Die burgenländische Industrie wartet zum Teil noch auf jene Entschädigungszahlungen, die ihr aufgrund des Epidemiegesetzes für die Corona-Quarantäne zustehen. Teils würden Firmen schon jahrelang auf dieses Geld warten, so die neue Präsidentin der burgenländischen Industriellenvereinigung Adelheid Adelwöhrer im APA-Gespräch. Sie löste im November des Vorjahres Manfred Gerger nach elf Jahren an der Spitze der Interessenvertretung ab. Ein 1.700-Euro-Mindestlohn wird abgelehnt.

Wenn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aufgrund einer behördlichen Anordnung in Quarantäne zuhause waren, kann der Arbeitgeber eine Vergütung des Verdienstentgangs beantragen. Bis heute sei es aber zu "sehr wenigen Auszahlungen" dieser Entschädigung gekommen. Viele Unternehmen würden seit 2020 auf das Geld warten. Zuständig für die Auszahlung sei das Land, drängt Adelwöhrer.

Erfreut hingegen zeigte sie sich über den von der Bundesregierung noch Ende des Vorjahres vorgestellten Energiekostenzuschuss 2: "Der ist lebenswichtig, trotzdem bleibt noch viel bei der Industrie hängen." Gleichzeitig sprach sie sich für treffsichere Förderungen aus, dass dies notwendig ist, zeigte zuletzt die in manchen Fällen "Überförderung" in Zeiten der Coronapandemie.

Die Auftragslage für die burgenländischen Unternehmen sei "noch relativ gut, wenn man sich umhört", der Ausblick für das nächste Halbjahr sei aber nicht so positiv, verwies Adelwöhrer auf die "multiplen Krisen". Energiepreise, stockende Lieferketten, Klimawandel und Arbeitskräftemangel - "all das beschäftigt uns sehr. Die Stimmung ist aber trotzdem zuversichtlich. Die Industrie ist sehr krisenresilient."

Zum Arbeitskräftemangel meinte die IV-Präsidentin: "Es wird flexibler werden und wir werden länger im Arbeitsleben bleiben. Es muss attraktiver werden, länger zu arbeiten." Notwendig sei es auch, Frauen aus der Teilzeit zu holen, indem man ihnen gute Jobs und Führungspositionen anbietet: "Dieses Potenzial muss man heben." Die IV-Präsidentin spricht sich auch dafür aus, schon im Kindergarten auf die MINT-Fächer zu setzen und das Interesse bei Mädchen sowie Buben zu wecken. Außerdem brauche es eine gezielte Zuwanderung.

Aufholbedarf hat das Burgenland auch im Bereich der Forschung und Entwicklung, denn da es hierzulande keine Universität gibt, werde keine Grundlagenforschung betrieben. Initiativen wie den Süd Hub für Start-ups etwa begrüßt Adelwöhrer daher: "Es ist schon viel auf Schiene, aber noch einiges nötig." Wie bereits ihr Vorgänger Gerger hob auch die neue IV-Präsidentin die Bedeutung der Lehre hervor - diese gehöre in der Gesellschaft aufgewertet, forderte sie und verwies auf die zahlreichen Möglichkeiten eines Lehrabschlusses.

Keine Zustimmung gibt es von ihr zum von Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ) forcierten Mindestlohn von 1.700 Euro netto: "Das ist eindeutig abzulehnen. Es gibt ein super funktionierendes System mit den Sozialpartnern, die sind nah an der Praxis und das ist europaweit herzeigbar."

(APA)