Eine der vielen Großpleiten heuer verzeichnete Kika/Leiner © APA - Austria Presse Agentur
Die Zahl der Firmenpleiten steigt heuer gegenüber 2023 laut KSV-Hochrechnung um 22 Prozent auf 6.550. Die Passiva explodieren zum schon immens hohen Vorjahreswert erneut - um 31 Prozent auf den neuen und historischen Rekordwert von 18,3 Mrd. Euro. Grund sind viele Großinsolvenzen wie aus dem gefallenen Signa-Konglomerat von Rene Benko, KTM oder Fisker. Fürs kommende Jahr sieht der KSV eine stabile bis leicht steigende Tendenz mit 6.500 bis 7.000 Pleiten.
Von den Unternehmensinsolvenzen anno 2024 sind laut Hochrechnung 51.000 Gläubiger (+11,6 Prozent) und 30.200 Beschäftigte (+27,4 Prozent) betroffen. Auch das sind laut den KSV-Angaben vom Mittwoch im Rahmen einer Pressekonferenz in Wien Rekordwerte. Die Firmenpleiten heuer hätten "nicht nur konjunkturelle Gründe, es gab auch Managementfehler", sagte der Geschäftsführer des Kreditschutzverbandes 1870 (KSV), Ricardo-Jose Vybiral. Die erwähnten Managementfehler könnten auf einen kurzen Aufschwung im Frühsommer 2023 zurückzuführen sein, der überinterpretiert worden sein könnte, hieß es etwa mit Blick auf KTM und offenbar auch dem dortigen Gründer sowie Manager Stefan Pierer ohne diesen namentlich zu nennen.
2005 und 2009 mehr Firmenpleiten als heuer
Bei der Zahl der Firmenpleiten an sich gibt es aber keinen Rekord für das Jahr 2024, "nur" den dritten Platz auf dem Negativ-Stockerl. In den Jahren 2005 und 2009 gab es jeweils knapp unter bzw. knapp über 7.000 Pleiten. Und: "Üblicherweise werden 1,6 bis 2 Prozent aller Firmen insolvent. Heuer rechnen wir mit 1,4 Prozent. Man muss den Schub also ins Verhältnis setzen mit den tatsächlich wirtschaftsrelevanten Firmen", erläuterte KSV-Insolvenzrechtler Karl-Heinz Götze. Durchschnittlich werden pro Jahr etwa 5.000 Unternehmensinsolvenzen gezählt.
Wirtschaftsrelevante Unternehmen werden allerdings schon vermehrt zahlungsunfähig, geht aus den Angaben hervor. "Wir sehen sehr stark größere Insolvenzen, Firmen die mehr Mitarbeiter haben und dementsprechend Passiva", so Götze.
Warnung vor schleichender Deindustrialisierung
Im Gesamtzusammenhang warnte KSV-Geschäftsführer Vybiral vor einer "schleichenden Deindustrialisierung, die wir in Österreich beobachten". Zwar gibt es heuer die meisten Insolvenzen in den Branchen Handel, Bau und Gastronomie/Beherbergung, doch "große Sorgen bereitet die Industrie". Schließlich sei der Sektor stark von Forschung & Entwicklung geprägt, sehr international "und ein ganz besonders wichtiger Träger unserer Wertschöpfung. Wenn das flöten geht, gibt es tatsächlich ein Problem", warnte Vybiral.
Die Geschäftslage habe sich verschlechtert, die Umsatzentwicklung befinde sich auf Talfahrt. Nur jeder zweite Industriebetrieb dürfte heuer Gewinne machen. Die weitere Entwicklung im kommenden Jahr hänge wie die gesamtheitliche der Austro-Wirtschaft auch sehr von Deutschland ab. "Von Deutschland sind wir nach wie vor extrem abhängig."
"Derzeit zieht sich in den Unternehmen ein Pessimismus durch", bedauerte der KSV-Chef. "Wir brauchen aber einen Zukunftsoptimismus." Auch wenn die Unternehmen nun voll auf ihr eigenes Gebaren achten müssten, brauche es zur Herstellung des Optimismus auch die nächste Bundesregierung. Eine solche müsse "neue Impulse setzen". Dabei gehe es um einen Bürokratieabbau in Form einer "sinnvollen Eindämmung der Regulatorik". Regulatorik mache zwar Sinn, geortet wird aber zu viel davon. Den Unternehmen solle das wirtschaften, die Konzentration auf ihren Geschäftszweck selbst, wieder erleichtert werden, so Vybiral.
Stabile Zahl an Privatinsolvenzen
Die Zahl der Privatinsolvenzen bleibt gegenüber 2023 heuer mit 8.920 (plus 0,8 Prozent) praktisch stabil, besagt die KSV-Hochrechnung. Die durchschnittliche Verschuldung pro Schuldner beläuft sich auf 112.000 Euro. Nächstes Jahr rechnen die Fachleute mit bis zu 9.500 Privatkonkursen. "Eine erhöhte Zahl von Firmeninsolvenzen spiegelt sich erfahrungsgemäß erst zwei bis drei Jahre später in der Zahl der Privatpleiten wider", sagte Götze.