahr 5,9 Prozent erwartet, für die Eurozone 6,5 bzw. 6,3 Prozent. Österreich liegt mit 5,3 Prozent in beiden Jahren (nach Eurostat-Definition) leicht unter dem EU-Durchschnitt.
Die EU-Kommission betont in ihrer Aussendung, dass "Ungewissheit und Abwärtsrisiken für die Aussichten zugenommen haben". Russlands langwieriger Angriffskrieg gegen die Ukraine und der verschärfte Konflikt im Nahen Osten würden die geopolitischen Risiken und die Gefahren für die Energiesicherheit verstärken. "Eine weitere Zunahme der protektionistischen Maßnahmen der Handelspartner könnte den globalen Handel beeinträchtigen und die sehr offene Wirtschaft der EU belasten", geht die Brüsseler Behörde nur indirekt auf die vom designierten US-Präsidenten Donald Trump angekündigten Strafzölle auf viele europäische Produkte ein.