Einsame Strände gibt es trotz Berg-Boom noch nicht © APA - Austria Presse Agentur

Trotz strahlendem Wetter und angenehmem Wind stöhnen die Strandbad-Betreiber an der nördlichen Adria: Im Juli ist die Zahl der Strandurlauber gegenüber dem Vergleichszeitraum 2024 um 15 Prozent gesunken. Am Wochenende sind die Strände zwar voll, doch der Andrang ist an Wochentagen wesentlich geringer als in den vergangenen Jahren. Dafür boomt der Urlaub in den Bergen, stellen Touristiker in Italien fest.

Während viele Küstenortschaften über Besucherrückgänge klagen, zeigen sich die Dolomiten voller Leben mit langen Warteschlangen an Seilbahnen und überfüllten Wanderwegen. Ein Urlaub in den Bergen erscheint inzwischen abwechslungsreicher und angenehmer als eine Woche an den Stränden der Adria. Eine Rolle spielen auch die anhaltenden Hitzewellen, die viele Familien in die Kühle der Berge treiben - sowohl in die Alpen als auch in den Apennin.

Krise des klassischen Urlaubsmodells

Ein wesentlicher Faktor ist die Krise des klassischen Urlaubsmodells, analysieren Touristiker. Den ganzen Tag an der Sonne auf einer Liege und unter einem Sonnenschirm zu verbringen ist für viele nicht mehr so attraktiv. Zahlreiche Urlauber sehnen sich nach kühleren, aktiveren Ferien. Walter De Cassan, Präsident des Hotelierverbands der Dolomiten-Stadt Belluno, berichtet, dass der Tourismus in den Dolomiten boomt - mit vielen italienischen Gästen, aber auch einer wachsenden Zahl von Touristen aus USA, China, Südkorea, Japan, Thailand und Kanada.

Die Pandemie hat offenbar das Bewusstsein vieler Urlauber verändert. Man habe die Berge neu entdeckt, stellt De Cassan fest. Die Vorstellung von Ferien, bei denen man jeden Tag etwas Neues erleben, wandern, die Umgebung bewundern und frische Luft genießen kann, hat an Reiz gewonnen. Der statische Urlaub am Strand verliert hingegen an Attraktivität.

Beliebtheit der Berge bringt Probleme mit sich

Gleichzeitig bringt die steigende Beliebtheit der Berge auch Probleme mit sich. In Südtirol bildeten sich zuletzt kilometerlange Schlangen an der Seilbahn zur Seceda - einem beliebten Dolomitengipfel, der durch Apple-Hintergrundbilder und virale Videos weltberühmt wurde. In einigen Bereichen wie dem Pragser Wildsee oder den Drei Zinnen mussten bereits Maßnahmen zur Besuchersteuerung eingeführt werden. De Cassan mahnt: Es sei wichtig, auch weniger bekannte, aber ebenso schöne Bergortschaften zu fördern, um die touristischen Ströme besser zu verteilen.

Auch Daten belegen, dass der Strandurlaub in Italien zwar weiterhin beliebt ist, aber weniger als in den vergangenen Jahren. Im Juli 2025 ging die Zahl der Badegäste laut dem Verband der Strandbad-Betreiber SIB im Durchschnitt um 15 Prozent zurück, in einigen Regionen wie die Emilia Romagna sogar um bis zu 25 Prozent. "Wir haben einen Rückgang der italienischen und deutschsprachigen Gästen festgestellt", berichtet Antonio Capacchione, Präsident des SIB-Verbands. Grund dafür seien die zunehmenden Kosten des klassischen Strandurlaubs. Ein Tag in einem Strandbad oder der Besuch im Schwimmbad kostet im Schnitt 32,7 Prozent mehr als 2019. In diesem Jahr sind die Preise für Sonnenschirm- und Liegenmiete erneut in die Höhe geschnellt: Laut einer Schätzung des Verbraucherschutzverbands Altroconsumo liegt der durchschnittliche Anstieg im Vergleich zu 2024 bei 5 Prozent. Seit 2021 steigen die Preise der Strandbäder kontinuierlich.

Auch in der Versilia, der renommierten Badeküste an der nördlichen Toskana, wächst die Sorge wegen einer Urlaubssaison, die nicht den rosigsten Erwartungen entspricht. "Der Juni lief gut, auf dem Niveau des Vorjahres. Im Juli hingegen war der Rückgang deutlich spürbar, selbst in toskanischen Urlaubsorten, die normalerweise über eine gute Stammkundschaft aus der Region verfügen", erklärt David Parenti, Inhaber des Strandbades Ernesta in der toskanischen Nobelortschaft Viareggio.

Urlaubskosten deutlich gestiegen

Ob Berge, oder Strand - die Konsumentenschutzverbände warnen, dass die Urlaubskosten in Italien wegen der Inflation deutlich gestiegen sind. Laut einer Analyse des Verbraucherschutzverbands Codacons liegen die Ausgaben für Reisen, Verpflegung und Freizeitaktivitäten rund 30 Prozent höher als im Sommer 2019 - also vor der Corona-Pandemie. Von den Preissteigerungen am stärksten betroffen ist der Luftverkehr. Inlandflüge kosten in diesem Sommer durchschnittlich 81,5 Prozent mehr als vor sechs Jahren. Auch internationale Flüge sind deutlich teurer.

Etwas moderater fällt der Preisanstieg bei Fähren aus (Plus 13,9 Prozent), ebenso bei Zugreisen (Plus 10,7 Prozent) und Bus- bzw. Fernbusverbindungen (Plus 10,1 Prozent), geht aus der Studie hervor. Wer sich für das Auto entscheidet, zahlt heute 8,3 Prozent mehr für Benzin als im Sommer 2019, während Diesel um 12,6 Prozent teurer ist. Auch Mautgebühren und Parkautomaten belasten den Geldbeutel, denn sie sind um 7,2 Prozent höher als in der Zeit vor der Pandemie.

Codacons warnt, dass diese Preissteigerungen für viele Haushalte nicht mehr tragbar seien. Die Folgen sind deutlich zu spüren: Rund 49 Prozent der Italiener - fast jeder Zweite - wird in diesem Sommer keinen Urlaub machen, verglichen mit 39,5 Prozent im Sommer 2019. Das entspricht einem Anstieg von fast 10 Prozentpunkten bei denjenigen, die ganz auf Ferien verzichten.