Bürgerinitiativen wehren sich gegen Bahnprojekt im deutschen Inntal © APA - Austria Presse Agentur

Mit einer Aktion an mehreren Orten im bayerischen Inntal protestieren Bürgerinitiativen am Samstag erneut gegen den deutschen Nordzulauf des Brenner-Basistunnels. Mit Fackeln und Manifesten wollen Anrainer an der rund 60 Kilometer langen Strecke von Grafing bis Kiefersfelden demonstrieren. Rund 1.000 rote Mahnstäbe entlang der geplanten Trasse sollen die Dimension des Bauwerks verdeutlichen, hieß es vom "Brennerdialog Rosenheimer Land".

Gut ein Dutzend Bürgerinitiativen wehren sich insgesamt gegen den Bau. Drei parallele Kundgebungen in Ostermünchen, Lauterbach und Oberaudorf begleiten die Aktion. In Ostermünchen soll Trauermusik darauf hinweisen, dass der dortige Sportplatz "beerdigt" werden muss, sofern die Trasse gebaut wird. Unterstützer können mit einer Spende ab zehn Euro die Patenschaft für einen Mahnstab übernehmen, der mit einem Spruch und dem Namen des Paten versehen wird.

Die Gegner haben eine neue Petition gestartet. Unter dem Motto "Klimabahn statt Tempowahn" werben sie für einen Verzicht auf neue Gleise, die für Personenzüge Tempo 230 ermöglichen würden. Sie bereiten Klagen gegen das Milliardenprojekt vor. "Wir werden in Kürze eine Entscheidung über das weitere Vorgehen treffen", sagt Lothar Thaler, Brennerdialog-Vorsitzender. Durch die Produktion von Beton und Stahl für die Neubaustrecke werde ein Unmenge CO2 ausgestoßen. "Selbst mit dem heutigen CO2-Ausstoß von Lastwagen wäre das in hundert Jahren nicht zu egalisieren", argumentiert Thaler.

Der Trend gehe zu Regionalisierung und De-Globalisierung - und es gebe nicht mehr die Wachstumszahlen, die dem Projekt zugrunde gelegt wurden, heißt es weiter bei den Bürgerinitiativen. In weiterer Zukunft würden auch Lastwagen mehr mit Diesel fahren. "Vor Jahrzehnten hat man sich das Projekt ausgedacht, aber die Voraussetzungen stimmen nicht mehr", sagt Thaler.

Die Neubaustrecke soll Zubringer zum Brenner Basistunnel zwischen Innsbruck und Franzensfeste sein, der in etwa zehn Jahren fertig sein soll. Die deutsche Strecke könnte nach derzeitigem Stand 2040 in Betrieb gehen. Auch ein Südzulauf von Italien her ist geplant. Dort sei man weiter als in Bayern, sagte ein Bahnsprecher. Teile könnten sogar vor dem Brenner Basistunnel selbst fertig werden. Die Brennerstrecke ist Österreich ein besonderes Anliegen, weil man sich von ihr eine massive Reduzierung des Lkw-Transits zwischen Deutschland und Italien durch Tirol erhofft.

Die Gegner gehen davon aus, dass ein Ausbau und eine Modernisierung der bestehenden Strecke ausreicht, selbst wenn die von der Bahn und vom deutschen Verkehrsministerium prognostizierte Zahl von 400 Zügen täglich tatsächlich erreicht wird. Die Deutsche Bahn argumentiert hingegen, mit der Eröffnung des Brennerbasis Tunnels werde der Schienengüterverkehr ansteigen. Nur ein Neubau von zwei neuen Gleisen könne langfristig die dafür nötigen Kapazitäten schaffen.

Die Bahn hat den Trassenverlauf von Kiefersfelden bis Grafing schon weitgehend festgelegt. Dieses Jahr will sie die Planungen vorantreiben und die Trassen optimieren. Es gibt auch geologische Erkundungen. "Unsere Planer sind dazu in der Region unterwegs und sprechen persönlich mit den Anwohnerinnen und Anwohner", sagte ein Sprecher der Deutschen Bahn. Die Ergebnisse sollten in die Planungen einfließen. 2025 soll der Bundestag über das Projekt entscheiden.