Sind Pipelines gesperrt, leidet Wettbewerbsfähigkeit Europas massiv © APA - Austria Presse Agentur

Mehr oder weniger willkürliche Pipelinesperren, mysteriöse Explosionen an Energie-Versorgungssträngen oder zunehmende Cyberangriffe auf die immer komplexer werdenden Energiesysteme rücken das Thema Energieabhängigkeit in den Fokus. Die Dachorganisation der europäischen Akademien der Wissenschaften EASAC warnt in einem neuen Bericht auch vor dem zunehmenden Einsatz von Gas, Strom und Öl als Waffe. Europa müsse mehr in neue Technologien und Erneuerbare investieren.

Insgesamt 27 europäische Wissenschafterinnen und Wissenschafter waren an dem Bericht der EASAC beteiligt, deren Geschäftsstelle in Wien angesiedelt ist und der auch die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) angehört. Aus Österreich war der Energieökonom Reinhard Haas von der Technischen Universität (TU) Wien Teil der Arbeitsgruppe. "Russlands Angriff auf die Ukraine wird durch den Export von fossilen Energieträgern finanziert", heißt es seitens der Vereinigung. Europa habe ab dem Jahr 2022 reagiert - etwa durch den verstärkten Import von Flüssiggas -, aber eine simple Verschiebung von Abhängigkeiten, etwa in Richtung USA, berge ebenso Risiken - wie sich zuletzt auch in der Anhebung von Zöllen quasi über Nacht zeigte.

"Keine Sicherheit ohne Energiesicherheit"

Wie tief die Verbindungen teils - und vor allem auch in Österreich - reichen bzw. reichten, sehe man daran, dass der russische Energiekonzern Gazprom "wichtige Gasspeicher in den Niederlanden, Deutschland und Österreich" besitzen durfte. Im Sommer 2021 wurden diese dann nicht gefüllt, was den Grundstein für einen "Energiepreisschock" im darauffolgenden Herbst legte, heißt es u.a. in dem Bericht, der auch die wichtige Rolle Österreichs in der Gasversorgung und -speicherung für Europa hervorhebt.

"Es gibt keine Sicherheit ohne Energiesicherheit", wird der Direktor des EASAC-Energieprogrammes, William Gillett, zitiert. Das liege auch daran, dass autokratische Regime Energie und Energiepolitik zunehmend auch als Waffe begreifen würden. Über den Hebel der Energiepreise könne man gut auf die gesamte Wettbewerbsfähigkeit Europas Einfluss nehmen.

EASAC: Jeder Euro für Importe ist verlorener Euro

"Europas beste Waffen", um hier entgegenzuhalten, seien der von der EU initiierte "Green-" und "Clean Industrial Deal", so Paula Kivimaa, eine der Ko-Hauptautorinnen des Berichts: "Wind- und Solarenergie muss nicht importiert werden." Jede Investition in erneuerbare Energie und in einschlägige Schlüsseltechnologien müsse "als Investition in unsere Sicherheit" gesehen werden, wohingegen jeder Euro für Energieimporte für die Verbesserung der Verteidigungskapazitäten verloren sei. Ebenso müsse in die Absicherung der Infrastruktur vor Online-Angriffen durch Hacker investiert werden, mahnen die Expertinnen und Experten ein.

Zudem werde der Elektrizitätsverbrauch steigen und Europa müsse sich überlegen, wo die Rohmaterialien für die Energiewende-Technologien, wie etwa Lithium, Kobalt und seltene Erden, herkommen. All die notwendigen Veränderungen brauchen aber auch die "Akzeptanz der Bürger. Sie müssen beteiligt werden und zukünftig viel stärker wirtschaftlich von den Änderungen profitieren", so Ko-Hauptautorin Claire Dupont.

(S E R V I C E - Der Bericht "Security of Sustainable Energy Supplies" online: https://go.apa.at/3imdmwvO)